16. Ein Kuss

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Schnell macht sie sich auf den Weg, während ihr einziger Gedanke dem Blonden gilt. Hoffentlich geht es ihm gut und er ist irgendwo wo es sicher ist. Egal was er jetzt macht, sie werden ihn suchen und finden. Ab jetzt befindet er sich auf der Flucht.

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Violette trifft nicht viel später wieder im Quartier ein. Gerade richtig, denn nur wenige Minuten nachdem sie zurück ist, springt eines der Geräte um und beginnt zu Piepen.

"Sie befinden sich im Einkaufszentrum drei Blocks weiter!", schreit ein Mann und sofort springen alle auf. Violette rennt mit ihnen hinunter zum Wagen, welcher augenblicklich mit viel zu hoher Geschwindigkeit los rast. Im Wagen besprechen sie die Aufteilung. Dabei merkt sich Violette besonders die Aufstellung der Ausgänge. Dann bekommen alle Kommunikationsgeräte. Verteilt betreten sie das Gebäude. Es wimmelt nur so an Menschen, kein Wunder, da es ein beliebter Treffpunkt ist. Eine Weile sieht Violette sich am zugeteilten Ort um, bis sie ihn entdeckt. Wie Rumlow bereits verkündet hat, ist Natascha bei ihm.

Beide tragen unauffällige Kleidung. Natascha hat sich die Kapuze über gezogen um die auffälligen, roten Haare zu bedecken, Steve trägt eine Brille und ein Basecap. Und dennoch hat Violette sie sofort in der Masse erkannt. Leider ist Rumlow ganz in ihrer Nähe. Sie fahren gerade eine Rolltreppe hinunter und Rumlow eben jene hinauf.

"Verdammt, lasst euch was einfallen", murmelt Violette leise, in der Hoffnung, dass man die Beiden nicht sieht. Natürlich hat Natascha eine Idee parat. Nur ist es für Violette die schlechteste die sie jemals hatte. Die hübsche, wie sie immer selbst sagt 'ehemalige', Russin beugt sich vor, legt Steve eine Hand ins Gesicht und küsst ihn. Es hat die gewollte Wirkung, denn Rumlow fährt mit der Rolltreppe vorbei, ohne sie zu erkennen. Die eher unschöne Wirkung dabei ist, dass Violette einen Schmerz der Eifersucht im Herz spürt. Es ist wie ein Messerstich. Zwar ist sie nicht mit Steve zusammen und er hat das Recht zu küssen wen auch immer er küssen will, aber ihre besten Freunde so zu sehen, verletzt sie doch sehr, mehr als sie es sich hätte vorstellen können. In dem Moment könnte sie sich selbst dafür schlagen, dass sie an dem Morgen nicht mit Steve geredet hat. Vielleicht wäre dann der ganze Tag anders gelaufen.

Die Beiden Agenten haben die Rolltreppe mittlerweile verlassen und schlendern gerade in Violettes Richtung, ohne sie zu sehen. Schnell wechselt Violette die Seite und steht mit dem Rücken zu ihnen, bis die Beiden ganz nah dran sind. Dann im genau richtigen Moment, dreht sie sich um und rennt genau in Steve hinein. Sie greift nach seinem Arm und spürt sofort, dass er sich anspannt, bereit zuzuschlagen und weg zu rennen. Aber er erkennt sie zum Glück schnell und beruhigt sich wieder.

"Nahe des Westausganges ist ein Raum für den Hausmeister. Von dort führt eine Treppe in den Keller und eine Notausgangstür auf der rechten Seite zur Garage. Es gibt nur eine Wache die ihr umgehen müsst. Seht zu, dass euch keiner entdeckt", flüstert sie ihm zu und geht schnell weiter. Dabei wirft sie einen Blick zur Seite, wo Natascha leicht hinter Steve steht. Diese fängt ihren verletzten, enttäuschten Blick auf. Sofort erkennt Violette die Reue in Nataschas Gesicht. Schnell schaut sie weg und tut so als würde sie die Beiden noch suchen, während sie ihrer Beschreibung folgen...

Eine Stunde später wird die Mission abgebrochen. Sie sehen ein, dass man die Beiden verloren hat und beschließt wieder ins Quartier zu gehen. Violettes kleine Hilfestellung ist dabei nicht aufgeflogen. Zu ihrem Glück... Es herrscht höchste Alarmbereitschaft, weswegen alle Team Mitglieder abwechselnd an den Geräten als Wache stehen, oder in einem vorübergehenden Quartier untergebracht werden. Violette hat Glück und landet zuerst im Quartier.

Sofort legt sie sich auf das kleine, schmale Bett in dem grau und steril gehaltenen Zimmer. Es erinnert sie plötzlich unheimlich an ihre Anfangszeiten bei S.H.I.E.L.D., als sie noch mehr Gefangene als Angestellte war. Wie lange ist das jetzt her? Ein Jahr? Mehr? Es kommt Violette auf jeden Fall vor wie eine Ewigkeit. Schnell verdrängt sie die Gedanken daran und konzentriert sich auf Steve. Doch er scheint wach zu sein. Schnell versucht sie es mit Natascha, wo sie mehr Glück hat.

Violette dreht sich um sich selbst, doch alles was sie sieht sind Spiegel und ihre Reflexion in ihnen. Überall sind Spiegel. Sie bleibt bei ihrem eigenen Anblick hängen, obwohl es ihr eher vorkommt, als würde sie jemand andern betrachten. Ihre Haare wachsen bereits nach und fallen allmählich wieder über die Schultern. Der Anzug betont ihren Körper, welcher im letzten Jahr auch den kleines Rest an Fettreserven verloren hat. Dazu funkeln ihre geradezu violetten Augen traurig. Ihr ist nie aufgefallen, wie traurig und verletzt sie seit einiger Zeit aussieht. Um sie herum ertönt klassische Musik. Mit einem Mal öffnet sich eine Tür, welche ebenfalls verspiegelt ist und eine Gruppe junger Mädchen betritt tanzend den Raum. Sie tanzen Ballett und Violette wird schlagartig klar, dass Natascha von ihrer Kindheit träumt. Schnell unterbricht sie die Musik und alle Kinder, bis auf eines verschwinden. Das Rothaarige Mädchen, dreht sich verwirrt um, bis es Violette entdeckt. Dann steht Natascha vor ihr, so wie sie heute noch aussah.

"Violette, hör zu es tut mir leid...", entschuldigt sie sich sogleich als sie die Situation erfasst hat und geht einige Schritte auf ihre Freundin zu.

"Was tut dir leid?", fragt Violette unsicher.

"Der Kuss. Aber es musste sein, dadurch hat man uns auf der Treppe nicht entdeckt", erklärt Natascha ihr.

"Ich weiß, ich hab Rumlow hoch fahren sehen. Außerdem musst du dich dafür nicht entschuldigen. Du hast ja nichts getan, was du nicht tun dürftest", winkt Violette ab, kann aber nicht verhindern, dass sie automatisch die Arme vor der Brust verschränkt.

"Ich hab doch gesehen wie sehr es dich verletzt hat. Du hast mich angesehen, als ob...", beginnt die Rothaarige.

"Als ob was?", fragt Violette nach, als Natascha nicht weiter redet.

"Als ob es dir das Herz gebrochen hätte", nuschelt sie leise und blickt unsicher zu Violette.

"Das hat es nicht, okay?", schmollt die Schwarzhaarige und weicht dem Blick ihrer Freundin aus.

"Doch. Du willst es nur nicht zugeben. Du kannst mich nicht anlügen." Eine Träne rollt über Violettes Wange. Schnell wischt sie sie weg. Unsicher kommt Natascha einen Schritt auf sie zu.

"Selbst wenn es mir das Herz gebrochen hat, das ändert auch nichts mehr", lenkt Violette ab und hebt den Blick wieder. Schnell berichtet sie von der Nacht und dem Streit am Morgen mit Steve. Dabei lässt sie Bucky noch mal unerwähnt. Natascha würde nicht gut darauf reagieren.

"Er hat mich abgeschrieben, ein für alle Mal. Ich habs endgültig versaut", beendet sie den Bericht.

"Sag das nicht. Ich glaube da besteht noch Hoffnung. Sag ihm einfach was du für ihn fühlst...", rät Natascha.

"Und wenn ich nicht weiß, was ich fühle?", fragt Violette unsicher. Natascha lächelt sie schief an. Dabei hat sie einen Blick drauf den man sonst Kindern zuwirft die etwas vollkommen Offensichtliches übersehen.

"Das weißt du. Wir wissen es beide. Du liebst ihn. Er sollte es bald erfahren. Sonst könnte es vielleicht irgendwann zu spät sein", sagt Natascha ruhig. Violette nickt nur. Natürlich hat Natascha mal wieder recht damit. Ja, sie hat sich wirklich in Steve verliebt und ja, sie sollte es ihm dringend sagen. Hoffentlich ist das alles bald vorüber, sodass sie eine Gelegenheit bekommt all das klar zu stellen...

"Was genau ist eigentlich euer Plan?", fragt Violette zur Ablenkung und auch um zu erfahren was als Nächstes vor ihnen steht. 

"Wir haben die Daten auf dem Stick nicht vollständig erfassen können, aber wir haben ihren Ursprung gefunden. Wir sind gerade auf dem Weg dorthin. Hoffentlich erfahren wir dort mehr", antwortet die Rothaarige nachdenklich. Ja, hoffentlich...

"Passt auf euch auf. Sie werden alles nutzen was sie gegen euch nutzen können. Seid vorsichtig", bittet Violette ihre Freundin.

"Willst du noch mit Steve reden? Dann fahr ich weiter", bietet diese an.

"Nein. Das muss ich klären, wenn wir uns sehen. Aber sag ihm, dass ich auch dringend mit ihm über einen alten Freund reden muss, sobald wir uns sehen." Kurz schaut Natascha Violette verwirrt an, doch sie nickt.

"Schreib mir wenn ihr wieder in D.C. seid..." Damit zieht sich Violette wieder zurück. Sie ist jetzt dran mit der Überwachung der Geräte. Hoffentlich schlägt keines an und die Beiden schaffen es zu tun was nötig ist.

Dreamdancer - Ich träum für dich (Avenger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt