Leise

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Ich kann noch OneShots schreiben, die weniger als 8000 Wörter haben?? Wusste ich auch nicht.

Aber ich habe Valentinstag verpasst und deswegen gibt es dieses Jahr keinen ValentinstagsOS, aber das hier als Entschädigung :)

(!! Wenn ihr die Möglichkeit habt, hört euch bitte eine Dauerschleife von irgendeiner Piano-Version von Greensleeves während des Lesens an!!)

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Harry hätte wissen sollen, dass der nächtliche Himmel zu schwarz war, um real zu sein. Das Gras zu seinen Füßen war zu weich, die Nacht zu warm und still. Nichts von dem war echt und Harry hätte es wissen müssen.

Aber so funktionierten Träume, nicht wahr?

Harry hatte bisher nie begriffen, dass der Mensch in diesen Momenten am stärksten manipuliert wurde. Durch sich selbst. In Träumen glaubte man alles. Alles.
Und dadurch wurde man absolut angreifbar. Das perfekte Ziel für die eigenen Ängste.

Der Himmel war zu schwarz, aber Harry merkte es nicht. Alles, worauf er achtete, waren die zwei Menschen, die unter dem Baum einige Meter entfernt von ihm standen. Die Blätter an den Ästen der gewaltigen Krone waren zu starr.

Harry lief schnell hinüber zu dem Baum, denn er wusste, wen er sah. Lily und James Potter lächelten, die Tränen in ihren Augen schimmerten im Licht des Mondes. Harry merkte nicht, dass kein Mond am Himmel stand.

»Harry«, Lily hielt ihm ihre Hand entgegen. James tat es ihr gleich. Harry legte seine Hände in die seiner Eltern. Lilys Haar war zu rot in der dunklen Nacht, die Augen seines Vaters zu leuchtend braun.

»Mum, Dad«, Harry bemühte sich, seine Tränen hinunterzuschlucken. Es gelang ihm nicht, aber es war ihm egal. »Ich bin so froh, euch zu sehen. Wieso seid ihr hier?«

Lily wischte mit ihrer freien Hand die Tränen ihres Sohnes von seinen Wangen. Harry fiel nicht auf, dass sie sofort trocken waren.

»Wir wollten dich sehen, Liebling.« Lily strich ihm ein paar Haare aus der Stirn. Harry hinterfragte die Tatsache, dass keine Narbe seine Stirn zerschnitt, nicht.

»Komm her, Harry.« James zog ihn an sich, Harry schmiegte sich in die Arme seiner Eltern und schluchzte leise.

Irgendwann fiel Harry dann doch etwas auf. Die Hände seiner Eltern waren plötzlich kalt. Er lehnte sich ängstlich zurück. Seine Eltern, deren Gesichter eben noch geleuchtet hatten, waren zu bewegungslosen Masken von Leichen geworden.

Wieder schluchzte Harry und wich zurück, aber wie steinerne Fesseln hielten die zwei eiskalten, toten Hände ihn fest.

»Du hast uns getötet, Junge.«, schallte Lilys Stimme rostig durch die Nacht, obwohl ihr Mund geschlossen war.

»Du weinst, weil du einsam bist. Und niemanden hast. Du konntest uns so wenig helfen, wie wir dir nun helfen können.« Harry starrte tränenüberströmt in das unbewegte Gesicht seines Vaters.

»Bitte, ich liebe euch, ihr-« Harry konnte nicht beenden, was er sagen wollte, denn plötzlich lösten sich die Körper seiner Eltern langsam in Luft auf.

Als Harry nach einigen Sekunden komplett alleine auf der Wiese unter dem Baum stand, wandte er sich um und rannte davon, ein hoffnungsloser Schrei verließ seine Kehle. Die endlose Einsamkeit, die nun blieb, war noch tausendmal schlimmer als im Griff seiner toten Eltern gefangen zu sein.

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Aufzuwachen war noch schrecklicher als das verzweifelte Rennen durchs Gras. Denn als Harry mit viel zu schneller Atmung und tränennassen Wangen die Decken seines Bettes in Hogwarts unter seinen Fingern spürte, war das Gefühl der hoffnungslosen Einsamkeit noch da, aber jetzt befand er sich in der Realität.

Drarry OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt