part 34

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Vorsichtig setze ich die Klinge an meinen Handgelenken an. Sollte ich es wirklich beenden oder mir nur den Schmerz nehmen, der tief in mir sitzt um ihn durch körperlichen zu ersetzen?

Ich lasse die Klinge kurz wieder sinken und zog ein letztes Mal an meiner Zigarette, dannach trete ich sie auf dem Boden aus. Mit meinen Fingern fahre ich mir hektisch durch die Haare und stütze dann meinen Kopf auf meinen Knien ab.

Ich höre einige der Saviors am Feuer laut lachen, die Beißer vor den Toren gröllen und das Zirpen der Grillen vom draußen.

Die Nacht war schön, man konnte jeden Stern erkennen. Den Nordstern, den kleinen und den großen Wagen. Daryl hatte mir damals die Sternenbilder gezeigt. Er kannte sich da etwas besser als ich aus, verständlich. Ich hatte mich nie sonderlich für die Natur interessiert. Klar wusste ich einiges über das Leben dort, aber so richtig hatte ich mich nie damit beschäftigt. Daryl konnte Spuren lesen, jagen und er hatte es sogar drauf die guten und bösen Menschen voneinander zu trennen.

Merle kannte sich ebenfalls gut aus. Er hatte anderen Stärken: Autos, Schlägereien und Drogen. Zumindest wusste er einiges über das ganze. Von Anfang an, hatte ich von ihm gelernt wie man sich im Nahkampf wehrte. Ich machte dann immer Daryl fertig, der schon ziemlich genervt von uns war, da wir immer rumalberten.

An anderen Tagen war Merle mies drauf, in denen zeigte mir Daryl wie man ganz einfach Spuren ließt. Er hatte mir gezeigt auf was man achten muss und wie man ihnen am besten folgt. All das schweifte mir plötzlich wieder im Kopf rum und ich vermisse Merle und Daryl gerade unglaublich.

Merle besonders. Ich konnte ihn nicht noch mal sehen, ihm sagen wie dankbar ich ihm für alles war. Aber er wird für immer in meinen Gedanken bleiben, mich bei jeder Schlägerei seelisch begleiten. Merle war bestimmt der chaotischte von uns, aber auch der Stärkste. Er saß schon des öfteren im Gefängnis und hatte sich auch immer gegen unseren Vater gestellt. Schließlich war er der Älteste.

Er und Daryl waren so verschieden und doch so gleich. Und dann kam ich. Ich hatte mich immer darum bemüht in meiner Schule etwas zu sein, wollte in einem Chor singen. Letztendlich hatte ich es gelassen. Ich hab nicht mal meine Schule beendet, da ich mich für die blauen Flecken immer geschämt habe. Ich wollte einfach nicht mehr dort hin, da ich dauerhaft ausgelacht wurde oder wegen meiner Armut gehänselt wurde. Es sollte mir eigentlich nichts ausmachen, aber ich empfand es so für entspannter.

Ich zog mich oft in den Wald zurück, wo ich las oder zeichnete. Der Wald war mein persönlicher Rückzugsort und er bot mir die Freiheit, die ich sonst nirgends hatte.

Wie sehr ich es mir wünsche, genau in diesem Moment dort zu sitzen und mein Lieblingsbuch erneut zu verschlingen.
Wie viel Leben passt in eine Tüte? So hieß das Buch und um den Titel mache ich mir immer noch Gedanken. Können wir sie einfach bis oben hin vollstopfen, bis nichts mehr rein passt? Bis man so mit Sorgen gefüllt ist das man nicht mehr kann? 

Eine Träne läuft ungewollt meine Wange hinunter und ich nehme nun entschlossen die kalte Klinge in die Hand.
Ohne noch groß darüber nach zu denken, welche Folgen das für mich haben könnte ließ ich das Metall durch meine Haut gleiten. Darunter kam das dunkelrote Blut wir ein Strahl hervorgeflossen.

Ein lauter Schluchtzer ertönt, während sich die scharfe Seite kurz daneben noch mal ins Fleisch dringen lasse. Es schmerzte, aber ich ignoriere das ganze und schnitt weiter. Hatte ich vor mich umzubringen?

Ich weiß es nicht! Ich wäre schon gerne tot. Hätte keine Sorgen mehr, müsste mir keine Gedanken um Beißer machen. Keine Träne mehr an meine Vergangenheit verschwenden.
Das wäre so schön.

Aber wenn ich es tun würde wäre Daryl alleine, würde Negan wahrscheinlich ewig unterliegen. Wen er ihn sieht, wird ihn das an mich erinnern.
Er wird mich immer mit Negan verknüpfen und mit meinem Tod. Das wollte ich auf keinen Fall. Wenn ich sterbe, sollte er nicht darunter leiden.

Deswegen beließ ich es erst mal dabei und verursache nur Schnitte quer über meinen Unter und Oberarm. Sie waren nicht sehr tief, aber dennoch effektiv. Mit meinem Shirt wische ich das warme Blut weg. Ich verliere viel Blut, ziemlich viel. Der letzte Schnitt war etwas tiefer und hörte fast nicht mehr auf zu bluten. Mit dem Ende meines Shirts, das sowieso schon blutdurchtränkt war versuche ich das ganze aufzufangen und es somit leicht zu stoppen, doch dies brachte nicht viel. Deshalb schloss ich mir drinnen etwas Verbandszeug zu besorgen.

Die Rasierklinge und die Zigaretten schiebe ich ein und mache mich dann auf den Weg die Treppen nach oben zum Erste-Hilfe-Kasten im Gemeinschaftsraum. Einige Männer saßen noch dort, tranken und spielten Karten. Sie beachten mich zum Glück nicht.

Ich schnappe mir einen Verband und etwas Tape und verschwinde dann in mein Zimmer. Meine Mitbewohnerin schlief immer noch tief und fest und ich beschloss so höflich wie ich war auch ins Bad zu gehen um meine Wunden zu verbinden.

Der Verband, war nach kurzer Zeit ebenfalls schon mit Blut getränkt, aber ich ignoriere dies und stülpe mir meinen großen schwarzen Pulli um. Damit lege ich mich ins Bett und versuche etwas Schlaf zu finden.

Ob Negan wohl schon schläft? Oder hat er immer noch Spaß?

Nächster Morgen

Meine Mitbewohnerin war bereits weg, als ich aufstehe und mich im Bad für den Tag vorbereitete. Heute wollte Negan nach Hilltop fahren, dort alles mögliche abholen was er für sich beanspruchte.
Ein Blick auf meinen Arm verriet mir, dass das ganze wohl gestern noch ziemlich stark geblutet hatte. Der Verband muss allerdings für heute noch herhalten. Es musste einfach gehen.
Der Blick in den Spiegel zeigt eine sehr blasse, abgemagerte Frau mit Selbstmordgedanken. Die Stärke und Tapferkeit waren seit ein paar Stunden nicht mehr vorhanden.

Alles veränderte sich gerade in mir und aus dem starken Mädchen würde immer mehr eine Frau mit emotionalen Zusammenbrüchen, die sie mehr und mehr schwächen.
So möchte ich mich nie vor Negan zeigen, weswegen ich mich zusammenreiße und mein starkes, tapferes Gesicht aufzusetzen.

Es ist schwer das zu spielen, wenn man die ganze Zeit seine Vergangenheit im Hinterkopf hat.

Mit energischen Schritten maschiere ich den Gang entlang.
Ich trug ein langes Shirt und eine Dreiviertelhose mit Tarnlook. Es passte nicht gut zusammen, aber das war mir gerade egal.
Es sollte mir immer egal sein was ich trage.

Unten am Hof angekommen, standen schon mehrere Männer dort. Darunter Negan der gerade mit Dwight redete. Ich versuche ihn so gut es geht zu ignorieren, was auch klappte. Er schien mich nämlich noch gar nicht bemerkt zu haben.
Schnell tapse ich in die Waffenkammer und hole mir eine Handfeuerwaffe und einige Patronen dazu.

Während ich die Patronen ins Magazin schiebe, laufe ich zu dem Wagen.
Heute fahren wir nur mit zwei Wagen, da Hilltop für uns keinen Gefahr mehr darstellte. Sie gehorchen ins, genauso wie Ezekiel und sein Reich.

Mit der geladenen Waffe, steige ich schon mal auf den Beifahrersitz des zweiten Wagens in dem Negan nicht fuhr. Von hier aus konnte ich Negan gut beobachten, er hatte Lucille wie immer locker um seine Schulter gelegt und seine schwarze Hose schmiegt sich perfekt um seine Hüfte. Ich beiße mir auf die Lippe um nicht ausversehen aufzukeuchen. Er machte mich alleine durch seine Anwesenheit heiß.

Wie sehr ich mir mehr von ihm wünsche.

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Hattet ihr einen schönen Tag? ❤

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