"Didn't we almost have it all", Whitney Houston
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Die folgenden Tage zogen sich wie gekautes Kaugummi. Gabriel tauchte nicht in der Schule auf und da er sich nicht meldete, wusste ich weder, wie es ihm ging oder ob er bereits mit Holly gesprochen hatte.
Diese Ungewissheit machte mich beinahe wahnsinnig. Charlotte versuchte mich zu beruhigen, aber das funktionierte nicht. Denn wenn Gabriel die ganze Angelegenheit geklärt hatte, könnten wir endlich ungestört zusammen sein.
Also, so wie es halt zwischen Lehrer und Schüler ging.
"Du machst mich ganz verrückt", meckerte Charlotte, während sie ihren Blick über den Laptop schweifen ließ. Wir saßen auf meinem Bett, es war kurz vor Mitternacht, und wir warteten vergebens auf eine Nachricht von Gabriel.
"Ich kann aber nicht stillsitzen", quengelte ich und lief auf und ab. "Was, wenn er gar nicht schreibt, sondern sich die Sache zwischen mir und ihm für ihn gelaufen ist?"
Charlotte verdrehte die Augen. "Flo, er hat fast geweint, als ich ihm von dem Schlupfloch erzählt habe. Ich glaube nicht, dass er dich abgehakt hat", versuchte sie mich zu beruhigen und tippte auf die Tastatur ein. Sie schrieb an einer Bewerbung für ein College, ich hatte ihr meine Vorlagen gegeben und nun versuchte sie, auf eine gute Uni zu gelangen. Aber mit ihrem Zeugnis sollte das kein Problem werden.
"Ja, aber er hat auch viel Mist gebaut", sagte ich beschämt und fuhr mir durch die Haare. Das hatte er tatsächlich. Er hatte mich benutzt, belogen und stehen gelassen. Zwischendurch fragte ich mich, ob sich das alles für ihn lohnte. Vielleicht würde ich das ja bald herausfinden.
Charlotte zuckte die Achseln. "So, ich geh mal nach Hause", sagte sie und stand von meinem Bett auf. "Vielleicht schreibt er dir noch heute Abend. Aber lass dir das bitte nicht zu Kopf steigen, okay?", lächelte sie liebevoll und umarmte mich. Ich nickte und dann verschwand sie durch die Tür.
Nachdem ich mich bettfertig gemacht, Netflix angeschaltet und es mir bequem gemacht hatte, starrte ich wie hypnotisiert auf mein Handy.
Schreib mir doch. Schreib mir doch. Schreib mir doch, schrie ich mein Telefon in Gedanken an, aber es blieb stumm. Vielleicht hatte er echt mit mir abgeschlossen.
Als es jedoch um kurz vor eins vibrierte, fiel ich vor Schreck fast aus dem Bett. Ich starrte auf den Bildschirm. Es war tatsächlich Gabriel.
Mach mir bitte die Tür auf
Leise, aber kurz vorm Tränenausbruch, schlich ich die Treppen hinunter und öffnete die Haustür.
Gabriel sah so schön aus, dass ich es fast nicht aushalten konnte. Er trug eine schwarze Jeans und ein dunkelgraues Shirt mit einer Sweatshirt Jacke darüber und obwohl es so dunkel war, konnte ich das Eisblau seiner Augen erkennen. Sie musterten mich und für eine Sekunde war ich verlegen. Schließlich stand ich nur in einem übergroßen T-Shirt in der Haustür.
"Hi", hauchte er und machte einen Schritt in meine Richtung. Ich bedeutete ihm, das Haus zu betreten. Anscheinend wusste er nicht so Recht wohin mit ihm, denn er stand im Hausflur und sah mich nur an. Als ich jedoch anfangen wollte zu sprechen, hob er die Hand. "Es ist alles geklärt", lächelte er. "Holly wird uns nicht verpfeifen. Ich werde meinen Job behalten."
Er lächelte mich dermaßen erleichtert an, dass ich ihm um den Hals fiel und vor Freude seine Wange küsste. Gabriel schlang seine Arme fest um mich und presste mich an sich. Durch unsere Anziehsachen konnte ich seinen beschleunigten Herzschlag spüren und sein Atem im meinem Nacken ließ einen wohligen Schauer über meine Wirbelsäure laufen. Gabriel vergrub sein Gesicht in meinem Nacken und seufzte. "Endlich. Ich habe das so vermisst. Ich habe dich vermisst", flüsterte er und drückte mich einmal an sich und schob mich dann leicht von sich. Seine Finger wischten einige Tränen von meiner Wange. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich vor Erleichterung und Freude angefangen hatte zu weinen.
"Es sind nur noch drei Monate, Florence. Dann bin ich nicht mehr dein Lehrer und wir können ungestört zusammen sein", lächelte er und wollte zum Kuss ansetzen.
"Er ist dein Lehrer?", fragte mein Vater, der nun im Flur stand.
Und nicht sonderlich begeistert wirkte.

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Mister Chevalier
Teen FictionFlorence ist neu, tollpatschig und unauffällig. Gabriel ist unverschämt, selbstverliebt und verdammt heiß. Und Gabriel ist Florence' Lehrer.