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Das raue Kratzen von Federn auf Pergament war das einzige, was zu hören war. Ab und zu hörte man auch das Husten eines Schülers oder das Scharren eines Stuhles.
Sie hatten Verwandlungsunterricht und mussten einen Aufsatz schreiben. Es war ziemlich ungewöhnlich, dass sie ihn während der Unterrichtszeit schrieben, aber Professor McGonagall würde schon ihre Gründe haben.

Nur konzentrierte Harry sich nicht wirklich auf den Aufsatz. Er schrieb flüchtige Sätze, deren Sinn nicht unbedingt tief gehend war. Er lauschte auf die wenigen Geräusche in dem Raum. Doch hörte er nicht, was er zu hören hoffte.
Wieder schrieb er einige Wörter. Der Text auf dem Blatt vor ihm wurde langsam länger, aber Harrys Verstand konnte seiner Tätigkeit nicht folgen.
Sein Blick wurde auf das Blatt neben ihm gelenkt. Ron schrieb nie besonders schnell, aber jetzt im Gegensatz zu Harry flog seine Feder förmlich über das Papier. Sie beide hatten sich zusammen auf diesen Aufsatz vorbereitet, hatten gefühlt die gesamte Bibliothek auseinander genommen. Harry hatte auch den gesamten Stoff gut draufgehabt. Wenn er sich jetzt konzentrieren würde, würde er einen einwandfreien Aufsatz schreiben. Aber er konnte es nicht. Er konnte sich nicht konzentrieren, denn er wartete. Er konnte seine Gedanken nicht von den Geräuschen im Raum lenken. Denn er wartete auf ein bestimmtes Geräusch - genauer gesagt auf-
»Potter«, unterbrach McGonagall seine Gedanken. »Blick auf dein eigenes Blatt«
Harry hatte gar nicht gemerkt, dass er noch auf Rons Blatt sah. Unterbewusst waren seine Augen den Wörtern gefolgt, die Rons schiefe Handschrift auf das Blatt zeichneten. Aber er hatte die Wörter angesehen, ohne sie zu lesen. Schnell blickte er starr auf das eigene Blatt und versuchte, seine eigenen letzten Worte zu verstehen und den Anschluss zu finden.

Und dann hörte er ein klackendes Geräusch. Harry wusste, dass es Fingernagel auf Tisch war. Es folgte ein weiteres Klopfen und noch eines. Eine Reihe von Klopflauten war entstanden. Harry war geübt. Er malte das letzte seiner geschriebenen Wörter nach, damit es den Anschein hatte, dass er schreiben würde. Immer dicker wurden die Buchstaben. Doch mit dem Kopf war Harry bei den Geräuschen. Er notierte sie in seinem Kopf. Eine lange Reihe an Klopflauten bildete sich vor seinem inneren Auge, identisch zu denen, die leise im Klassenraum zu hören waren.
Den anderen Schülern fiel es nicht mal auf, wenn, dann nur als nervöses Klopfen von Fingern auf der Tischkante. Doch natürlich wusste Harry es besser. Dracos Idee war super gewesen. Morsezeichen waren eine clevere Art gewesen, um sich verständigen zu können, ohne dass es anderen auffiel. Und Harrys und Dracos Beziehung war nun mal geheim, da war das Morsen wirklich super.
Das Morsealphabet hatten sie beide sehr schnell gelernt. Am Anfang hatte Harry sich noch jeden Klopfton notieren müssen und oft hatte er auch die langen und kurzen nicht unterscheiden können. Doch mittlerweile waren sie wirklich geübt. Harrys Kopf konnte endlose Ketten der Töne bilden, die Draco ihm sandte. Und das Übersetzen ging wie von selbst.
Die Klopflaute endeten. Eine lange Reihe von Punkten und Strichen hatte sich in seinem Kopf gebildet. Und wie automatisch schoben sich Buchstaben vor die Zeichen und ein Satz bildete sich.

Na, schon fertig?

Harry seufzte. Kurz überlegte er, dann begann er mit seinem Zeigefinger einen Rhythmus auf den Tisch zu bringen.

Noch lange nicht.

Dracos Antwort kam schnell.

Dann will ich dich nicht länger stören.

Und als Harry dachte, dass das alles gewesen wäre, folgten ein wenig verzögert noch zwei Worte.

Mein Liebling.

Harry ignorierte seine Vernunft und drehte sich grinsend um. Er musste Dracos Blick nicht suchen, denn der lag schon lange auf ihm. Die grauen Augen strahlten ihn an und Harry fühlte sich augenblicklich wunderbar. Er formte belustigt ein ››Liebling‹?‹ mit den Lippen, was Draco noch mehr strahlen ließ.
Um aber niemanden auf sich aufmerksam zu machen, drehte Harry sich dann wieder um.
Mit einem Lächeln senkte er seinen Kopf wieder über das Geschriebene. Er konnte sich jetzt wunderbar auf den Aufsatz konzentrieren.

Drarry OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt