Kapitel 5 - Ein erster Verdacht

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Kapitel 5 - Ein erster Verdacht

11:03 Uhr; Hauptquartier von Luxanus

Mit einem lauten Scheppern schlug das Messer gegen die Zielscheibe und viel dann zu Boden, woraufhin Laurin frustriert schnaubte. Normaler Weise hätte ich ihn jetzt damit aufgezogen, dass er nach über neun Jahren Training es eigentlich schaffen sollte, ein Messer ordentlich zu werfen. Aber meine Gedanken waren bei ihm, sondern schweiften immer wieder zu Jason. Matthew hatte noch nicht gesagt, ob es ihm gelungen war, das Antiserum herzustellen. Er musste es schaffen. Ich würde nicht wissen, was ich ohne Jason tun sollte. Natürlich hatte ich auch zu Laurin und Andrew ein sehr gutes Verhältnis, aber meine Freundschaft zu Jason war schon immer stärker gewesen. Jason musste dieses Serum überleben. 

Ein weiteres Messer zischte durch die Luft, welches diesmal beinah in der Mitte der Zielscheibe stecken blieb und mich aus meinen Gedanken riss. Anerkennend nickte ich. „Nicht schlecht." Laurin, der das Messer geworfen hatte, griff bereits nach dem nächsten. Er hatte aus Langeweile den Abstand zur Zielscheibe um fast zehn Meter des sonstigen Abstands erhöht. Das nächste Messer landete eher weiter außen. 

„Lass mich mal", ich beugte sich auf dem Tisch, auf der ich saß vor und angelte mir ein Messer von dem anderen Tisch.
Laurin warf mir einen skeptischen Blick aus dem Augenwinkel zu. „Matthew sagte, du sollst nichts machen, bis deine Schulter und Handgelenk verheilt ist."
„Laurin, meine rechte Schulter und mein rechtes Handgelenk sind verletzt. Und ich bin Linkshänder", erwiderte ich und warf das Messer. Dafür, dass ich es aus dem Sitzen geworfen hatte, landete es näher am Ziel, als ich gedacht hätte.
Laurin schlich sich ein Grinsen aufs Gesicht. „Dich kann man eh nicht aufhalten. Und dann bist du auch noch besser als ich. Angeberin."
Ich zuckte schmunzelnd mit den Schultern. „Tja. Übung macht den Meister."
Er schüttelte lachend den Kopf. „Pff..."
Ich wollte ihn gerade weiter sticheln, als mir was Anderes in den Kopf kam. „Ist Andrew eigentlich wieder zurück?"
Er warf ein weiteres Messer. „Seit halb drei dies Nacht. Gab wohl keine weiteren Zwischenfälle. Er schläft noch."
Ich nahm aus dem Augenwinkel wahrnahm, wie jemand die Trainingshalle betrat und drehte mich wieder zu Laurin. Ich verdrehte die Augen, als ich die Racket Wissenschaftlerin erkannte, die ich eh nicht leiden konnte. Ich sah Laurin an, wie er ein genervtes Stöhnen verkniff und das nächste Messer mit deutlich mehr Kraft warf.
„Ist irgendwas?", fragte ich Alexa, als diese bei uns stehen blieb. „Oder musst du wieder unser Verhalten studieren?"
Die blondhaarige ignorierte meine offene Abneigung und sah Laurin einen Moment zu, wie er weiter Messer warf. „Ich wollte eigentlich nur fragen, was Jason passiert ist."
„Woher weißt du überhaupt, dass etwas mit Jason ist?"
„Ich habe gestern Abend gesehen, wie er auf die Krankenstation gebracht wurde."
Laurin drehte sich zu ihr und sah sie gespielt geschockt an. „Interessiert dich das wirklich oder versuchst du dich nur einzuschleimen?"
Alexa seufzte und sah von ihm zu mir und wieder zurück. „Darf man nicht einfach mal nachfragen, ohne das ihr gleich ein Problem damit habt?"
„Wir haben vor allem damit ein Problem, wenn es denjenigen nichts angehet", erklärte ich und lehnte mich zurück gegen die Wand, an der der Tisch stand und winkelte die Beine an, ließ ein weiteres Messer zwischen ihren Fingern spielen.
„Mr. Tresher hat Recht, ihr habt echt ein Problem mit Vertrauen", murmelte Alexa.
„Wir vertrauen eben nur uns selbst, Matthew und Thomas. So wurde uns das von klein auf beigebracht. Sorry wenn du nicht dazu gehörst", Laurin zuckte nur grinsend mit den Schultern. „Und erwähn Tresher nicht, ich kann den Typ nicht leiden."
Ich warf das Messer auf die Zielscheibe. „Falls es dich wirklich interessiert, Jason hatte einen Unfall bei unserer letzten Mission. Wenn du nun so freundlich wärst, uns in Ruhe zulassen." Ich deutete mit einer Kopfbewegung auf den Ausgang.
Laurin warf mir einen belustigten Blick zu. Ich war ja nicht umsonst für meine Direktheit bekannt. Alexa sah mich nur genervt und feindselig an, eh sie sich tatsächlich umdrehte und die Halle verließ.
„Die geht ja echt", stellte Laurin etwas überrascht fest. „Ich dachte schon, wir werden die erstmal nicht mehr los."
Ich sah missbilligend auf die Stellen, wo die Wissenschaftlerin gerade verschwunden war. „Manchmal hilft eine direkte Aussage mehr als freundliches drum herumreden."
„Bis du damit an den falschen gerätst." Er ging zu der Zielscheibe und sammelte die Messer wieder ein, eh er sie alle auf den Tisch legte. „Ich habe keiner Lust mehr. Lass uns hochgehen."
Ich nickte und sprang von dem Tisch, woraufhin ich scharf die Luft einzog, als ein stechender Schmerz meine Schulter durchzog. „Verdammt", murmelte ich.
„Ich sag ja, du schaffst es noch die anderthalb Wochen auf drei Wochen zu erhöhen, wenn du so weiter machst", sagte Laurin kopfschüttelt, während wir zum Ausgang der Halle gingen. Ich stieß die schwere Glastür auf und warf ihm einen bösen Blick zu. „Sehr lustig."
„Ich finde diese Alexa ja irgendwie mehr als seltsam", flüsterte Laurin, nachdem er sich umgesehen hatte. „Ihre Art erinnert mich zu sehr an Tresher."
Ich nickte, während wir die Treppen hinaufliefen. „Vor allem finde ich, dass sie nicht wie eine Wissenschaftlerin wirkt. Ich meinte, Wissenschaftler können auch arrogant und selbstverliebt sein, sieht man ja an Tresher, aber sie wirkt einfach anders."
„Ist Tresher nicht eher ein Politiker?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Was weiß ich. Ich kann ihn nicht leiden, dass reicht mir."
Laurin nickte zustimmend und gab den Code an unserem Quartier ein, als wir diese erreichten. „Ich finde, wir sollten Alexa mal im Auge behalten."
Ich folgte ihm hinein und legte meine Lederjacke auf die Kommode, während mein Blick an Andrew hängen blieb, der auf dem Sofa im Hauptraum saß und einige Dateien durchforstete, die er auf dem Glastisch projizierte, in den ein Hologramm Projektor integriert war.
„Wieder wach?", fragte ich leicht grinsend.
Er sah mit hochgezogenen Augenbraunen auf. „Wenigstens habe ich jetzt nicht eineinhalb Wochen Trainingsverbot."
Ich seufzte genervt. „Kein Kommentar. Was machst du da?"
„Nur den Bericht von gestern Abend schreiben und versuchen herauszufinden, wer diese Typen waren."
„Hast du was gefunden?", ich setzte mich ihm gegenüber, während Laurin mit vor der Brust verschränkten Armen neben uns stehen blieb.
Andrew fuhr sich durch die blonden Haare. „Noch gar nichts. Wir haben auch keine Anhaltspunkte. Ich habe jetzt versucht irgendwas über die Überwachungskameras in der Nähe zu finden, hatte aber keinen Erfolg. Wer auch immer das war, die waren gut."
„Was ist mit dem Serum? Hast du da irgendwas gefunden?", fragte ich und ließ meinen Blick über die Daten schweifen.
„Nein."
„Allerdings können wir sagen, dass die Männer keine Anfänger waren. Dafür waren sie zu organisiert und sind zu strategisch vorgegangen. Hätte ich das Serum nicht durch Zufall in der Hand gehabt, wäre ich auch nie darauf gekommen, dass sie es auf uns abgesehen hatten und nicht auf die Transporter. Sie wollten gezielt uns das Serum verabreichen, haben es aber nur bei Jason geschafft", fasste ich zusammen.
Andrew nickte und sein Blick wanderte zwischen mir und Laurin hin und her. „Was ist los? Ihr seht irgendwie etwas genervt aus?"
„Alexa", war alles, was Laurin brummelte.
Der Anführer der TVIs zog die Augenbraunen hoch. „Was hat sie jetzt wieder angestellt?"
Mir schlich sich ein grinsen auf die Lippen, alleinschon wegen der Tatsache, dass Andrew direkt die richtigen Schlüsse zog. „Sie hat uns gefragt, was mit Jason ist, obwohl es sie ja wohl nichts angeht", Laurin ließ sich neben mir auf das Sofa fallen.
„Was hab ihr gesagt?"
„Er hatte bei einer Mission einen Unfall", antwortete ich. „Mehr muss sie nicht wissen."
„Mich hat sie das eben auch schon gefragt, als ich eben kurz unten war. Ich habe das gleiche geantwortet." Andrew sah nachdenklich auf die Daten vor sich.
„Warte, sie hat dich das auch schon gefragt und kommt dann mit derselben Frage zu uns, in der Hoffnung, wir würden mehr sagen?", wiederholte Laurin irritiert. „Warum interessiert sie das so sehr? Irgendwas stimmt da doch nicht."
„Was du nicht sagst", murmelte ich.
„Ich bin dafür, dass wir sie mal im Auge behalten. Ich kauf ihr und Tresher nicht ab, dass sie nur unser Verhalten erforschen soll", meinte Andrew.
„Warum soll eigentlich plötzlich jemand unser Verhalten studieren?"
Eh ich oder Andrew auf Laurins Frage beantworten konnte, wurden wir von einem Klingeln an der Tür unterbrochen. Laurin lehnte sich zurück, um an den Schalter an der Wand zu kommen. Als die Tür klickend aufsprang, trat Matthew in den Raum.
„Woher wusste ich, dass du hier auftauchen würdest?", meinte Andrew und schaltete die Hologramme auf dem Tisch aus.
Matthew musterte uns kurz und deutete dann auf den Tisch. „Was macht ihr da?"
„Die Mission von dies Nacht nochmal durchgehen", antwortete Andrew und sah ihn erwartungsvoll an.
„Ich bräuchte einen von euch dreien Mal im Labor zur Blutabnahme für das Anti-Serum für Jason", erklärte Matthew.
Andrew sah ihn fragend an. „Und das muss einer von uns sein?"
Ich verdrehte die Augen. „Für das Anti-Serum wird Blut gebraucht, das Jasons Körper annimmt und da wir drei die einzigen außer ihm sind, die die Gen-Mutation und das Techno-Virus haben, muss es das Blut von einem von uns sein."
Andrew sah fragend zu Matthew, der bestätigend nickte. „Schon mal darüber nachgedacht Wissenschaftlerin zu werden, wenn das mit der TVI nichts mehr ist?", fragte Laurin lachend.
„Also das war jetzt wirklich keine hohe Kunst", meinte ich trocken.
Matthew seufzte. „Leute, ich brauche nur einen von euch, von dem wir etwas Blut abnehmen können. Ist das so schwer?"
Die beiden Jungs warfen sich einen schnellen Blick zu, wähnend ich wiederholt die Augen verdrehte. „Ich mach's."

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