Kapitel 17 - Dieletzten Schritte I
14:11 Uhr, Zerfallener Sektor
„Was habt denn ihr gemacht?", fragte Andrew, als ich das Handtuch fing, dass Jason mir zu warf, und mich darin einrollte. Der Blonde vor mir sah fragend von mir zu Jason und wieder zurück. Wir standen beide mit pitschnassen Klamotten vor ihm.
„Geht dich ja eigentlich nichts an", murmelte Jason, „aber, wenn du es unbedingt wissen willst, wir waren schwimmen."
„Ihr ward schwimmen?", wiederholt er. „Warum?"
Ich schüttelte nur den Kopf und ließ Andrew stehen. So wie ich ihn kannte, würde er es eh nicht verstehen.
Matthew, der gerade die Empore kam, warf mir nur einen vielsagenden Blick zu und wandte sich dann an Jason und Laurin. „Wenn wir Thomas finden wollen, müssten wir uns ins Netzwerk von Racket hacken. Bekommt ihr das hin?"
„Racket Netzwerk?", wiederholte Jason mit hochgezogenen Augenbraunen. „Keine Ahnung."
„Wenn wir ein Gerät bekommen, dass einmal mit dem Netzwerk verbunden war, es reicht auch, wenn es eine minimale Zugriffsberechtigung hat", überlegte Laurin, „müssten wir eigentlich mit ein bisschen Arbeit Zugriff darauf bekommen."
„Und wie wollen wir an so ein Gerät kommen?", warf Jason ein. Das er immer noch gegen diesen Plan war, merkte man ihm deutlich an. Hilfreich war er nämlich gerade nicht.
„Reicht es auch, wenn mein ID-Band einmal kurz mit einem Racket Gerät verbunden war?", schaltete ich mich in das Gespräch ein.
Laurin überlegte kurz und nickte dann. „Ja, dass sollte reichen."
„Wenn ihr mir ein bisschen Zeit gibt, besorge ich euch ein Gerät."
Gut zwei Stunde später stand ich auf der Hauptstraße im Alpha Sektor und lief gelassen an den Läden vorbei, während mein Blick über deren Auswahl schweifte. Mein Ziel waren die Kontrollen der Regierung, die ungefähr zwanzig Meter vor mir abgehalten wurden. Nathan hatte mich vorhin angerufen und mich gebeten, ihm die Fotos von den Mails zwischen Tresher und dem Racket Wissenschaftler, die wir damals bei unserem Einbruch in das Labor gemacht hatte, zu schicken. Dafür hatte er mir erzählt, dass er von einer seiner Quellen wusste, dass die Regierung Racket Polizisten im Alpha Sektor als Verstärkung zu den Kontrollen hinzugezogen hatte.
Ich wandte mich nun von den Kontrollen ab und schloss mich unauffällig einer Gruppe Passanten an, die an von den Polizisten zu Kontrolle aufgehalten wurden. Warum die Regierung im Alpha Sektor so stark kontrollierte, war mir noch nicht ganz klargeworden.
„Ihr Ausweis, bitte", wandte sich einer der Polizist an mich, als ich an der Reihe war. Ihr nahm den kleinen Chip aus meiner Jackentasche und reichte ihn ihm. Er steckte ihn in das Lesegerät und betrachtete kurz den Personalausweis, eh er ihn mir wiedergab. Er leichtert atmete ich unauffällig aus. Er hatte nicht bemerkt, dass der Ausweis gefälscht war. Jason hatte mit Matthews Hilfe die letzte Stunde daran herumgebastelt und hatte schließlich einen täuschungsechten Ausweis erstellt.
Ich ging ein paar Schritte weiter und rempelte mit Absicht den anderen Racket-Polizisten an, ließ es aber so aussehen, als wäre ich gestolpert. Der Polizist ließ vor Schreck das Tablet fallen, mit dem er die Chips las. „Tut mir leid", murmelte ich entschuldigend und bückte mich schnell, um das Tablet aufzuheben. Während dessen drückte ich kurz mein Handgelenk mit dem ID-Band dagegen, eh ich es hm wiedergab. Mit einem letzten entschuldigenden Blick setzte ich meinen Weg fort. Schnell machte ich mich aus dem Staub, bevor noch irgendwas dazwischenkam. Das war einfacher, als ich gedacht hatte.
Jason empfing mich in der Lagerhalle mit einem skeptischen Blick. „Ich frage jetzt mal nicht, wie du das geschafft hast." Ich reichte ihm grinsend mein ID-Band und er ging kopfschüttelnd zu Laurin, um sich an die Arbeit zu machen.
