Hetzjagd

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Paris, 22.Dezember 2017

"Lou?, fragte Ricks Stimme, wohl etwas verwundert über meinen Anruf.

"Hey, wie geht's?"

"Dir bestimmt besser als mir. Ich schreibe morgen eine Matheklausur... Wie ist Paris?"

"Bisher echt toll, ich war mit Chris bei gefühlt tausend Sehenswürdigkeiten und er war ganz begeistert, hat mir die ganze Zeit von seinem Romantikurlaub mit Sandra erzählt, den sie hier mal gemacht haben." Rick lachte.

"Und sonst? Hast du schon was gefunden?"

"Ähm... ich habe eine Adresse."

"Und?"

"Nichts und, ich war noch nicht da."

"Wieso?" Er klang überrascht.

"Ich kann es nicht genau beschreiben, ich habe einfach Angst davor, mehr zu erfahren."

"Aber das wird nicht besser werden! Wenn du das noch länger aufschiebst dann wirst du dich irgendwann gar nicht mehr überwinden können. Außerdem kommt Chris doch mit, was soll denn dann noch schiefgehen?" Natürlich hatte Rick Recht, und vielleicht hatte ich diesen Arschtritt gebraucht, um mich zu überwinden.

"Du hast ja Recht."

"Wie lange bleibt Chris eigentlich noch bei dir?"

"Keine Ahnung, ich glaube er hat nicht gedacht dass es so lange dauern könnte... wir sind ja jetzt schon über eine Woche hier. Und übermorgen ist Weihnachten."

"Wie? Und ihr feiert dann in Paris und Sandra...?"

"Eigentlich wollte sie herkommen", erklärte ich. "Aber sie liegt im Bett. Grippe. Und nach Hause fliegen kann ich noch nicht, also denke ich mal dass Chris bei mir bleibt. Außerdem, von feiern kann keine Rede sein. Dafür ist einfach zu viel los."

Rick erzählte mir von seinen Plänen, über die Ferien in die Berge zu fahren.

"Danke, dass du angerufen hast, Lou. Das bedeutet mir wirklich viel."

"Klar. Hab ich dir doch versprochen." Eine unangenehme Stille entstand.

"Was auch immer das wird, Louise... ich war mir noch nie bei etwas so sicher." Ich schluckte und schloss die Augen, um den Moment nicht enden zu lassen.

"Ich melde mich."

"Ja."

Sobald er aufgelegt hatte, bereute ich es. verdammt, aber was hätte ich auch darauf sagen sollen? Danke aber ich kann leider nicht dasselbe sagen, jedenfalls nicht im Moment? Erbärmlich.

Ich musste lächerlich aussehen, als Chris eine halbe Stunde später ins Zimmer kam und mich genau so vorfand wie vor einer halbe Stunde, als er noch eine Postkarte für Sandra kaufen wollte. Auf dem Sofa sitzend, das Handy in der Hand und mit einer Trauermiene wie sonst was.

"Lou, was ist denn?"

"Ich denke nur nach."

"Über was denn?"

"Na ja, über Schule und so was." Ich hatte mir das alles selbst eingebrockt, ich wusste was es heißt, nach dieser langen Auszeit noch einmal zu gehen. Nämlich das Schuljahr zu wiederholen. Dabei war ich mir gar nicht mehr sicher, ob ich das letzt Jahr so unbedingt abschließen wollte. Was brachte es mir sowieso, Astrophysik zu lernen wenn ich nicht einmal wusste ob ich lange genug leben würde, um so was überhaupt in irgendeiner Weise anzuwenden. Denn eines hatte ich gelernt: das man als Magier niemals sicher war, egal wie sicher man sich fühlte.

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