Dunkle Ecken

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"Nur noch sechs Wochen, dann ist schon wieder Weihnachten...", erinnerte mich Lena, als wir an einem kühlen Freitag den Schulflur entlang gingen.
"Ach du scheiße...Ich hab mir noch gar keine Gedanken über Geschenke gemacht!", sagte ich.
"Na ja, noch hast du ja Zeit."
Plötzlich hörten wir Schritte hinter uns. Als ich meinen Kopf drehte, musste ich lächeln, denn es war Mira, die hinter uns her lief. Vor uns blieb sie stehen.
"Lena, darf ich mir Ana mal eben ausleihen?", fragte sie meine beste Freundin.
"Klar, kein Problem!"
Sie drehte sich zu mir:"Wir sehen uns dann in Mathe?"
Ich nickte uns sie lächelte mich noch kurz an, bevor sie sich von uns abwandte und ging. Mira sah sich im Flur um, der aufgrund des Gongs fast, jedoch nicht vollkommen leer war. "Komm mit!", sagte sie und ich folgte ihr in Richtung der Kunsträume, wo es vollkommen leer war und es eine kleine Ecke gab, in die kaum Licht fiel.
"Ich wollte nochmal in Ruhe mit dir reden...", murmelte sie.
Ihr Gesicht war außergewöhnlich nah an meinem, sodass ich die Wärme, die von ihrem Körper ausging, spüren konnte.
"Aber hier sind so viele Menschen, dass man kaum einen ruhigen Ort finden kann...und du musst ja auch gleich wieder zum Unterricht..."
Am liebsten hätte ich ihr gesagt, dass ich nie wieder zum Unterricht gegangen wäre, wenn das bedeutet hätte, dass ich für immer mit ihr in dieser dunklen Ecke stehen könnte. "Jedenfalls wollte ich dich fragen, ob du dieses Wochenende Zeit hättest?" "Ja!", sagte ich, ohne überhaupt nachzudenken, ob ich dieses Wochenende wirklich Zeit hatte, aber ich ging einfach mal davon aus. "Samstag, 16 Uhr in meiner Wohnung?", fragte sie. Ich nickte. "Fantastisch..." Sie lächelte ihr unbeschreibliches Lächeln und plötzlich beugte sie sich nach vorne und drückte mir einen ganz leichten Kuss auf die Lippen. Dann drehte sie sich einfach um und ging.
Vollkommen überrascht blieb uch stehen, nicht fähig, mich zu bewegen, während ich innerlich eskalierte. Jedoch nur solange, bis mir einfiel, dass mein Unterricht ja gleich begann und ich losrannte.

Als ich nach der neunten Stunde nach Hause fuhr und gerade meine Haustür aufschließen wollte, spürte ich mein Handy in meiner Jackentasche vibrieren. Es war ein Anruf von Lia. Ich ging ran.
"Hey Lia, was ist los?"
"Ach, nichts besonderes, ich wollte nur nochmal fragen, ob es dir gut geht und so. Letzte Woche war ja doch bisschen heftig für dich."
Sie hatte mich am nächsten Tag nach unserem Abend im Club bereits einmal angerufen, um sich zu erkundigen, dass ich gut nach Hause gekommen war und hatte sich dafür entschuldigt, dass der Abend so ausgegangen war.
"Ja, klar, das hab ich dir doch schon am Samstag gesagt, es geht mir sehr gut, mach dir keine Sorgen!"
"Oh, in Ordnung, dann bin ich echt froh."
Ich musste mir verkneifen, ihr zu sagen, wie fantastisch es mir nach dem heutigen Tag ging. Doch vor allem machte mich ihr Anruf misstrauisch. Sie konnte sich doch unmöglich nur nach meinem Befinden erkundigen wollen, das hätte sie doch auch mit einer einfachen SMS machen können.
"Lia, warum hast du wirklich angerufen?"
Ich war mir nicht sicher, aber ich glaubte, sie am anderen Ende der Leitung seufzen zu hören.
"Ich hab Bella nebenbei erzählt, dass ich mit dir zusammen ausgegangen bin."
"Bitte was?"
Sie hatte doch nicht ernsthaft mit meiner Ex-Freundin über mich gesprochen.
"Sie hat mich gefragt, was ich in der letzten Woche alles so gemacht habe! Ich wollte nicht lügen!"
Das hättest du aber tun sollen, schoss es mir durch den Kopf.
"Und?", sagte ich allerdings stattdessen.
"Sie würde dich gerne wiedersehen."

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