Kapitel 6

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"Du... hast es also nur vermutet? Du bist aber auch nicht mehr ganz dicht oder? Ähm... nicht böse gemeint. Aber... ähm... Was wäre gewesen, wenn du Unrecht gehabt hättest?", fragt Lucas und mustert mein Gesicht.

Ich ziehe meine Lippen zwischen die Zähne und fange an, an meiner Unterlippe herumzukauen. Aus Gewohnheit ziehe ich die Ärmel meines Pullis ein Stück weiter nach unten. Dann fange ich an, mit meinen Haaren zu spielen.

"Also... ähm... naja, das wäre dann verdammt peinlich gewesen. Aber ich hatte nunmal recht... Warum tust du das? Warum ritzt du dich, Lucas?", frage ich ihn und fange seinen Blick auf.

Ich muss die Wahrheit wissen. Und ich will nicht mehr allein sein. Es ist nicht nötig, dass er erfährt, dass ich es auch tue. Er muss diese Schwäche bei mir nicht sehen. Er muss nichts wissen. Er wird nicht mehr erfahren, als irgendjemand anders. Niemals.

Ich umschließe mein Handgelenk mit meinen Fingern, doch sofort rasen Schmerzen durch meinen ganzen Arm. Blaue Flecken und Schnitte. Perfekte Kombination.

Ich hoffe, dass man mir nichts angemerkt hat und schiele zu Lucas, aber anscheinend hat er nichts mitgekriegt.

"Ich... ich bin manchmal so kalt. So verfickt kalt. Verstehst du? Ich werde gefühllos und das ist verdammt scheiße. Glaub mir, ich kämpfe und zwar verdammt hart, aber manchmal... manchmal verliere ich. Und dann verpissen meine Gefühle sich sonstwo hin und dann muss ich den Schmerz fühlen. Ich muss das Blut sehen, als Zeichen, das ich noch lebe. Und scheiße... warum erzähl' ich dir das überhaupt? Ich kenn dich doch nicht mal.", versucht er zu erklären und sieht mich die ganze Zeit über total verwirrt an und ballt seine Hände erst zu Fäusten und entspannt sie dann wieder.

Immer wieder.

Blood.

Blood can mean, that you are hurt.

If you see blood, than somebody is hurt.

Many people are afraid of blood. They fear it.

But cutter are not.

Some people need the blood. They need to see the blood, as a symbol, that they are still alive.

They need the blood.

Their blood is like a insurance, that they are still alive. That they are still here.

Many cutters need the pain, too. They have lost their feelings and with pain and blood, they come back.

But is it worth it to hurt yourself - to see the blood - to make you feel again?

Your desicion... every time it's your own decision.

Ah. So war das also.

"Naja... Vielleicht redest du ja mit mir, eben weil du mich nicht kennst. Es ist nicht von Bedeutung, was ich denke. Aber... warum? Warum verlierst du deine Gefühle, Lucas? Was ist passiert?", frage ich ihn eindringlich und kaue weiter auf meiner Unterlippe, während ich ihn ansehe und meine Finger miteinander verknote.

"Ich... ich kann nicht darüber reden, verdammt, okay? Lass es gut sein... bitte.", antwortet er mit tiefer Stimme und seine Augen huschen zu meinen Lippen, auf denen ich immer noch herumkaue.

Seinen Blick ignoriere ich geflissentlich, auch, wenn ich dabei eine Gänsehaut bekomme und meine Augen zu seinem Mund zucken.

Doch ich sage schlicht: "Okay", und fahre mir mit einer Hand durch die Haare, damit sie endlich aufhören, mir ins Gesicht zu hängen.

Auch dabei durchzuckt mich Schmerz, aber dieses mal kann ich ihn ignorieren.

Er schaut mich verwirrt an. "Du willst gar nicht nach haken? Echt nicht?", murmelt er verdutzt und fährt sich ebenfalls durch seine Haare. Verdammt, die sehen so weich aus.

Rette mich, wenn du kannstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt