Kapitel 23

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Ich wurde immer unsicherer, als wir auf einmal in einen Wald hineinfuhren.

"Du entführst mich ja wirklich" flüsterte ich hörbar.

"Keine Sorge. Ich werde Gnade mit dir haben" sagte sie und machte die Musik lauter.

Nach einer Weile hielten wir an und sie stieg aus. Ich wusste nicht was ich erwarten soll.

"Wir müssen jetzt etwas laufen" meinte sie und grinste, als sie runter zu meinen Schuhen sah. Meine weißen Schuhe würden gleich nicht mehr weiß sein.
Sie lief mitten durch den Wald und ich folgte ihr.

Sie blieb vor mir stehen und drehte sich zu mir um.

"Du musst mir jetzt vertrauen" sagte sie und hielt mir ein Tuch hin.

"Was soll ich damit?" fragte ich vorsichtig nach.

"Bind dir die Augen zu" sagte sie auffordernd und grinste immer noch. Was hatte sie nur vor?

Ich tat was sie sagte und ließ mich von ihr führen. Langsam, sodass ich nicht über meine eigenen Füße fiel.

Sie blieb stehen und ich hörte ihre Stimme nicht mehr. Sie ließ mich einfach mitten im Wald stehen. Ich zog das Tuch von meinen Augen und öffnete diese.

Ich sah ein Zelt aufgebaut und ein Tisch davor mit vielen verschiedenen Lebensmitteln darauf.
Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse und dann entdeckte ich Elena.

Doch sie war nicht alleine. Shawn und Brian standen bei ihr und grinsten genauso breit, wie sie die ganze Zeit. 

"Wir dachten, dass wir nochmal was zusammen machen bevor du weg bist" meinte Elena.

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich lief zu ihnen, um sie fest zu umarmen.

"Womit habe ich euch nur verdient?" seuftzte ich und schaute mich noch mal um.

Hinter dem Zelt konnte man ein Abgrund sehen mit Blick auf die Sonne die bald unterging.

"Worauf hast du Lust?" fragte Brian und legte seinen Arm um mich.

"Wir können Lagerfeuer machen oder Essen" meinte er und zeigte dabei auf den Tisch.

"Ich bin sehr hungrig" sagte ich.

"Sehr gut! Denn wir haben genug" meinte Shawn und stürmte zum Essen.

Es brachte mich zum lachen, wie er sich alles in den Mund stopfte und trotzdem dabei reden konnte.

Langsam wurde es auch dunkel und wir machten ein Lagerfeuer. Wir setzten uns mit Decken um das Feuer und betrachteten die Flammen. Shawn spielte uns auf seiner Gitarre was vor und wir lauschten seiner Stimme.

Schließlich wurde es zu spät und wir gingen alle schlafen. Es war eng, jedoch angenehm warm.

"Mach dich nicht so breit Brian" lachte Elena und kuschelte sich an ihn.

Ich lag neben Shawn, der mit dem Rücken zu mir lag und wahrscheinlich schon schlief.
Lange lag ich einfach nur da und konnte nicht schlafen.
Wie auch? Ich ziehe bald von diesen tollen Menschen weg. Jetzt wo ich mich so wohl fühle.

Ich hielt es hier im Zelt nicht mehr aus. Es war viel zu stickig und eng.

Ich stand vorsichtig auf ohne jemanden auf zu wecken und schloss das Zelt hinter mir zu.

Leise lief ich zum Abgrund und setzte mich hin, sodass meine Beine runterhingen. Eine Absperrung gab es hier nicht, doch ich hatte sowieso keine Höhenangst.

Ich hörte in die Stille hinein und schloss die Augen. Ein letztes mal Kanada geniesen.

Schritte kamen näher und reflexartig drehte ich mich um, um zu sehen wer es ist.
Es war Shawn, der eine Decke mitbrachte. Ich bekam nicht mit wie meine Haut sich langsam blau färbte, da ich so sehr fror. 
Er legte mir diese über die Schultern und setzte sich neben mich.

"Konntest du auch nicht schlafen?" fragte er. Er fragte es so ruhig und dennoch bekam ich Gänsehaut.
"Nein" flüsterte ich ohne meinen Blick von der Aussicht zu lösen.

"Willst du zurück nach Lousiana?" fragte er und sah in den Abgund runter.

"Ja, aber dich will ich viel mehr" flüsterte ich schwach und seuftzte.

"Erzähl mir von dort" sagte er und sah mich an. Seine Augen leuchteten, doch es war keine Spur von einen Lächeln. Ich konzentrierte mich auf seine roten vollen Lippen und dann fing ich an von Lousiana zu erzählen.

"Lousiana besitzt unzählige Flüsse und Sümpfe. Dort war ich früher so gerne mit meinen Eltern, bis ich dann aus dem Alter rauskam. Ich saß stundenlang vor dem Fenster und wartete bis die Sonne unterging. Es sind dort einfach die schönsten Sonnenuntergänge"
Gespannt hörte er mir zu und hörte nicht einmal auf mich anzusehen.

"Hailee hast du ja schon kennengelernt. Sie ist meine beste Freundin und immer für mich da. Sie wohnte in meiner Nachbarschaft. Wir telefonierten jeden Tag auch wenn ich einfach rüber gehen könnte" erzählte ich und lachte.

"Hört sich toll an" meinte er und stieg in mein lachen mit ein.

"Glaub mir, das ist es" erwiderte ich. Ich starrte gerade aus und bildete mir ein in Lousiana zu sein.
Shawn nahm meine Hand in seine und schaute mir in die Augen.

"Du musst dort drüben dein Leben weiter leben! Vergiss mich und such dir jemanden, der dich so behandelt, wie du es verdienst" sagte er plötzlich.

"Was?" fragte ich ungläubig nach.
Erwartete er wirklich, dass ich, wenn ich wieder in Lousiana bin, mir einen Neuen suchen werde?

"Nein" meinte ich nur und sah ihn immernoch ungläubig an.

"Charlie, du kannst dein Leben nicht mit mir verschwenden" sagte er immernoch mit ruhiger Stimme und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel.

"Du denkst ich verschwende meine Zeit mit dir?" fragte ich nochmal nach.

"Hör zu. Ich werde dich niemals vergessen können. Ich werde dich immer lieben" flüsterte er, um die anderen nicht aufzuwecken.

"Und ich soll dich einfach so aufgeben. Das kann doch nicht dein Ernst sein" sagte ich immernoch laut.

Ich glaubte ihm kein Wort, was aus seinem Mund kam.
Irgendjemand hat ihm doch was eingeredet.

"Ich weiß, dass du sowas nie sagen würdest" meinte ich.

"Charlie sei doch mal realistisch. Du wirst dein Leben damit verschwenden mir hinter her zu trauern und wirst die ganzen tollen Dinge verpassen" meinte er. Ich konnte ihn einfach nicht ernst nehmen.

Ich stand auf und wollte gehen.

"Charlie! Bleib hier" rief mir Shawn hinter her.
Doch ich hörte nicht auf ihn. Stattdessen wischte ich mir eine Träne weg und ging zurück in das Zelt.
Verrückter Abend.

him | s.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt