Teil 20 (überarbeitet)

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Tessa

Wir sehen dem letzten Wagen nach, der die Ranch verlässt. Es ist der Wagen des Sheriffs, nur sitzt dieses Mal nicht Mark hinter dem Steuer, sondern sein Stellvertreter. Mark und seine Mutter sitzen gemeinsam auf der Rücksitzbank. Sie für den Mord an Ella Beckett und er befindet sich auf dem Weg in die Klinik, in die schon seine Mutter eingewiesen wurde.

»Er hat nicht glücklich gewirkt«, sage ich zu George, der neben mir steht und meine Hand hält.

»Wäre ich auch nicht, wenn man mich wegsperren würde«, antwortet er und atmet tief aus. »Bin froh, dass es dir gut geht. Diese Idioten wollten nichts unternehmen«, beschwert er sich. »Keiner von ihnen wollte gegen Mark vorgehen.«

Ich drehe mich zu ihm und lege meine Arme um ihn. »Tut mir leid, wenn du dir wegen mir Sorgen gemacht hast. Auch, dass du Unsere kleine Farm verpasst hast.«

Er lacht. »Darüber müssen wir noch reden.«

»Ich liebe dich auch«, sage ich und lasse ihn endlich aus meinen Armen entkommen, weil ich doch weiß, dass er es nicht mag, wenn er dazu gezwungen wird, Gefühle zu zeigen.

»Tritt dem Idioten in den Hintern«, sagt er und sieht über die Schulter zurück, wo Liam auf der Veranda sitzt und wartet.

Ich schnaube, weil ich zum einen wütend auf ihn bin, und zum anderen viel zu müde, um mich mit ihm auseinanderzusetzen. »Ich kann ja mal danke sagen«, flüstere ich George zu und setze mich langsam in Bewegung.

Die letzten Stunden mit Mark waren wohl die intensivsten, die wir beide je hatten, wenn man davon absieht, wie hart die Zeit nach der Trennung war, wo ich regelrecht vor ihm auf diese Ranch fliehen musste. Aber ich habe heute viele Dinge, die wir gemeinsam erlebt haben, besser verstanden. Sein Rückzug, das Schweigen, die Wut. Sein plötzlicher Wandel, der mit dem Fund des Skeletts und der Wahrheit über seine Mutter einhergegangen sein muss. Ich habe mich noch nie so gefürchtet wie heute, und doch kann ich keinen Hass für Mark empfinden.

Ich nehme die Stufen zur Veranda hoch, sehe Liam dabei direkt an und ignoriere das Flattern in meinem Magen und das Verlangen, ihm um den Hals fallen zu wollen. Auf keinen Fall werde ich das tun. Dieser Mann hat mich verlassen. Mit einem Brief. Nachdem ich ihn verlassen habe. Aber ich habe nicht gesagt, dass er gehen soll. »Danke«, sage ich trocken, reiße die Fliegengittertür auf, dann die Haustür und gehe ins Haus. Ich schaffe es nicht einmal bis in die Küche, als er mich zurückhält und mich zwingt, mich zu ihm umzudrehen, indem er mich wie eine Ballerina herumzieht.

»Das ist alles?«, will er wissen.

Ich verschränke abwehrend die Hände vor der Brust und runzle fragend die Stirn. »Was hast du erwartet? Du hast mich gerettet, dafür habe ich mich bedankt, damit sind wir quitt.«

Sein Blick gleitet über meinen Körper, über das karierte Hemd, das ich heute anhabe und die Jeanshosen und dann hoch zu meinem Gesicht. »Ich habe erwartet, dass wir reden.«

»Über was?«, fahre ich ihn an und reiße die Arme hoch. »Was ist aus deinem Job geworden?«

»Ich habe schon einen anderen.«

»Ach so.« Ich zucke mit den Schultern und wende mich desinteressiert ab. »Dann viel Spaß.«

»Wir sind noch nicht fertig miteinander.« Er folgt mir in die Küche, wo er mir hilft, einen Stuhl wieder aufzurichten.

»Wir sind fertig. Der Brief beweist es«, sage ich trocken und zeige mit dem Finger auf den zerknüllten Papierball, der jetzt direkt vor dem Herd liegt.

The Air we breatheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt