Part 12

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Magnus saß auf einer Bank und blickte zum gefühlt hundertsten Mal auf seine Armbanduhr. Die Zeigen schoben sich nur ganz langsam voran und strapazierten die Nerven des Hexenmeisters.
Alec würde ihr Date nicht vergessen und zu spät kommen. Außerdem hatte der Schattenjäger noch Zeit und Magnus steigerte sich in die Panik, versetzt zu werden.
Bei jedem anderen wäre es ihm egal gewesen, aber bei Alexander war dies etwas anderes.
Je weiter die Zeit voranschritt, desto ungeduldiger wurde Magnus. Er kaute auf seiner Unterlippe herum und in seinem Kopf bildeten sich die schlimmsten Vorstellungen.
Alec, der plötzlich eine Mission erhalten hatte und nun auf Dämonenjagd war.
Alec, der von seiner Mutter zuhause eingesperrt worden war.
Alec, der kein Interesse mehr an ihm hatte und deshalb nicht kam.

„Magnus!"
Der Hexenmeister riss den Kopf hoch und konnte eine Gestalt erkennen, die auf ihn zu rannte.
Völlig außer Atem kam Alec vor der Bank zum Stehen und stütze sich auf seinen Knien ab.
Magnus sah, dass das Haar des Shadowhunters noch feucht war, er sein schwarzes Hemd falsch zugeknöpft hatte und die Schnürsenkel seiner Boots schlampig zusammengeknotet waren.
„Ich habe die Zeit völlig aus den Augen verloren. Als ich gemütlich unter der Dusche stand ist mir erst aufgefallen, dass ich keine Zeit mehr hatte. Hoffentlich hast du nicht zu lange auf mich warten müssen."
Magnus erhob sich, ein breites Lächeln war auf seine Lippen zurückgekehrt, als er Alecs Hemd ordentlich knöpfte.
„Keine Sorge Alexander. Wenn du zu spät gekommen wärst, hätte ich einfach gewartet." Der Hexenmeister überspielte seine unnötige Panik und fuhr Alec durchs feuchte Haar.
Auf magische Art trockneten die pechschwarzen Strähnen und der Schattenjäger schenkte seinem Date einen sanften Blick.
„Vielen Dank, Magnus."
„Mach deine Schuhe ordentlich zu nicht das du über deine Schnürsenkel stolperst, Alexander", riet der Hexenmeister lächelnd und sofort lief Alecs Gesicht rot an.
„Oh", meinte er und kniete eilig nieder, um seine Schuhe zu schließen.
Der Hexenmeister atmete die angenehme Abendluft ein und vertrieb die letzten, dunkeln Gedanken, ehe er wieder seine Aufmerksamkeit auf den Schattenjäger richtete.
„Also bist du bereit für unsere Verabredung, Alec?"
Der Shadowhunter nickte lächelnd und trat näher zu Magnus.
„Aber zuerst..."
Der Hexenmeister legte die Arme um Alec, als dieser die Initiative ergriff und seine Lippen mit denen des Warlocks verband.
„Begrüßt du mich nun immer so?", fragte Magnus mit rauem Ton in der Stimme, als sich ihre Lippen wieder voneinander trennten.
Alec schenkte dem obersten Hexenmeister von Brooklyn ein schiefes Grinsen, ehe er die Schultern zuckte.
„Lass dich überraschen, Magnus."

Mit einer Türe Popcorn in der Hand drängte Alec sich durch die enge Sitzreihe im Kinosaal. Magnus war dicht hinter ihm, hielt eine Portion Nachos in den Händen und trat versehentlich einem Mundie auf den Fuß.
Dieser jaulte auf, wurde aber sofort vom gesamten Publikum böse angeschaut und angezischt.
Der Hexenmeister wollte sich schon entschuldigen, als Alec ihn so leise wie möglich rief.
Mit zügigen Schritten lief er also weiter und ließ sich neben den Schattenjäger fallen, der es sich in seinem Sitz bereits bequem gemacht hatte.
Auch Magnus machte es sich bequem und schob sich eine Hand Popcorn in den Mund, als der Vorspann begann.
Ein merkwürdiges Phänomen war das schon. Beim Vorspann begann man sein Popcorn zu futtern und während dem Film hatte man keines mehr. Da man aber während des Filmes auch Naschen wollte, musste man wohl oder übel neues Popcorn kaufen gehen. Ob die Kino-Mafia deshalb so viel Werbung zeigte?
Magnus kicherte über seine Gedanken und erhielt einen fragenden Blick von Alec, jedoch wank er ab und blickte zur Leinwand.
Der Hexenmeister hatte sich für einen Monster-Horrorfilm entschieden, hatte er doch insgeheim die Hoffnung der Schattenjäger würde Angst bekommen und sich bei ihm anschmiegen.
Tatsächlich griff Alec im Dunkeln nach Magnus Hand und verschränkte ihre Finger ineinander. Ein warmes Gefühl breitete sich im Bauch des Hexenmeisters aus.

Als der Film zur Hälfte vorbei war schob sich ein Mann durch die enge Reihe und ließ sich neben Magnus sinken.
Der Hexenmeister riskierte einen gelangweilten Blick zur Seite.
Ein Mann mittleren Alters mit kurzgeschorenem Haar und dunklen Augen saß dort und ließ seinen Blick über Magnus wandern.
Das war definitiv kein Mensch, das roch der Hexenmeister.
„Willste nicht lieber nen richtigen Mann, Hübscher? Der is doch nurn halbes Hemd", meinte der Typ und Magnus rollte mit den Augen.
„Zieh Leine", meinte er leise und ließ den Kopf an Alecs Schulter sinken. Halbes Hemd? Was bildete sich dieser Typ überhaupt ein?
Der Mann vertrug offenbar die Abfuhr nicht, jedenfalls spürte der Hexenmeister im nächsten Moment eine schleimige Flüssigkeit über seine maßgeschneiderten Ferragamos fließen.
Alarmieret schnellte Alecs Kopf hoch, die entspannte Stimmung war verflogen. Gefahr lang in der Luft, nicht nur für ihn und Magnus, sondern auch für die anderen Mundies.
Der Typ hatte sich in einen Dämon verwandelt, der mit rasiermesserscharfen Klauen in Alecs Richtung zu hieben begann.
Die Menschen im Saal begannen zu jubeln, hielten das für einen speziell Effekt des Kinos.
Der Schattenjäger zog blitzschnell seine Seraphklinge, rief den Engelnamen „Malik" und das Engelsschwert glühte auf.
Der Dämon stürzte sich auf Alec, doch dieser durchbohrte ihn im nächsten Augenblick jedoch mit seiner Waffe.
Das abscheuliche Wesen brüllte ohrenbetäubend auf, ein Schwall Schleim ergoss sich über dem Schattenjäger. Der Dämon wurde zu Staub und kehrte in seine Dimension zurück.
Die Mundies applaudierten dem Nephilim, der von Magnus am Arm gepackt und mit schnellen Schritten aus dem Saal gezogen wurde.

Als die beiden Männer in der kühlen Abendbrise standen, hielt Alec sich die Hand vor den Mund. Eilig rannte er zu einer der am Straßenrand stehenden Mülltonnen und übergab seinen Mageninhalt in den Behälter.
Tränen brannten in den Augen des Schattenjägers. Er konnte sich nicht einmal den Mund abwischen, da von seinem Körper der Schleim des Dämons tropfte.
Wie hatte dieses schöne Date nur so Enden können?

Seen - Liebe auf den ersten Blick?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt