Fall eines Anwalts

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Sachte schließe ich die Türe zu David Schneiders Bürotür mit einer Hand, indes ich in der anderen die Schale mit den vollgefüllten Kaffeebechern trage. "Morgen." murmele ich zwischen den zwei Briefen, die in meinem Mund stecken und will mich umdrehen, doch da steht er schon.

David Schneider.

Meine Gymnasiumliebe - sechs verfluchte Jahre lang, bis er sein Abitur gemacht hat.

Er steht aufgebaut vor mir und lächelt dunkel zu mir herab. Die Sonne schneit von hinten auf ihn drauf und lässt ihn heiliger aussehen, als er es ist.

"Hallo." raunt er dunkel und läuft auf mich zu, bis David vor mir steht. Sein maskulines Aftershave kribbelt wie Sommerluft in meiner Nase und nimmt mir sämtliche Luft aus der Lunge. Der Mann ist gefährlich. In jederlei Hinsicht. Ich laufe von seiner Macht paralysiert nach hinten, bis ich die Tür in meinen Rücken spüre. Doch der Abstand zwischen uns ist so gering, dass ich immer noch seinen Atem auf meiner blassen Haut spüre.

Begehrend nimmt er den Halter aus meiner Hand und - wirft die vollen Becher hinter sich, ohne mich auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Der gute Kaffee ...

Mein Herz rast, als er die Briefe aus meinen Mund nimmt und sich nach vorne zu mir herab beugt. Davids Duft dringt nicht tiefer in meine Nase ein und bringt mein Blut immer mehr in Wallung. David Schneider empfand etwas für mich ... Für Mich!

"David, was-"

Sanft legt er die Hand an meine Wange und kommt mit seinen Lippen immer näher an meine.

Heiliges Kanonenrohr. Dreh jetzt bloß nicht durch, Tina! Nicht jetzt!

Oh, ein verlangendes Ziehen in unteren Körpermitte findet meine Aufmerksamkeit. Ich bin so scharf auf diesen Mann wie auf den Winterschlussverkauf von Michael Kors. Vielleicht sogar noch mehr.

"Tina, seit du diese Kanzlei zum ersten betreten hast, gehst du mir nicht mehr aus den Kopf. Tina, ich PIEP PIEP PIEP!"

PIEP PIEP PIEP

Nein, nein, nein, nein, nein! David wollte doch gerade etwas sagen! Ach menno!

Erschrocken wach ich auf - mitten in meiner kleinen Zweizimmerwohnung im Zentrum Hamburgs.

Stöhnend drücke ich auf die Off-Taste meines Reiseweckers, der auf dem Nachtschränkchen neben meinem Bett singt. Mit einem lauten Seufzer lasse ich mich zurück ins Kissen fallen und starre auf die kahle nackte weiße Zimmerdecke.

Dann würden wir mal den ersten Tag als Davids Schneiders Assistenz beginnen. Der erste Tag als Assistentin des Teufels.

Heiliger! Was zieh ich nur an?

*

Ganz anders als in meinem Traum, erwartet mich das Büro des Anwaltes, verlassen. Nicht einmal die Heizung hat er angelassen!, denke ich mir, als ich die Kaffeebecher auf sein Schreibtisch abstelle und mich wieder aufrichte.

Mensch, Mensch, Mensch! Schick hat er es hier!

Zwar ist sein Büro nicht viel größer als mein Wohnzimmer und doch wirkt es hell und freundlich.

Vater hatte mir schon immer gepredigt, dass sich ein Klient in einer Kanzlei - vor allem, die für Straftäter, wohl fühlen sollen. Mit schlechten Gewissen kommt jeder her, warum sollte man dies noch durch riesige hohe Mamorwände, viel zu kleine Expressotassen, die von einer viel zu schöne Empfangsdame gebracht werden und edlen Mahagoniholz verstärken? Er ist ja sowieso kein Freund der modernen Kunst. Die Schlichtheit ist manchmal wirksamer als die etwas vollkommen Expressionistischem.

§ Gesetze der Liebe § Chris Evans Scarlett Johannson FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt