10. Dezember 2013 - 13.08 Uhr

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"Fröhliches Leiden", sagt Amber und umarmt mich zum Abschied. "Danke für dein Mitgefühl", grummele ich leise in ihre Schulter. "Sorry, sollte ich trauriger tun?" "Nein", ich schüttle meinen Kopf. "Du hast ein Date mit Shawn, da ist keine Zeit für gespielte Trauer."

"Ich liebe dich."

"Ich weiß." Ich zwinkere ihr zu und befreie mich aus der Umarmung. "Na dann", sage ich zu ihr "Viel Spaß beim Nichtnachsitzen - und wehe ihr macht was unanständiges, und du erzählst es mir nicht!"

"Würde ich doch nie tun."

"Dann ist ja gut."

Lachend wirft sich Amber die Tasche über die Schulter, dreht sich um und winkt mir noch einmal zu, während sie einen der endlos langen Gänge entlang läuft. Seufzend wende ich mich ab und trete in das kahle Klassenzimmer ein und nicke den Anderen zu, die heute ebenfalls nachsitzen müssen.

Ich setze mich auf einen Platz hinten in der Ecke und stütze meinen Kopf auf meine Ellbogen. Mir ist jetzt schon schrecklich langweilig und die Stunde hat noch nicht einmal richtig angefangen.

Mein Blick gleitet durch die Reihen. Die meisten sehen aus, wie die typischen Badboys und Schulschwänzer mit gleichgültigem und abweisenden Blick. Ich falle mit meinem braven Pferdeschwanz auf wie ein Papagei im Eisbärengehege und ich fühle mich ganz und gar nicht wohl dabei. Aus irgendeinem Grund verbinde ich dieses Szenario immer mit irgendwelchen Highschool Streifen, in denen das brave Mädchen sich letztendlich in den Basketballspieler verliebt. Allerdings hat unsere Schule weder ein Basketballteam, noch hätte ich Lust darauf, jeden Samstag am Spielfeldrand zu stehen und ein paar schwitzenden Typen beim Ballspielen zu zuschauen.

Der wirklich tragende Grund wäre aber höchstwahrscheinlich nicht der Sport, eher der Fall von einem Film in die harte Realität - in der sich Badboys nun leider nicht in rothaarige Pumuckls verlieben.

Ich wage einen Blick auf die Uhr: sechseinhalb Minuten sind um. Es hat sich angefühlt wie eine ganze Stunde. Das kann ja noch etwas werden.

Nach den nächsten fünf Minuten ist mein rechter Fuß eingeschlafen und mein Arsch fängt an, weh zu tun. Irgendwann habe ich angefangen, mich mit meiner uralten Armbanduhr zu beschäftigen, die allerdings langweiliger ist, als man annimmt. Und ich bin mittlerweile der festen Überzeugung, dass  Nachsitzen sehr viel unspannender ist, als in den ganzen Filmen. Weder beginnt der Feueralarm, noch kommt irgendeine rührende Liebeserklärung durch die Lautsprecher gedröhnt.

"So, meine lieben Schüler." Ich schaue verwirrt nach vorne. Mr Irgendwas ist aufgestanden und hat seine Zeitung zusammen gefaltet, in der er bis gerade eben gelesen hat.

"Ich werde gleich wieder da sein - und wenn ich auch nur irgendeinen Mucks höre, wird jeder einzelner von euch bis zu eurem Abschluss bei mir nachsitzen." Sein Blick gleitet über jeden von uns und mich durchfährt bei seinen durchdringenden Augen eine Gänsehaut. Gruselig.

Er verlässt schlussendlich den Raum und kaum ist die Tür zugefallen, hebt sich der Lärmpegel, alle stehen auf und packen ihre Sachen. 

"Warte - was?" Ich bleibe etwas verwirrt auf meinem Platz sitzen und starre auf die Tür, durch die mittlerweile schon einige den Raum verlassen haben.

"Hey!" Kurzerhand schnappe ich mir auch meine Jacke und meine Tasche und eile einem Typen hinterher. "Warum haut ihr alle ab?", frage ich ihn und er dreht sich um.

"Musstest du noch nie nachsitzen?", fragt er ungläubig und mustert mich forschend. "Nein.", sage ich und verschränke dabei meine Arme vor der Brust, ein wenig eingeschüchtert von seinem scannenden Blick.

Er seufzt. "Mr Jones verschwindet immer nach 'ner viertel Stunde und kommt danach nie wieder zurück. Kein Plan was er so treibt, aber es wurde bisher noch keiner von uns erwischt. Verschwinde einfach, bevor ein anderer Lehrer dich entdeckt." Er wendet sich wieder um.

Bittersweet Changes ➳ Niall Horan √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt