Kapitel 20

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Meine Lieben,

verzeiht, dass ich gerade so selten update, irgendwie bin ich zur Zeit recht einfallslos und faul, was das Schreiben angeht. Ist wohl ein Sommerloch. Zur Entschädigung gibt's ein etwas längeres Kapitel. Und die nächsten sind auch schon halb fertig 🙂 Außerdem habe ich für die TWD-Suchtis unter euch ein Easter Egg eingebaut- wer's findet, darf sich was wünschen 😉
Ich hoffe wie immer, dass ihr Spaß beim Lesen habt.

Fühlt euch geküsst und geknuddelt,
Katha

***

Dir Zeit verfliegt, wie die letzten warmen Tage. Sie verfliegt, wie das Laub, das sich immer bunter färbt, braun wird und dann von den Ästen segelt. Sie verfliegt, wie der erste Teil des Schuljahres, meine ersten Wochen an der Boushall, in denen so viel passiert ist, dass es mir vorkommt, als wären Jahre vergangen. Sie verfliegt, wie dunkle Gedanken, leise Zweifel und seltsame Vorahnungen.

Unglaubliche acht Wochen sind vergangen, seitdem ich meinen ersten Arbeitstag an der Boushall bestritten habe. Jetzt stehen zehn Ferientage bevor und ich habe sie bitter nötig, denn in den letzten Tagen habe ich gefühlte tausend Arbeiten korrigiert, unzählige Eltern-, Schüler- und auch Lehrergespräche geführt, Formulare ausgefüllt, Beurteilungen geschrieben.
Bevor ich Lehrerin geworden bin, dachte ich immer, dass der Unterricht im Vordergrund steht. Mit den Kindern interagieren, ihnen etwas beibringen.
Das stimmt aber nicht.
Der Unterricht an sich macht nur einen ziemlich kleinen Teil der Arbeitszeit aus. Schule ist unglaublich bürokratisch, für jeden Atemzug gibt es ein Formular. Die meiste Zeit füllt man ebendiese aus, telefoniert oder organisiert. Am Ende bleibt für das, wofür man eigentlich Lehrer geworden ist, nämlich das Unterrichten, am wenigsten Zeit übrig.

Aber ich will mich nicht beschweren, man wächst ja bekanntlich an seinen Aufgaben. Und ich habe das Gefühl, dass ich in den letzten Wochen unheimlich gewachsen bin. An dieser Schule, mit diesen Schülern und Kollegen muss man wachsen, sonst geht man sang- und klanglos unter. Mittlerweile habe ich mich gut eingelebt, habe nicht mehr das Gefühl, jeden Tag aufs Neue gegen Windmühlen zu kämpfen.
Und das ist mehr, als ich mir am Anfang erträumt hätte.

"Es wird etwas viel besseres haben: Zwei Mütter.", skandiert Scarlett inbrünstig und drückt Tiffany, die ihre Tochter 'Mary' spielt, an sich.
Ich rutsche auf meinem Stuhl hin und her, recke den Hals, damit ich besser sehen kann, mein Blick pendelt zwischen 'Bühne' und dem Text auf meinem Schoß hin und her.
Unsere modernisierte und an heutige Probleme angepasste Version von "Juno und der Pfau" nimmt langsam aber sicher Gestalt an.
Musik spielt ein, einer der Jungs dimmt unseren altersschwachen Scheinwerfer ab.
Wieder steht eine Szene.

Ich klatsche in die Hände, die Mädchen lösen sich aus ihrer Umarmung und die anderen kommen von verschiedenen Seiten herbeigeströmt.
Ich kann mir einen gewissen Stolz nicht verkneifen. In wenigen Wochen haben wir ein passables, nein, ein großartiges Theaterstück auf die Beine gestellt. Die Schüler sind über sich selbst hinausgewachsen, sie haben mit Feuereifer ihre Texte gelernt, Kostüme- und Bühnenbilder entworfen. Und wir reden hier von Schülern, die sonst höchstens ihre Handynachrichten lesen!
Ich bin so stolz auf diese Chaostruppe!

Ergriffen laufe ich auf die Jugendlichen zu und umarme sie einfach allesamt auf einmal. Mein spontaner Gefühlsausbruch ist ihnen nicht ganz geheuer, denn einige rücken etwas pikiert beiseite, aber das stört mich gerade nicht im Geringsten.
"Das war großartig!", rufe ich immer wieder entzückt, "Ihr macht das so toll!"
"Ms Manning...", murmelt Scarlett betreten, "So gut war's nun auch nicht..."
"Papperlapapp!", unterbreche ich sie barsch, "Ihr gebt euch so viel Mühe. Und ich sage: Das war großartig! Keine Widerrede!"
"Und Sie meinen, wir haben eine Chance?", hakt Keve nach. Auch er sieht eher misstrauisch aus.

Wenn morgen die Welt unterginge...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt