6

486 35 12
                                    

Yay, 150 reads, dankeschön :)
Wen mögt ihr mehr? Jarn oder Lukas?
Song: I Want To Hold Your Hand by The Beatles (cover by Scott Gordon)

"Was verschafft mir denn die Ehre?", höre ich seine Stimme aus dem Hörer und muss sofort grinsen. Wie kann mich alleine eine Stimme so glücklich machen? "Könnten wir uns vielleicht treffen?"
"Öhm klar. Ich sitz gerade am Hauptbahnhof. Wenn dir das aber zu unangenehm ist, können wir uns auch wo anders treffen."
"Nein, nein, schon gut." Jedoch bin ich mir wirklich nicht so sicher, ob mir das Betteln nicht doch unangenehm werden würde.

Schnell mache ich mich auf den Weg zu ihm, wobei es etwas regnete und meine dünne Stoffkapuze vollkommen durchnässt wird. Die Musik von „The Fray" läuft durch meine Kopfhörer. Genießerisch lege ich den Kopf in den Nacken zurück, weshalb mir einige Tropfen auf die Stirn fallen.

Auf einer Decke sitzend entdecke ich ihn in der Nähe des Eingangs. Vor ihn liegt ein alter offener Gitarrenkoffer (einige Sticker kleben auf diesem), während er "I want to hold your hand" von den Beatles spielt und dazu singt. Wow, ich wüsste gar nicht, dass er so etwas kann. Es klingt fast besser als das Original. Lächelnd stelle ich mich vor ihn hin. Breit grinst er zurück. In seinem Koffer liegen vielleicht zwanzig bis dreißig Euro In fünfzig Cent oder ein Euro Münzen.
"Hallo schöner Mann.", begrüßt er mich, nachdem er die Abschlusstöne gespielt hat. Sachte lasse ich mich neben ihn an der Wand heruntergleiten. "Hey." Kurz küsst er mich. Einige Leute gucken blöd. Ich kann es genau spüren. "Du kannst echt gut spielen. Wusste ich gar nicht.", nicke ich auf die Gitarre. "Danke.", grinst er und beginnt einen Ed Sheeran Song zu zupfen. Ich sehe ihm einfach dabei zu, wie er sich in das Lied vertieft. Er wirkt wie in seiner eigenen kleinen Welt. Nur wenn ihm jemand etwas Kleingeld in den abgeranzten Koffer wirft, nickt er den Leuten kurz freundlich zu. Manche bleiben auch ein, zwei Minuten stehen und machen ihm Komplimente, wie schön er spielen würde.

Zwischendurch hole ich ihm einen Kaffee und mir einen Kakao, damit wir uns aufwärmen können. "Danke.", nimmt er den dampfenden Becher entgegen. Seine Hände zittern von der Kälte. Schweigend sitzen wir nebeneinander und trinken unsere heißen Getränke. "Ich bin begeistert, wie gut du spielen kannst."
"Danke. Meine Eltern hätten mich damals fast auf so 'n Internat für musikalische Kids gesteckt, damit sie mich endlich los wären."
"Warum siehst du das so negativ? Vielleicht wollten sie dich nur fördern. Schließlich ist es in der Musikwelt ziemlich schwer nach oben zu kommen."
"Du kennst meine Eltern nicht Lukas."

Nebeneinander laufen wir durch die Straßen. Ich schiebe mein Fahrrad neben mir her, während er seinen Gitarrenkoffer mit sich trägt. "Es gibt eigentlich noch einen Grund, warum ich dich sehen wollte."
"Hm?", sieht er mich aufmerksam an. "Ich wollte fragen,... was das ist.", zeige ich nervös zwischen uns hin und her. "Es kann das sein, was du willst. Also ich kann verstehen, wenn du nicht mit mir... Also ich meine, wegen meiner... wegen meiner Lage."
"Sag sowas doch nicht. Du bist wundervoll. Ich könnte mir keinen Besseren vorstellen. Du bist witzig und gleichzeitig nachdenklich und tiefgründig. Du bist so unglaublich unoberflächlich und verurteilst keinen. Du hast mich in dieser kurzen Zeit schon so sehr aus mich herauskommen lassen. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren wegen dir. Man, ich will so unbedingt mit dir zusammen sein, ganz egal, was meine Eltern oder sonst wer sagen."
Breit grinst er mich an, stellt seinen Koffer auf dem Gehweg ab, lehnt sich über mein Fahrrad und küsst mich stürmisch, ganz anders als die ersten Male. Er ist nicht mehr so vorsichtig. Leicht öffne ich meinen Mund, damit seine Zunge eindringen kann. Es fühlt sich unglaublich richtig an. Wieder gucken uns Leute blöd an und auch schon wieder ist mir das vollkommen egal. "Also..."
"Ja." Beide grinsen wir breit und umarmen uns, mein Fahrrad noch immer zwischen unseren beiden Körpern.

Ich gehe noch mit zu seiner U-Bahnstation, obwohl das ein Umweg für mich ist. "Du kommst nicht noch mit, oder?", dreht er sich zu mir. Seine Wangen sind schon ganz rot von der Kälte.
"Ich darf nicht schon wieder riskieren zu spät zu kommen, sorry."
"Schon okay. Wir sehen uns ja am Sonntag."
"Das dauert aber noch so lange.", ziehe ich eine Schnute. "Du kannst auch gerne noch einmal vorbeikommen. Ich bin eigentlich jeden Tag am Bahnhof."
"Ich muss was für die Schule machen. Ich schreib' noch drei Klausuren vor den Ferien." Der Stress momentan war wirklich unglaublich.
"Oh nein, ich bin mit einem Streber zusammen!", lacht er. "Halt die Klappe.", lache auch ich und boxe ihm in die Schulter. "Das hättest du wohl gerne.", sieht er mich verschmitzt an, "Ich hab' gerade erst angefangen."
"Dann kannst du ja am Sonntag damit weitermachen. Ich muss jetzt wirklich nach Hause. Meine Eltern warten sicher schon mit dem Abendessen."
"Okay, ciao.", drückt er mir einen Kuss auf die Lippen und läuft mit seinem typisch federnden Schritt die Treppen hinunter.

Es ist schon der vierte Advent. Endlich kann ich ihn wieder sehen. Fast jeden Abend haben wir telefoniert. Die letzten Wochen gingen so unglaublich schnell vorüber.
Heute gibt es Gulasch und für die Vegetarier Käsespätzle. Wandas Käsespätzle sind legendär.
Ich kann Jarn hinter zwei Männern in der Schlange stehen sehen. Geheimnisvoll grinst er mich an. "Ist er das?", höre ich Wanda flüsternd Nicole fragen. Verdutzt drehe ich mich zu den beiden um. "Ich will doch nur aufmeine Schützlinge aufpassen.", verteidigt sie sich und hält verteidigend die Suppenkelle in die Höhe. Lachend verdrehe ich die Augen, wende mich wieder den Leuten zu und erschrecke, als auf einmal Jarn vor mir steht. "Oh Gott!", schreie ich kurz auf, woraufhin er mich ganz kurz über die Theke hinweg auf die Wange küsst und Nicole und Wanda kichern müssen.
"Wie alt seid ihr, zwölf?"
"Was ist denn so lustig?", zieht mein Freund die Augenbrauen hoch. "Nichts, nichts junger Mann.", grinst Wanda und tänzelt in die Küche zurück. "Ist sie immer so?"
"Nur wenn sie gut drauf ist.", antwortet Nicole und tut ihm etwas von den Käsespätzlen auf.
"Ich glaube wir kennen uns noch nicht. Du bist Nicole, oder? Lukas hat schon viel von dir erzählt.", lächelt er sie freundlich an und reicht ihr die Hand. "Ja, hi. Du bist wohl der Typ, der ihm den Kopf verdreht hat."
"Ach, hab' ich das?", grinst er mich an. Tief schmunzle ich in meinen Schal hinein, während ich den anderen Leuten ihr Essen ausschöpfe. "Klar, er zeichnet dich die ganze Zeit im Unterricht."
"Sei doch still Nic.", lache ich etwas nervös. Gott, ist das peinlich. "Tust du das wirklich?", strahlt er mich an. "Kann...sein." Ich kann genau spüren, wie ich rot werde. "Das muss ich sehen!" Er wirkt begeistert wie ein kleines Kind.
"Muss ich etwa eifersüchtig werden Lukas?", steht auf einmal eine ältere Frau vor uns, die Arme hat sie in die knochigen Hüften gestemmt. "Tja Betti, sie haben ihre Chance bei mir verpasst." Aufmerksam mustert sie Jarn, welcher mich etwas verunsichert ansieht. "Willst du dich nicht zu mir setzen? Im Stehen isst es sich schlecht.", fragt sie ihn freundlich, worauf er vorsichtig nickt und ihr hinterher läuft.

Mit einer Hundeschnute sehe ich zu Nicole, welche nur mit den Augen rollt. "Na geh' schon zu Romeo. Wenn ich aber mal 'nen Freund hab' wischt du die Tische ab.", zeigt nun sie mit der Suppenkelle auf mich. "Für dich würde ich tauschende Tische abwischen Nici."

My homeless Romeo [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt