Rettung

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Die Schritte hinter mir hallten durch die Straße. Ich hielt den Atem an, blieb jedoch nicht stehen. Ganz im Gegenteil, mein Tempo war nun so schnell, dass man es noch geradeso schnelles Gehen und nicht Rennen nennen konnte. Plötzlich rief die Person hinter mir:"Hey!" Es war ein Mann, ansonsten konnte ich nicht viel mehr einschätzen. Ich blieb nicht stehen und drehte mich nicht um. Erneut rief der Mann hinter mir etwas. "Hey! Bleib mal stehen!" Ich ging weiter. Ich hatte mittlerweile Panik, die immer weiter in mir aufstieg. Ich versuchte so schnell zu gehen, dass ich fast vor Angst über meine eigenen Beine stolperte. "Jetzt tu nicht so als würdest du mich nicht hören! Komm schon, Süße!" Ich hörte, dass sich seine Schritte verschnellerten und das beendete meinen Versuch, einigermaßen ruhig zu bleiben und ihn zu ignorieren endgültig. Ich begann zu rennen, so schnell ich nur konnte. Schon nach den ersten 50 Metern bekam ich schmerzende Seitenstiche, doch ich dachte gar nicht daran, stehen zu bleiben. Sobald die Straße eine Wendung machte, bog ich nach rechts ab und fand mich auf einer weiteren kleinen Straße wieder. Ich rannte einfach weiter bog links in eine größere Straße ein sobald ich es konnte. Meine Lunge zwang mich jedoch, stehen zu bleiben. Verdammt, würde ich doch nur öfter mal laufen gehen. Mit einer brennenden Lunge lehnte ich mich an eine der Häuserfassaden und schnappte nach Luft. Mein Teil der Straße war vollkommen leer, doch etwa 100 Meter von mir entfernt war eine Straßenkreuzung mit einem Kiosk und etwas, das wie eine Dönerbude aussah. Ich blieb noch einen Moment stehen und sah zurück in die Seitenstraße, aus der ich gerade eben gekommen war. Doch dort war alles leer. Ich war in Sicherheit. Vorsichtig versuchte ich, mich von der Wand abzudrücken und langsam die Straße runter zu laufen. Ich konnte kaum gehen, weil meine Beine von dem Schock und der plötzlichen Überanstrengung noch zitterten. Ich sag mir die dunklen Fassaden an. Warum? Warum musste es ausgerechnet mir passieren, ausgerechnet an dem Abend, an dem ich eigentlich einen Neustart wagen wollte?
Die hohen Fassaden der Häuser wirkten in der Dunkelheit fast schin bedrohlich und ich entschied mich, im Licht der Straßenlaternen zu bleiben. Dort war es sicherer. Doch aus einem unerklärlichen Grund konnte ich meinen Blick nicht von den Häusern abwenden. Als wollten sie mir irgendwas sagen. Als wäre dieser Ort mir nicht fremd. Als ich mein Déja Vu endlich hatte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich war ich schon mal hier gewesen. Das war die Nachbarschaft rund um den Ort, wo Lenas Poetry Slams immer statt fanden und wer wohnte in dieser Nachbarschaft? Mira. Allein der Gedanke an sie löste ein Ziehen in meinem Magen aus. Ich stand zufällig wieder in ihrer Straße! Als ich an den Häusern entlang ging, sah ich plötzlich ein Klingelschild, auf dem tatsächlich 'Berger' stand! Ich stand vor der Klingel und überlegte, ob ich drauf drücken sollte. Meine Knie zitterten noch immer, ich fror, weil ich viel zu dünn angezogen war, um nachts auf der Straße unterwegs zu sein und auch mental hatte ich das Gefühl, dass ich gleich zusammen klappen würde. Ehe ich mich versah, hatte ich auf die Klingel gedrückt. "Wer ist da?", ertönte Miras Stimme aus dem Lautsprecher. "Mira...hier ist Ana?" Für ein paar Sekunden herrschte Stille und ich konnte mir vor meinem inneren Auge ganz genau vorstellen, wie sie wohl gerade guckte. "Ana?! Was machst du hier?" Sie sagte es nicht aufgebracht, eher überrascht und fassungslos. "Ich war...also...ich bin...es ist etwas passiert. Kann ich bitte hochkommen?" Es schien mein hilfloser Tonfall zu sein, der sie überzeugte. "Okay, komm rein." Die Tür piepte und ich betrat das dunkle Haus. Ich ging die Treppe hoch, bis ich Mira in ihrer Tür stehen sah, das Licht in der Wohnung beleuchtete das Treppenhaus. Als ich vor ihr stand, sah sie mich plötzlich schockiert an. "Ana! Oh Gott, du siehst ja schrecklich aus! Komm rein!" Ich betrat ihre Wohnung und bei einem kurzen Blick in den Spiegel sah ich, dass sie Recht hatte. Dass ich zitterte wie verrückt, hatte ich ja schon vorher gewusst, doch ich war noch dazu kreideblass im Gesicht. "Lass uns ins Wohnzimmer gehen", sagte Mira und ging voran. Langsam folgte ich ihr. "Okay, leg dich einfach auf die Couch und wärm dich auf." Ich legte mich in Embryonalstellung auf ihr Sofa und nach einer Weile wurde mir tatsächlich langsam warm. "Kannst du mir erzählen, was passiert ist?", fragte sie vorsichtig. Ich atmete tief ein und aus. "Ich war auf dem Weg zu meiner Bushaltestelle und plötzlichwar da dieser Typ, der mir hinterhergerufen hat und mir gefolgt ist und ich war ganz allein auf der Straße und dann bin ich weggerannt und..." Ich wusste nicht mehr, was ich noch erzählen sollte. Mira nickte verständnisvoll. "Ich kenne diese Typen...solche Arschlöcher laufen oft nachts in der Stadt rum. Gut, dass du hier hin gekommen bist!" Ihre Worte beruhigten mich. Ich atmete erneut tief durch. "Dankeschön", sagte ich. Mira lächelte. Plötzlich hörte ich ein Klicken, das scheinbar aus einem anderen Raum kam. Sie sprang auf. "Ach ja, ich war gerade dabei, mir Tee zu machen! Möchtest du auch einen?" Ich nickte und sie verschwand in den Flur. Kurze Zeit später kam sie mit zwei dampfenden Tassen zurück. "Am besten wartest du noch ein bisschen, bis er auskühlt!" Sie stellte die Tassen auf den kleinen Tisch neben dem Sofa. Erneut sah sie mich besorgt hat. "Die Farbe in deinem Gesicht kommt allmählich wieder... und du bist dir wirklich sicher, dass du gesund bist? Du könntest Fieber haben!" "Nein, keine Sorge...", beteuerte ich, doch sie stand schon auf und hockte sich neben mich. "Ich habe wirklich einfach nur einen schwachen Kreislau-". Ich stockte, als sie ihre warme Hand sanft auf meine Stirn legte und sah in ihre blauen Augen. "Nein, Fieber hast du scheinbar nicht...", sagte sie und da trafen sich unsere Blicke plötzlich.

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