Epilog

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Liam

»Warum massierst du die Dora?«

Ich wende mich zu Rosie um, die mich mit schief gelegtem Kopf nachdenklich betrachtet und dabei eine ihrer blonden Strähnen um ihren winzigen Zeigefinger wickelt. »Weil man Frauen mit Babys im Bauch verwöhnen muss«, kläre ich meine vierjährige Tochter auf, die neben mir auf der Koppel steht. An den Füßen trägt sie die hässlichen rosa Stiefel mit den übergroßen Sonnenblumen, die sie so innig liebt.

Sie hat die hellblonden Haare ihrer Mutter und meine blauen Augen, und wenn ich jemand wäre, der sich mit Puppen auskennt, dann würde ich behaupten, sie sieht aus wie eine lebendig gewordene Puppe. Zumindest hat sie uns allen den Kopf verdreht. Sogar Mark liebt sie über alle Maßen. Hin und wieder besuchen wir ihn. Mittlerweile wohnt er im Haus seiner Mutter in Missoula, die sich damals freiwillig wegen des Mordes an Ella Beckett gestellt hat und deswegen noch viele Jahre im Gefängnis sitzt.

»Dora ist eine Kuh«, erinnert sie mich.

Ich lache und sehe mich auf der Koppel vor dem Haus um. Auf dieser Ranch leben im Augenblick zwanzig Kühe und zwischen ihren Beinen laufen etliche Hühner herum. Rosies Liebe zu Hühnern hat selbst Tessa die Angst genommen, weil ihre Tochter sie einfach ins kalte Wasser hat springen lassen, immerhin begegnet Tessa Hühnern jetzt ständig auf dieser Ranch. »Dora ist eine Kuh und eine Frau«, erkläre ich.

»Mit einem Baby im Bauch.«

»Stimmt, und deswegen braucht sie ein bisschen mehr Liebe. Schwangere Frauen können ganz schön wehleidig sein.«

Rosie scheint darüber nachzudenken, dann nickt sie zufrieden. »Dann musst du Mami auch massieren, sie ist auch eine Frau mit Babybauch.«

Ich lache und sehe zu Tessa rüber, die auf der Veranda im Licht einer Öllaterne sitzt und an ihrem neuen Buch arbeitet. Ihr neues Buch nach dem letzten neuen Buch, das sich gerade auf der Bestsellerliste der Sachbücher befindet. Es enthält alle Rezepte aus Grannys Rezeptbuch. Und die geheimen Zutaten, die nicht im Buch standen, die wir zusammen erarbeitet haben, während Tessa mit Rosie schwanger war.

»Traurig, dass du mich daran erinnern musst«, sage ich zu Rosie und stoße einen tiefen Seufzer aus. »Am besten, ich bringe dich rüber zu Grandpa George, damit er dir etwas vorlesen kann, bevor du ins Bett gehst. Dann kann ich Mami massieren. Einverstanden?«

»Ich kann allein zu Grandpa gehen«, sagt sie entrüstet. »Ich bin doch kein Baby.«

»Na dann, zeig mir, dass du das kannst.«

Sie klettert unter dem Zaun durch und läuft auf direktem Weg zur Scheune und dann die Treppe an der Seite nach oben, die ihr bis vor Kurzem ganz schön zu schaffen gemacht hat, weil die Stufen an den Seiten offen sind und sie Angst hatte, sie könne durchrutschen und einfach runterfallen, aber dann hat George die Stufen einfach zugenagelt.

Ich lege die Bürste beiseite, mit der ich Doras Rücken bearbeitet habe, als sie oben ankommt und George ihr aufmacht, dann gehe ich rüber zur Veranda, knie mich vor meine Frau und nehme ihr den Laptop einfach weg.

»Was machst du?«, protestiert sie.

»Rosie schickt mich, ich soll dich massieren.« Ich wackle mit den Augenbrauen und schiebe meine Hände ihre Oberschenkel nach oben und unter ihr Kleid.

»Sagt sie?«

Ich streichle ihren Bauch und lege meinen Kopf auf die Kugel. »Hmm«, mache ich. »Aber zuerst, wie geht es meinem Sohn?«

Tessa lacht, weil ich sie das andauernd frage. »Ich schätze, er schläft.«

Ich küsse ihren Bauch. »Und wie geht es meiner Tochter?«

»Sie schläft wohl auch.« Sie nimmt meine Hände und schiebt sie auf jeweils eine Seite ihres Bauchs. »Die beiden ruhen sich aus, damit sie uns nach der Geburt auf Trab halten können.«

»Solange du mich liebst, kann mich das nicht beeindrucken.«

Tessa wiegt den Kopf hin und her. »Ich liebe dich.«

The Air we breatheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt