Ein kaltes Willkommen

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Sibirien, 28.Januar 2018

Hinter der nächsten Kurve war es so weit: das Hauptquartier, ein Gebäude aus Beton und Glas schmiegte sich an die kantigen Felsen des Berges und ich war mir sicher dass der sichtbare Teil nur ein Bruchteil der wahren Größe war, die sich bestimmt im Berg weiter fortstreckte. Der Helikopter den wir zuvor gesehen hatte landete eben sanft auf einer Plattform, die einen Teil des Daches darstellte. Von hier aus konnte ich nicht viel erkennen, glaubte aber zwei Personen zu sehen die aus dem Helikopter ausstiegen. Dann wurde meine Aufmerksamkeit wieder auf unsere derzeitige Position gelenkt, die sich ein Stück entfernt von dem gigantischen Gebäude befand. Der steinige Pfad hoch in die Berge weitete sich hier zu einer asphaltierten Straße und etwas weiter vorne zu einem runden Platz vor dem Komplex.

Alex parkte natürlich genau in der Mitte des Platzes, als ob wir nicht schon genug Aufmerksamkeit hätten.

„Es bringt nichts sich zu verstecken, Lou. Der einzige Weg das hier zu schaffen ist mit Schlagfertigkeit", versicherte er mir bevor er ausstieg und die Autotür hinter sich zufallen ließ. Ich zögerte, wollte nicht aussteigen und mich lieber hier verstecken.

„Komm schon, Lou." Philine war da anscheinend anders gepolt und folgte Alex, der in diesem Moment drei Taschen aus dem Kofferraum des Rovers wuchtete. Ich ergab mich meinem Schicksal und stieg ebenfalls aus, was ich aber sofort bereute. So hoch oben wehte der Wind mit einer Geschwindigkeit, die kaum zu glauben war und die Kälte Sibiriens schien fast noch schlimmer. Hinter uns klaffte der Abgrund, durch den der Wind mit einem Heulen fegte, und vor uns das Natternnest. Ich wusste nicht, welcher der beiden Möglichkeiten ich am ehesten erwägen würde.

Gekrönt wurde alles durch drei Uniformierte, die in diesem Moment aus einer bis dahin unsichtbaren Tür des Gebäudes auf den Vorplatz stürmten und uns mit Waffen fokussierten. Alex hob die Hände.

„Ich bin's. Zwar nicht angemeldet, aber so würdet ihr doch keinen alten Freund behandeln, oder?" Auf Kommando des Linken, der Alex anscheinend erkannt hatte ließen die beiden anderen ihre Waffen sinken.

Sie näherten sich uns aber weiter und ich befürchtete schon das Schlimmste als sie, einer nach dem anderen, Alex die Hand gaben und ein paar Worte auf Russisch wechselten. Ich konnte nicht glauben dass dieser bescheuerte Plan soweit funktioniert hatte, eigentlich war ich sicher gewesen in der Kälte der Eiswüste zu sterben.

Als die vier ihr Plauderstündchen beendet hatten und auf uns zukamen, glaubte ich, mein Herz müsste mir vor Aufregung gleich aus den Rippen springen, doch ich bewahrte Haltung, nahm mir ein Beispiel an Philine die bisher völlig unbekümmert neben mir gestanden hatte und ihre lachsfarbenen Fingernägel betrachtete.

„Das sind zwei Freundinnen die ich bei Kent aufgegabelt habe, Philine und Nadja." Es war klar dass mein echter Name hier sofort Misstrauen ausgelöst hätte und deswegen hatte Philine vorgeschlagen mich Nadja zu nennen. Laut ihr ein echt russischer Name, obwohl ich da meine Zweifel hatte.

„Hi." Philine winkte mit ihrer perfekt manikürten Hand und ich fragte mich wie sie das in dieser Kälte wohl aushielt, ich war froh neben meinem dicken Parka noch Mütze und Handschuhe zu tragen, die hoffentlich auch dazu beitrugen, nicht enttarnt zu werden. Jedenfalls hier draußen in der Kälte.

Ich nickte den Wachen so freundlich wie es eben ging wenn man sich wie ein Lamm unter Wölfen fühlte, zu.

„Also ist alles okay? Können wir reingehen?", fragte Philine. Anscheinend behagte ihr die Kälte doch nicht so. Alex bedeutete uns, ihm zu folgen. Einer der Wachleute blieb bei uns und eskortierte uns ins Gebäude, wenn auch wahrscheinlich nicht zu unserem Schutz sondern um uns noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Die anderen beiden blieben draußen und mir schien, als checkte sie das Auto ab bevor die Tür, die uns vor der Kälte rettete hinter uns zufiel. Mir fiel ein, das unsere Taschen, auch wenn Alex sie aus dem Auto geräumt hatte, immer noch draußen standen. Wehe die beiden würden auch nur eine Pfote in meine stecken!

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