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"You're the fear, I don't care, 'cause I've never been so high", Ellie Goulding

Der Ärzteball rückte immer näher, und als der Abend endlich gekommen war, war mir vor Aufregung fast schlecht. Dad stand in meinem Zimmer, trug einen schwarzen Smoking und bat mich, seine Krawatte zu binden. Noch immer konnte er es nicht. Aber er hatte ja mich, da musste er sich auch nicht selbst die Krawatte binden.

"Aufgeregt, Dad?", fragte ich ihn, er nickte. "Du siehst gut aus. Und vielleicht triffst du ja eine nette, hübsche Frau", grinste ich ihn an, er schüttelte Verlegen den Kopf.

"Ach, hör doch mit diesem Unsinn auf, Florence. Ich bin ein geschiedener Oberarzt mit einer Teenagertochter und kaum Freizeit. Außerdem ergraut mein Haar schon", sagte er. Ich machte einen Schritt rückwärts und betrachtete meinen Vater.

"Und wenn schon. Viele Männer sehen im Alter besser aus", scherzte ich, mein Vater verdrehte die Augen. "Falls da doch jemand sein sollte - du hast hiermit offiziell meine Erlaubnis", sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

"Und falls du heute jemanden findest ... Sag mir am besten gar nicht Bescheid", sagte er streng, fing dann aber an zu lachen. "Du siehst gut aus, Tochter. Woher ist das Kleid?"

Das Kleid, welches Gabriel mir geschenkt hat, stand mir unfassbar gut, der Stoff schmiegte sich sanft an meine Haut und meine Haare ließ ich in leichten Wellen über meine Brust fließen. Geschminkt war ich nur dezent, denn wenn Gabriel und ich uns heute näher kommen würden, dann wollte ich mich nur natürlich präsentieren. Wahrscheinlich nicht, er wollte ja nicht. Aber nur für den Fall ...

"Und dieser Gabriel, der Sohn von Mister Hensley, ist deine Begleitung?", fragte er nach, ich nickte und steckte mir passende Ohrringe rein. "Läuft da etwas zwischen euch?"

Verwundert sah ich meinen Vater an. "Nein, Dad. Alles in Ordnung. Ich habe keinen Freund", lächelte ich ihn an und umarmte ihn. "Es gibt nur einen Mann für mich." Er schloss mich ebenfalls in eine Umarmung, dann klingelte es an der Haustür. "Das wird er wohl sein."

Ich ging die Treppen hinunter und bevor ich die letzte Stufe erreichte, hatte Henriette schon die Tür geöffnet und Gabriel stand im Türrahmen. Er trug einen dunkelgrauen Smoking, dazu eine rote Fliege. Seine blauen Augen fingen meinen Blick auf und er schmunzelte.

"Da ist ja meine schöne Begleitung", grinste er und kam zum Fuße der Treppe, griff nach meiner Hand und zog mich die letzte Stufe hinunter. Er wirbelte mich einmal im Kreis, um mich von allen Seiten begutachten zu können und zog mich dann an sich. Henriette war mittlerweile wieder in die Küche verschwunden. "Du siehst fabelhaft aus, Florence Montgomery", hauchte er mir ins Gesicht und küsste meinen Hals. Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss, Gabriel lächelte. "Sollen wir?"

Ich nickte und rief meinem Vater zu, dass wir uns später auf dem Ärzteball sehen würden und dann verschwanden Gabriel und ich schon in die warme Abendluft. Im Auto sprach er nicht viel, aber das machte mir auch nichts aus. Er hatte mich gerade auf den Hals geküsst. Vielleicht würde ja doch noch etwas daraus werden.

-

Der Ärzteball stellte sich als ein Event heraus, bei dem mehr ältere Leute waren als jüngere. Es verlief nicht anders als die Gartenparty, außer, dass Gabriel mich herumführte und mich den Ärzten vorstellte. Jedes Mal kam die Frage: "Ist das ihre Freundin, Mister Chevalier?" und jedes Mal lächelte er und verneinte ... leider.

Das Buffet erstreckte sich auf ungefähr fünfzig Meter und bestand aus jeder erdenklichen Speise, die man sich vorstellen konnte. Gabriel entschied sich für ein Stück Truthahn in Pfefferrahmsoße und Kartoffeln, während ich bei einem kleinen, lächerlichen Salat blieb. Ich wollte nicht etwas auf meinen Teller packen, was ich im Endeffekt nicht aufessen würde.

Mister ChevalierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt