Dienstag

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Das durchgehende Lächeln auf meinen Lippen hatte heute morgen schon Lena angesteckt. "Tut mir leid, dass ich unseren Tag jetzt immer ausfallen lassen muss", entschuldigte ich mich schuldbewusst, doch Lena wollte meine Entschuldigung gar nicht hören. "Ana, ich würde dich für immer hassen, wenn du diese Chance nicht ergreifen würdest. Du musst das nutzen!", befahl sie mir. "In Ordnung", sagte ich lachend, doch Lena beharrte darauf, dass ich es ihr versprach. Also tat ich es. Oh Mann, ich wusste nicht mal selbst, wieso ich versprach, mich an meine Lehrerin ran zu schmeißen. Noch weniger verstand ich, wie Lena so locker mit diesem Thema umging, schließlich war es ja eigentlich verboten. Doch der Gedanke an eine Beziehung Frau Berger fühlte sich kein bisschen falsch an. Es war merkwürdig. Und wie konnte ich überhaupt wissen, dass sich Frau Berger für mich interessieren könnte. Für so eine ungeschickten Person, eine Schülerin, eine Frau. All das verunsicherte mich zwar, doch es minderte meine Freude kein bisschen. Und als der Gong verkündete, dass die letzte Stunde vorbei war, begann mein Herz schneller zu schlagen. Zusammen mit Lena ging ich rüber zu den Biologieräumen. Als sie sah, wie sehr meine Hände vor Aufregung zitterten, beruhigte meine beste Freundin mich. "Ana, alles ist gut und es wird auch alles gut laufen. Mach dir keinen Stress, sei ganz natürlich, dann klappt das alles schon." Ich atmete tief durch und beruhigte meine Hände. Doch als ich Frau Berger in der Ferne schon vor dem Raum stehen sah, wurden meine Knie schon wieder schwach. Sie erinnerte mich mit ihrer süßen, anmutigen Art an eine Elfe. Nur dass ihr die Flügel fehlten. Als sie mich sah, lächelte sie. Ich lächelte zurück. "Hallo", begrüßte ich sie nervös. Lena umarmte mich schnell und verabschiedete sich mit den Worten "Viel Spaß beim Lernen!", wobei sie dem letzten Wort einen kaum hörbaren, ironischen Unterton verlieh. Ich folgte Frau Berger in den Raum, den ich schon aus zahlreichen Stunden kannte. Die Wände waren weiß, das Pult war kein Tisch, sondern eher eine Theke, die sich auch für Experimente eignete. Und die Tafel war wie immer schlecht geputzt. "Setz dich doch!", sagte Frau Berger und deutete auf zwei Stühle an einem Tisch. Ich legte meine Sachen ab und setzte mich, sie nahm auf dem Stuhl neben mir Platz. "Ich dachte, wir könnten vielleicht über die Theorien von Charles Darwin reden, weil wir das ja die letzten Stunden gemacht haben", schlug sie vor. Ich nickte zustimmend. "Okay, ich habe dir ein paar Blätter kopiert, ich denke, dass wir damit arbeiten können", sagte sie und begann zu erklären. Ich musste zugeben, dass ich das Thema überraschend schnell verstand und sich Darwins Theorien sich plötzlich als ziemlich logisch herausstellen, obwohl sie vor ein paar Tagen für mich noch vollkommenes Chaos darstellten. Während der Stunde stellte ich fest, wie gut Frau Berger roch. Ihr Parfüm duftete angenehm süßlich, aber keineswegs aufdringlich. Ebenso konnte ich den Blick kaum von ihren Augenbrauen abwenden, die mich mit ihrer natürlichen Symmetrie verwirrten. Meine hinzukriegen war harte Arbeit. So verstrich eine wundervolle Stunde, in der ich viel lernte und ich wusste schon, dass die nächste Woche hart werden würde. Zum Schluss fragte mich Frau Berger plötzlich:"Ana, du musst es mir nicht erzählen, aber aus welchen persönlichen Gründen fiel dein Test so schlecht aus?" Verdammt, ich hatte mir keine Antwort zurecht gelegt. Schnell versuchte ich mit dem zu antworten, was Lena vorgeschlagen hatte. "Ich habe mit meinem...meiner Freundin Schluss gemacht." Es war nur eine halbe Lüge, ich hatte mit Isabella nämlich vor einem halben Jahr Schluss gemacht, aber das konnte sie ja nicht wissen. "Oh, das tut mir sehr leid, Trennungen sind immer hart!", sagte sie mitleidig. Mir fiel auf, dass sie sich kein bisschen darüber wunderte, dass ich 'Freundin' gesagt hatte. Was konnte das bedeuten? Hatte sie das nur überhört oder war sie vielleicht...?" Der Gedanke hinterließ eine angenehme Aufregung in meinem Bauch.

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