09:32 Uhr, Zerfallener Sektor
„Ichhab's!", rief Laurin quer durch die Halle und ließ mich aus dem Schlafaufschrecken. Müde reckte ich mich ausgiebig, eh ich mich aus der Deckebefreite und aufsetzte. „Was hast du?", gähnte ich und lehnte mich an die Wand,an der meine Matratze lag. Matt, der an dem Tisch saß, sah ebenfalls fragend zuLaurin, während Jason einfach weiterschlief. Seufzend verdrehte ich die Augen,als mein Blick auf ihn viel. Jason würde sogar weiterschlafen, wenn irgendwoeine Bombe einschlug.
„Ich weiß wo Thomas ist", meinte Laurin aufgeregt und wandte sich wieder seinemLaptop zu. „Er ist noch im Racket HQ, soll aber in zwei Tagen in ein Gefängnisder Regierung verlegt werden." Er hatte die letzten zwei Tage mit Jasonununterbrochen daran gesessen, sich in das Racket Netzwerk zu hacken, ohneentdeckt zu werden.
„Dann müssen wir während der Verlegung zuschlagen", meinte Andrew, der geradedie Empore hinaufkam. Wo er gewesen war, wusste ich nicht.
„Dafür müssten wir aber wissen, wo der Gefangenentransporter entlang fährt",murmelte Jason. Überrascht sah ich zu ihm. Er war ja doch wach.
„Hast du irgendetwas darüber?", fragte Matt. Laurin hob kurz die Hand, um ihmzu signalisieren, dass er einen Moment warten soll. Ungefähr zwei Minutenspäter, in denen mit fast wieder die Augen zugefallen waren – vielleicht hätteich dies Nacht nicht durch die Stadt streifen sollte – ließ Laurin enttäuschtdie Schultern sinken. „Nein, darüber stehet hier nichts. Wie es aussieht,wissen nur die höheren Agenten darüber Bescheid."
„Super", murmelte ich sarkastisch und ließ mich zurück ins Kissen fallen. Ichhörte ein verächtliches Schnauben von Jason. Eigentlich wartete ich nur auf dasberühmte: Ich habe doch gesagt, dass das alles Sinnlos ist. Eigentlich kam ineiner solchen Situation immer so etwas von ihm.
„Ich werde mal mit Torby sprechen", teilte Andrew uns mit. „Vielleicht wissendie Rebellen ja mehr als wir."
Ich schloss die Augen und wollte mich gerade wieder umdrehen, um weiter zuschlafen, als ich am Arm gepackt und hochgezogen wurde. „Was?", blaffte ichAndrew an.
„Du kommst mit", grinste er.
Genervt sah ich ihn an und entwindet meinen Arm aus seinem Griff. „Du kannstmich mal. Ich werde jetzt weiterschlafen. Nimm doch Laurin mit."
„Geht nicht. Ich versuche an mehr Infos zu kommen", vernichtete Laurin meineaufflammende Hoffnung, doch noch etwas Schlaf zu bekommen. Mein Blick wandertewieder zu Jason, aber ihn und Andrew konnte ich wohl kaum zusammen alleinelassen. Das würde momentan zu einer mittelgroßen Katastrophe führen. Ok,vielleicht auch zu einer großen.
„Kannst du nicht alleine fahren?"
Andrew sah mich noch immer belustigt an. „Nö."
„Warum denn nicht?" Geschlagen schnappte ich mir meine Jacke vom Stuhl, auf demMatt saß und griff dann nach einer Wasserflasche, um noch etwas zu trinken.
„Darum!", bekam ich nur als Antwort, als Andrew bereits die Treppe der Emporehinunterging.
„Das ist keine Antwort, sondern eine Wegbeschreibung", murrte ich und bekam vonMatt nur noch einen belustigten Blick zu geworfen, als ich dem Blonden folgte.Unten stieg ich miesgelaunt in den Pickup und zog geräuschvoll die Tür hintermir zu. Augenblicklich lehnte ich den Kopf gegen die Scheibe und schloss dieAugen.
„Was hast du dies Nacht gemacht?", fragte Andrew lachend, als er den Motorstartete. „Geschlafen sicherlich nicht."
„Ich konnte nicht schlafen und bin dann ein bisschen in der Stadt rumgelaufen",murmelte ich und unterdrückte ein Gähnen.
„Und unter ein bisschen verstehst duwas?" Er fuhr vom Firmengelände herunter und fuhr nach Süden Richtung DeltaSektor.
Ich zuckte mit den Schultern. „Vielleicht drei Stunden oder so." Nach einembelustigten Schnauben seinerseits verfielen wir in Schweigen, was mir nichtganz ungelegen kam.
Ungefähr zwanzig Minuten später hielten wir an einem großen Gebäude im DeltaSektor. „Warum rufst du Torby nicht einfach an?", fragte ich, als ichausgestiegen war und das Gebäude musterte. Bestimmt war das wieder ein RebellenZugang wie in dem Hotel.
„Weil ich mir nicht sicher bin, ob Racket überwachen kann, wen wir anrufen."
Irritiert sah ich ihn an. „Ich telefoniere aber auch mit Nathan."
„Die Regierung kennt Nathan nicht. Sie wissen also nicht, dass er ein Rebellist. Bei Torby aber schon." Er drückte die Eingangstür auf. „Ich will das nichtriskieren."
Ich sah mich um. Wir standen in einer Eingangshalle einer Werbefirma. Fragendwanderte mein Blick zu Andrew, der aber zielsicher auf einen derSicherheitsbeamten zu ging. Dieser stand seitlich in Raum und beobachtete uns,als wir auf ihn zu traten. Er schien Andrew zu kennen, der er nickte ihm zu undschloss die Tür auf, vor der er stand.
„Ich finde es beeindruckend, wo die Rebellen überall ihre Verstecke haben",meinte ich, als die Tür hinter uns wieder geschlossen war.
„Das ist es wirklich. Das hier ist eins der wichtigsten Verstecke, abgesehenvon ihrem HQ."
„Warst du da schon mal?"
Andrew schüttelte den Kopf und führte mich eine Treppe hinauf. Bis jetzt hatteich hier in dem Versteck noch niemanden gesehen, aber als wir oben waren,schlugen uns mehrere Stimmen entgegen.
Als wir in einen großen Raum eintraten, der mit hochmoderner Technikeingerichtet war, entdeckte ich Torby und Nathan, die sich wütendgegenüberstanden.
„Nein, Nathan", knurrte Torby gerade. „Wir halte uns an Calebs Anweisungen,verstanden? Wir werden noch nichts gegen die Regierung unternehmen. Bei Rackethabe ich kein Problem damit. Und was Aiden tut, ist mir auch relativ egal. Erund seine Rebellengruppe können machen was sie wollen. Mit dem kann Caleb sichherumschlagen. Aber wir..."
Der schwarzhaarige Mann, der bei den beiden stand, unterbrach sie. „Wir habenBesuch", mit einer Kopfbewegung deutete er zu Andrew und mir. Torby und Nathan verstummtenund drehten sich zu uns herum.
„Hallo, Andrew. Jin", begrüßte Torby uns. Nathan nickte uns bloß zu und lehntesich mit einem genervten Blick zu Torby an die Konsolen hinter ihm. Derschwarzhaarige flüsterte ihm irgendwas zu, worauf Nathan nur die Augenverdrehte.
„Habt ihr irgendetwas neues über Racket?", fragte Torby. Anscheinend wareninzwischen auch die Rebellen an Racket interessiert.
„Wir wissen, wo Thomas Mitchall festgehalten wird", erklärte Andrew und trat zuden dreien. „Er wird in zwei Tagen vom Racket HQ in ein Regierungsgefängnis imBeta Sektor verlegt."
„Und ihr wollt ihn befreien", erriet Nathan. Ich nickte.
„Warum?", mischte sich der schwarzhaarige ein.
„Wir brauchen Thomas, wenn wir Racket davon abhalten wollen, noch mehr TVIs zuerschaffen", erklärte ich, nachdem ich mich umgeschaut hatte und feststellte,dass außer uns niemand im Raum war. Der schwarzhaarige schien eingeweiht zusein, denn er sah nicht überrascht aus.
„Wisst ihr, wo der Gefangenentransporter lang fährt?", fragte Torby.
Andrew schüttelte den Kopf. „Nein, deshalb sind wir hier. Ich wollte euchfragen, ob ihr etwas darüber herausfinden könnt."
„Alain." Torby sah den schwarzhaarigen erwartungsvoll an.
„Ich kümmere mich drum", antwortete dieser und griff nach einem Tablet.
„Wie wollt ihr eigentlich Racket daran hindern, mehr TVIs zu erschaffen?" Torbyverschränkte die Arme vor der Brust.
„Tja, das wissen wir auch noch nicht", murmelte ich und verdrehte die Augen zuAndrew. Dieser sah mich aus dem Augenwinkel genervt an. „Wir überlegen unsschon was."
„Dieses Mal bitte was, was nicht damit endet, dass ich in einer Zelle sitze",knurrte ich.
