Andere Zeiten

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"Guten Morgen, Frau von Heidelberg!"

Erschrocken wirbele ich mit den Kaffeebechern am Empfangstressen der Kanzlei herum.

"Frau Koloski! Sie sind ja wieder da!" sage ich erfreut als ich die Empfangsdame hinter der hohen Mauer des Tresen erspähe. Flink setzte ich die Kaffeebecher auf diesem ab und schäle mir die Ledertasche von der Schulter ab.

Die kleine Frau mit den schwarzen Bobschnitt grinst mütterlich über ihre dicke Lesebrille herüber, die auf der Spitze auf Nase sitzt. "Tina! Mensch, dich hab ich ja schon so lange hier nicht mehr gesehen! Was macht das Studium?"

Lächelnd schüttle ich den Kopf. "Damit bin ich fertig. Ich mach hier mein Referendariat!"

"Ach, das ist ja toll! Glückwunsch! Bei deinem Vater?"

Augenblicklich verschlechtert sich meine Laune als ich an den anstehenden Namen denke. "Nein. Ich bin Sklave bei Herrn Doktor Schneider."

Doktor ... eine Beleidigung für jeden weiteren Träger dieses Titels.

Abwinkend lächelt sie mir zu. "Der ist doch auch toll! Ein richtiger Sonnenschein, der Kanzlei!"

"Hmm mhm." brumme ich und setzte den Träger meiner Tasche wieder auf die Schultern. "Der wahr gewordene Traum einer jeden Frau."

Und genau in diesem Moment öffnete sich die Eingangstür der Kanzlei und genannter Teufel betritt im Anzug die heiligen Hallen der Justiz. Wie immer ist er in einige Papiere vertieft, bis er zum Tressen kommt und kurz aufsieht. "Guten Morgen, Frau Koloski! War der Londonurlaub schön gewesen?"

Londonurlaub? Woher weiß er denn, wo Frau Koloski Urlaub macht? Sozialkompetenz steht doch nun, weiß Gott, nicht auf seiner Verhaltensliste.

"Sehr schön, Herr Schneider. Nur das Wetter war sehr typisch britisch. Hach, ich sag's Ihnen! Vier von vierzehn Tagen Sonnenschein."

Ohne weiter zu antworten, lächelt er der Frau zu, die sich der Ende vierzig befindet, bevor er weiter in sein Büro läuft.

"Kommt es mir nur so vor oder bin ich hier die Einzige, die er nicht grüßen kann?" frage ich Frau Koloski und mich zugleich selber.

Eilig setzt sich die vollschlanke schwarzhaarige Dame wieder hin und schiebt mir grinsend einen selbstgemachten Cupcack ihres Mannes über den Tresen. Herrn Koloski gehörte eine eigene Bäckerei, die sich keine fünf Minuten Radweg von hier aus befand. Als Kind hatte ich es geliebt, wenn mir mein Vater jeden Morgen vor dem Kindergarten einen Kakao und ein Schweineohr kauft hatte. Wahrscheinlich war er auch der Grund, warum ich Jahrelang fast doppelt so viel wog, wie meine Kindergarten- und Schulkameraden.

Dankend stecke ich mir den kleinen Schokomuffin mit der hellblauen Sahnehaube in die Tasche. "Danken Sie mir Ihrem Mann! Das ist das Süßeste was mir heute widerfahren wird."

"Ach, mach dir nichts draus, Tina. Der Herr Schneider braucht immer ein bisschen um sich mit den neuen Kollegen einzugewöhnen. Das wird schon noch! Wirst' sehen!"

Brummend nehme ich den Kaffee von der Theke. "Mit einer Begegnungstherapie vielleicht."

Wie ein Gewitter donnert es plötzlich aus der Höhle des Drachens. "Heidelberg, in mein Büro. Sofort!" ruft es finster aus den geöffneten Tür heraus. "Und vergiss den Kaffee nicht!"

So lobe ich mir meinen Morgen!, denke ich, winke der Dame am Tressen nochmal zu, bevor ich mich in die Hölle auf Erden mache. Doch als ich einige Schritte in seine Büro gesetzt habe, bemerke ich den leeren Schreibtischstuhl geradehin von mir. Keine zwei Sekunden später fällt die Tür hinter mir ins Schloss.

§ Gesetze der Liebe § Chris Evans Scarlett Johannson FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt