Kapitel 20

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Leicht geknickt sitzen wir wieder in dem geklauten Passat vor Magnus' Quartier. Wir sind genau in Magnus Falle getapt. Jetzt hat er uns genau da, wo er es haben will. Solange er Linda und Victor in seiner Gewalt hat, sind wir machtlos. Eine Befreiungsaktion ist zu Riskant und Lukas kann im Moment auch nichts mehr ausrichten. Wer weiß ob Magnus ihn nicht auch schon eingesperrt hat. Es bleibt uns also nur noch eine Möglichkeit. Wir brauchen Unterstützung. Wir müssen Magnus mit etwas überraschen, worauf er überhaupt nicht gefasst ist. Wenn wir Hilfe hätten, könnten wir gegen ihn ankommen. Oder zumindest etwas gegen ihn ausrichten. ,,Und jetzt?" unterbricht Lucy plötzlich meine Gedanken und blickt mich an. Abwesend schaue ich aus dem Fenster und überlege einen Moment, ehe ich antworte: ,,Naja, jetzt kennen wir seinen Plan, aber er nicht unseren." Ich schenke ihr ein vielsagendes Lächeln und lehne mich in den Sitz zurück. ,,Und was ist unser Plan?" fragt Lucy, nun ein wenig verwirrt. ,,Wir brauchen Unterstützung," erwiedere ich bloß nachdenklich, ,,haben deine Eltern nicht irgendwelche Kontakte oder Freunde?" Lucy schaut einen Moment lang nachdenklich auf das Autoradio, aus dem leise die Melodie von 'changes' zu hören ist, ehe sie meint: ,,Keine, die mir wirklich bekannt sind. Aber Dad hatte früher immer so ein kleines schwarzes Notizbuch, in das er alle seine Telefonnummern und Adressen aufgeschrieben hat. Wenn wir das finden würden, kämen wir bestimmt weiter." ,,Gut also fahren wir dann zurück zum Haus," beschließe ich knapp und blicke wieder zu Lucy, die mir als Antwort nur ein kleines Nicken gibt. Wenn wir ein paar von Victor's Freunden, davon überzeugen, sich uns anzuschließen, könnten wir Magnus überwältigen. Ich habe da auch schon so eine Idee wie, aber das klären wir alles später.

Ein paar Stunden und etliches Rumgegurke später, stehen wir endlich vor der Haustür des Hauses, mit dem alles begann. Mein neues Leben, zwischen Schattenwesen, magischen Portalen und Schlüsseln zur Unterwelt. Das alles begann mit der Ankunft in diesem Haus. Mit einem Ersatzschlüssel, den wir in einem Blumentopf fanden, können wir schließlich die Tür öffnen. Lucy stürmt sofort an mir vorbei und hinein ins Wohnzimmer. ,,Es sieht alles noch genauso aus wie früher," höre ich sie aus der Küche rufen. Ein Lächeln umspielt meine Lippen, als ich zu ihr in die Küche stoße. Sie blickt sich immer noch erstaunt um und fährt ungläubig mit den Fingern über die schwarze Arbeitsplatte. Für sie muss es ein unglaubliches Gefühl sein, das Alles nach der ganzen Zeit wieder zusehen. ,,Und wo denkst du sollen wir das Notizbuch finden?" frage ich sie, als sie wieder zu mir blickt. Ihr Lächeln weicht für einen Moment einem nachdenklichen Blick, ehe sie erwiedert: ,,Weiß nicht. Ich denke ich fange einfach mal hier an zu suchen und du oben in dem Arbeitszimmer von meinem Vater." Ich stimme ihr mit einem leisen "ok" zu und mache mich auf den Weg nach oben. Ich war noch nie in Victor's Arbeitszimmer. Einmal konnte ich einen kurzen Blick erhaschen, als Victor für einen Moment die Tür öffnete, doch mehr als ein Schreibtisch mit akkorat gestarpelten Papieren, ist mir auch nicht ins Auge gefallen. Gedankenversunken schlendere ich durch den Gang und bleibe ganz von allein vor meiner alten Zimmertür stehen. Vorsichtig drücke ich die Türklinke runter und werfe einen Blick in mein Zimmer. Es sieht noch genauso aus, wie ich es verlassen habe. Die Bettdecke ist zur Seite geschlagen und zerwühlt. Eine Jogginghose und ein Top, welche ich durch die plötzliche Flucht nicht mehr mitnehmen konnte, liegen zerknittert auf dem Rand des Bettes. Mein Blick wandert hinüber zum Fenster und nach draußen in den Wald. Ganz von selbst tragen mich meine Füße zum Fenster und ich blicke in die Bäume. Hier habe ich oft Abends gestanden und den nächtlichen Wald beobachtet. Auch wenn dieses Haus nur für ein paar Wochen mein Zuhause war, es war das Einzige, dass ich seit einer langen Zeit hatte. ,,Das war mal mein Zimmer," murmelt plötzlich eine verträumte Stimme hinter mir. Erschrocken drehe ich mich um und sehe Lucy im Türrahmen stehen. ,,D-das wusste ich nicht," stottere ich unsicher vor mich hin und schaue auf den Boden. ,,Nein, das ist schon ok. Ich bin froh, dass es nun dir gehört," erklärt sie mir lächelnd und blickt sich weiter um. Ich schenke ihr ein zurückhaltendes Lächeln, doch tief in meinem Inneren, erinnere ich mich wieder daran, dass ich nicht in diese Familie gehöre. Ich passe nicht hier rein, sobald das mit Magnus überstanden ist, wenn wir das überhaupt schaffen werden, muss ich mich um mein eigenes Leben kümmern. Aber wie soll ich ohne Geld oder Ausweis zurecht kommen? Ich bin ja noch nicht mal Volljährig. Aber ich könnte es nicht ertragen wieder zurück ins Heim zu müssen, lieber würde ich mich irgendwie auf der Straße durchbeißen. Ich will nie wieder in dieses Loch zurückfallen, dass mich in meiner Vergangenheit festhält und immer wieder mit Verzweiflung überschüttet. Das könnte ich nicht nochmal ertragen. ,,Unten ist Nichts. Sollen wir jetzt mal im Arbeitszimmer nachschauen?" fragt Lucy plötzlich und lässt mich aus meinen Gedanken hochschrecken. ,,Ähm, klar," gebe ich zögernd von mir und folge ihr aus dem Zimmer.

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