Andrew stöhnend die Schultern sinken. „Ich hätte dich echt schlafen lassensollen. Deine Laune ist heute ja kaum auszuhalten."
„Selber schuld", murrte ich nur.
Torby beobachtete unseren Schlagabtausch belustig, während Nathan lachte. „Diebeiden könnten ja dich und Alain toppen", meinte der stellvertretendeRebellenanführer kopfschüttelnd zu Nathan. Alain, der neben Torby stand undimmer noch konzentriert auf das Tablet starrte, boxte ihm gegen die Schulter.„So schlimm sind Nathan und ich gar nicht."
Ich sah, wie Torby zu einer Erwiderung ansetzte, als Nathan schnell dazwischenging. „Ihr TVIs plant irgendwie nur bis zu eurem nächsten Einsatz, kann dassein?", wandte er sich wieder an uns.
„Seine Schuld", ich deutete auf Andrew, der mir einen finsteren Blick zuwarf,den ich schaffte haargenau zu imitieren.
„Unsere Prioritäten liegen im Moment dabei, Thomas zu befreien, damit wirSchritt 2 durchführen können", antwortete er dann Nathan.
„Schritt 2. Also plant ihr ja doch weiter. Ich dachte schon, ihr könnten mitdem da mithalten", grinsend deutete Nathan mit einer Kopfbewegung zu Alain.
„Siehst du", mischte Torby sich lachend ein. „Genau das meinte ich gerade."
„Na wenigsten hat Nathan sich wieder abregt", murmelte Alain und bekam dafüreinen bösen Blick von besagtem dunkelblondem Rebell, eh er das Tablet weglegte.„Unser Spion bei Racket versucht an die Strecke zu kommen und gibt es dann anuns weiter."
Torby nickte. „Gut. Wir melden uns dann bei euch, sobald wir was haben. Abermal zu was Anderem. Der Leiter von Luxanus, Matthew Alcris, ist er bei euch?"
„Ja. Wieso?", fragte ich irritiert.
Torby stützte sich mit beiden Armen auf dem Tisch in der Mitte ab, in dem einProjektor für Hologramme eingebaut war. „Wir haben folgendes Problem. WennLuxanus nicht bald wieder geöffnet wird, wird der Sektor einer anderenOrganisation zugeteilt. Wenn wir Glück haben, übernimmt Nechus ihn. Wenn wirPech haben, Hytrilia."
„Hytrilia ist eine Splittergruppe von Racket", fügte Nathan hinzu. „Offiziellsind die eigenständisch, aber so gut wie jeder weiß, dass Tresher Hytrilia auchleitete. Wenn sie den Luxanus Sektor übernehmen, bekommt Tresher damitautomatisch mehr Macht."
Andrew sah zu mir. „Wir müssen Lux wieder aufbekommen."
„Was du nicht sagst", murmelte ich. „Aber falls dir nicht aufgefallen ist: Mattmuss im Moment untertauchen, gegen Thomas liegt ein Haftbefehl der Regierungvor und gegen uns vermutlich inzwischen auch."
„Wartet mal", unterbrach Nathan mich, eh ich mich weiter in Rage reden konnte.„Matthew wurde von Xernox gefangen genommen. Hat er eigentlich erzählt, warum?"
Oh, stimmt ja. Wir hatten die Rebellen über die neusten Entwicklungen noch garnicht informiert. „Es war Racket, die das Lux HQ angegriffen hatten. Allerdingshat sich auch Xernox eingemischt und sie haben Matt während des Angriffesgefangen genommen. Thomas haben sie dann die Schuld für den Angriffuntergejubelt, damit Racket nicht darauf kommt, dass Xernox Matthew hat. DenMatthew hat das meiste Wissen über den T-Virus. So konnte Racket alledings anuns rankommen, um uns unter Kontrolle zu haben und mehr TVIs zu erschaffen."
„Habt ihr Beweise, die man der Regierung vorlegen könnte?", fragte Torby. „Wennja, könnten wir dafür sorgen, dass Tresher augenblicklich seines Amtes enthobenwird."
Ich schüttelte frustriert den Kopf. „Leider nein."
Nathan seufzte. „Wäre ja auch zu schön gewesen."
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SKYLINE - Aufstand
Science FictionTeil 1 der Skyline Reihe. Ein Technischer Virus, der ihr Leben rettete. Ein Technischer Virus, der die tödliche Genmutation in ihren Zellen aufhielt und ihr ein Leben ermöglichte. Aber dieses Leben wird nie ein normales sein. Seit dem Moment, seit...