4. Ein Bruder

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Ein kurzes Lächeln huscht über seine Lippen, bevor er sie einfach an sich zieht und sie küsst. Schnell zieht sich Violette aus dem Traum zurück, denn würde sie jetzt nicht gehen, dann würde sie es nie wieder tun.

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Verwirrt schlägt sie die Augen auf. Jetzt ist es vorbei mit schlafen. Dafür ist sie viel zu aufgewühlt. Ihr ist klar, dass wenn sie jetzt die Augen zumacht, sie entweder bei Loki oder dem Fremden landen würde. Ihre Gedanken kommen nicht zur Ruhe und kreisen wieder und wieder um die Beiden. Es ist noch dunkel draußen, aber das wird dank des Winters noch eine Weile so bleiben, als Violette beschließt aufzustehen. Steve ist noch immer am schlafen, vermutlich hat er nicht einmal etwas von Violettes Träumen mitbekommen.

Leise tappst sie hinaus in den Flur und von dort aus ins Bad. Sie spritzt sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht, um wach zu werden. Dann macht sie sich auf den Weg zur Küche. Dabei durchquert sie das Wohnzimmer, welches noch immer überall mit Popcorn verdreckt ist.

Naja, immerhin etwas zu tun... Während in der Küche die Kaffeemaschine durchläuft, beginnt Violette aufzuräumen. Dazu gehört Popcorn sammeln und entsorgen, Chips und Schokolade wegräumen, die Reste vom Sofa und Tisch entfernen, eben diesen abwischen, die Gläser wegstellen und den Alkohol in die Bar bringen. Als alles erledigt ist, setzt sich Violette mit einen Kaffee aufs Sofa. Leider hat sie nun keine Ablenkung mehr, weswegen sie wieder beginnt nachzudenken. Dabei springt sie immer wieder zwischen Loki und dem Unbekannten hin und her.

Lokis Blick fesselt sie noch immer. Diese ganze Trauer in ihnen... Warum konnte sie nicht einfach bleiben?

Dieser Fremde hatte definitiv einen Alptraum, aber was ist, wenn er nur von dem was er getan hat, geträumt hat? Hat er die Familie wirklich so kaltblütig ermordet, nur weil es ihm befohlen wurde?

Das Grün von Lokis Augen bohrt sich tief in ihr Gedächtnis. Es ist, als wäre dieses Grün alles was sie braucht, alles was sie will.

Blau. Die Augen des Fremden waren blau. Ein eigentlich sehr schönes blau, wenn da nicht dieser mörderische, kalte Blick gewesen wäre...

Diesen Blick hat Loki auch drauf, aber er hat Violette noch nie so angesehen. Doch sie kennt ihn noch von damals in New York, als Loki für den Tod von so vielen unschuldigen Menschen verantwortlich war.

Unschuldig... das waren das Kind und die Frau auch. Sie hatten nichts getan, außer im falschen Moment da gewesen zu sein. Der Mann... Er sagte Hydra... Irgendwo hat Violette schon mal davon gehört... Wo?

Es dauert eine Weile, bis es ihr wieder einfällt. Steve hatte es ihr erzählt. Von Hydra, der Wissenschaftsabteilung der Nazis. Aber er sagte auch, dass Hydra zerschlagen wurde, dass sie nicht mehr existiert. War das vielleicht ein Irrtum? Oder nur ein Hirngespinst des Mannes? Egal ob es das war, sie muss dringend recherchieren. Sollte sie Steve vielleicht um Hilfe bitten? Wie würde er wohl reagieren, wenn sie ihm von dem Mann erzählt? Vermutlich nicht gut, das letzte Mal als sie in den Träumen von irgendwem gelandet ist, hat sie sich in ihn verliebt. Womit sie wieder bei Loki ist. Es ist wirklich zum Verrückt werden...

Steve erlöst sie vom Denken, denn er steht mit einem Mal völlig verschlafen im Raum. Dabei trägt er nur eine Schlafhose. Auch wenn er Violettes bester Freund ist, muss sie zugeben, dass er wirklich gut gebaut ist. Da ist es schon fast schade, dass er sich in dem Moment das Shirt aus seiner Hand überstreift.

"Warum bist du schon wach? Und warum ist hier schon aufgeräumt?", fragt er verwundert und lässt sich neben sie fallen.

"Bin vor fast zwei Stunden aufgestanden und hab mich gelangweilt, daher hab ich aufgeräumt." Skeptisch blickt er sie an.

"Wovon musstest du dich ablenken? Du bist so ziemlich der chaotischste Mensch den ich kenne, du räumst nur auf, wenn du dich ablenken willst. Also?"

"Bitte werd jetzt nicht wütend... Ich... ich hatte einen Alptraum. Und nachdem ich aufgewacht bin... da bin ich plötzlich bei Loki gewesen..." Steves Blick wird undurchschaubar, doch er wirkt weder enttäuscht noch wütend, wofür Violette ihm dankbar ist.

"Hat er dich gesehen, oder bist du vorher raus?", fragt er einfach nur.

"Er hat mich gesehen und mit mir gesprochen...", gibt sie zu.

"Was hat er gesagt?" Tränen sammeln sich in ihren Augen, als sie Steve anschaut.

"Er sagte, dass er mich immer lieben wird." Wortlos nimmt er sie in den Arm. Tränen fließen stumm über ihr Gesicht.

"Du liebst ihn immer noch, oder?", fragt Steve leise. Da sie noch immer ihr Gesicht an seiner Schulter hat, kann sie nicht sehen, wie enttäuscht Steve dabei aussieht. Wie sehr ihn die Antwort verletzt, noch bevor sie sie ausgesprochen hat.

"Ja..." Noch eine ganze Weile hält er sie fest, ehe sie sich von ihm löst. Sie streicht über ihr Gesicht, in der Hoffnung dann besser auszusehen, weniger verheult.

"Ich bin für dich da. Du solltest versuchen nicht mehr daran zu denken", rät er ihr.

"Danke, Steve."

"Komm, wir machen uns erst mal Frühstück." Er zieht sie auf die Beine und gemeinsam gehen sie in die Küche. Steve schafft es erstaunlicher Weise sie abzulenken. Zumindest so sehr, dass sie nicht die ganze Zeit an Loki denken muss. Das ist schon viel wert. Es ist bereits früher Nachmittag, als es für Violette heißt Abschied zu nehmen.

Steve fährt sie noch mit seiner Maschine zum Flughafen, wo bereits eine kleine Privatmaschine auf sie wartet. Sie verabschiedet sich mit einer langen Umarmung, einem Kuss auf die Wange und dem Versprechen ihn bald wieder zu besuchen, bevor sie auf den Jet zugeht. Als sich die Türen öffnen, steht zu ihrer Überraschung Tony selbst dort. Sie schließt ihn in die Arme und er gibt ihr einen Kuss auf den Kopf, wie er es mittlerweile immer tut. Dabei ist er nur unwesentlich größer als Violette.

"Was machst du denn hier?", fragt sie erfreut.

"Ich wollte dich persönlich abholen, Blümchen", verkündet er grinsend.

"Das ist lieb von dir, danke." Sie bemerkt seinen kritischen und besorgten Blick, weswegen sie sich umdreht und Steve ein letztes Mal zuwinkt, bevor sie in die Maschine flüchtet und sich auf einen der Sitze fallen lässt. Tony kommt ihr hinterher und setzt sich auf den Stuhl ihr gegenüber. Wieder mustert er sie.

"Du hast geweint...", sagt er leise. Verdammt, sieht sie wirklich so schlimm aus?

"Ich kenne dich einfach, außerdem sind deine Augen noch leicht rot", meint Tony auf ihre unausgesprochene Frage. Eigentlich würde sie gerne lächeln, da sich mal wieder zeigt wie gut sie und Tony sich verstehen, doch ihr ist einfach nicht nach Lächeln zu Mute.

"Hat Captain Iglu etwas getan? Hat er dir wehgetan? Denn wenn ja, werd ich jetzt da raus gehen und ihm wehtun!" Er meint es tatsächlich ernst, weswegen Violette nun doch lächeln muss.

"Nein, Steve hat nichts getan. Es ist alles gut, Tony. Ich hab nur von jemanden geträumt, den ich viel zu lange nicht gesehen habe, jemanden den ich vermisse." Dass sie von Loki spricht, weiß Tony nicht. Er weiß zwar, dass sie in Träumen wandeln kann und auch, dass sie so mit Loki zu tun hatte, aber dass sie eine Art Beziehung geführt haben, hat Violette ihm verschwiegen. Das ist ein Geheimniss, dass sie nur mit Natascha und Steve teilt. Nicht weil sie nicht will dass er es weiß, nicht weil sie sich dafür schämt. Es ist eher, dass sie es ihm nicht erzählt weil es dadurch zu einem Teil ihrer Gegenwart werden würde. Zu etwas was sie mit Tony besprechen will. Und wenn sie ehrlich zu sich ist, möchte sie das gar nicht. Loki gehört in die Vergangenheit, nicht ihre Gegenwart.

"Du kannst immer mit mir reden, das weißt du, oder?", fragt Tony und legt eine Hand auf ihre, welche auf dem Tisch liegt. Sie schaut kurz zu ihren Händen, dann wieder zu ihm.

"Ja, das weiß ich, Tony. Danke."

"Nicht dafür, wozu hat man denn Familie?" Familie... Ja, tatsächlich. Tony ist ihre Familie. Vielleicht sogar etwas mehr als Steve, Clint, Natascha und Bruce es sind. Sie sind ihre Freunde, doch Tony ist ihr Bruder.

Dreamdancer - Ich träum für dich (Avenger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt