Ich spüre heißen Atem an meinem Nacken, als ich aufwache.
Was? Wer? Bitte nicht...
Komplett schlaftrunken versuche ich, mich von dem Arm zu befreien, der sich um meine Taille schlingt und versuche ruhig zu atmen.
Bitte nicht. Das darf nicht passiert sein. Auf keinen Fall. NEIN.
Plötzlich höre ich ein Grummeln hinter mir und der Arm schlingt sich fester um mich. Ich werde enger an den warmen Körper hinter mir gepresst und der Pulli rutscht samt T-Shirt nach oben, sodass der Arm nun auf meiner nackten Haut liegt. An der Stimmmelodie kann ich endlich erkennen, wer da hinter mir liegt. Lucas. Nur Lucas.
Nicht mein Vater.
Alles ist gut. Nichts ist passiert. Mein Vater hat mir nicht mehr weh getan, als sonst. Ich habe keine neuen Verletzungen... alles ist gut. Alles ist gut. Alles ist gut. Alles ist gut.
Dieser kurze Satz, diese drei Worte werden zu meinem Mantra.
Ich gebe meine Versuche, mich zu befreien, auf und drehe mich in Lucas' Armen. Jetzt liegen wir Gesicht an Gesicht und ich kann seinen warmen Atem auf meinem Gesicht fühlen.
Ich folge mit den Augen der Linie seines Kiefer, seiner Nase, schaue seine geschwungenen, langen Wimpern an. Bis mein Blick zu seinen vollen, leicht geöffneten Lippen wandert, über die leicht der Atem strömt.
Wir sind uns so nah... so nah habe ich schon lange niemanden mehr an mich herangelassen.
Er öffnet langsam seine wunderschönen braunen Augen und blinzelt mich an. "Hey. Wie gehts dir?", fragt er mit heiserer Stimme und mustert prüfend mein Gesicht.
Er macht keine Anstalten, seinen Arm von mir herunterzunehmen oder von mir abzurücken. Ich kann nicht klar denken, wenn er so nah bei mir ist. Er bringt mich durcheinander.
Scheiße. Er hat was gefragt. Ich muss antworten. Aber... was hat er überhaupt gesagt? Mist.
"Ich... gut. Dir?", murmele ich mit einer ebenso rauen Stimme, nachdem ich endlich herausgefunden habe, was er davor gesagt hat.
Mir geht es nicht gut. Ich fühle mich scheiße und die Verletzungen von Vorgestern schmerzen noch mehr als vorher. Vor allem meine Rippen scheinen eine ziemliche Menge abgekriegt zu haben, denn jedes Mal, wenn ich einatme, sticht es.
Außerdem brennen die Schnitte, wie Feuer... Als wäre ich jetzt schon in der Hölle.
"Lüg mich nicht an, scheiße nochmal. Versuchs gar nicht erst. Was tut dir weh?", knurrt er und in seinen Augen blitzen Wut und ein anderes Gefühl - Sorge? - auf.
"Mir gehts gut. Mach dir keine Sorgen. Alles wieder gut.", versuche ich, ihn zu beruhigen und lächle müde. Ach verdammt, warum mache ich ihm überhaupt etwas vor? Er weiß doch sowieso schon zu viel. Er hat doch die ganze Nacht neben mir gelegen.
"Amelie." Nur ein Wort. Aber in diesem einen Wort - meinem Namen - liegt so viel. So viele unausgesprochene Dinge.
Wortlos rückt er von mir ab und setzt sich auf. Seine Wärme verschwindet und das Gefühl ist... naja... scheiße. Richtig scheiße.
Ich setze mich ebenfalls auf und sehe zu ihm auf. Er scannt mich mit seinem Blick ab. Lässt keinen Millimeter meines Körpers aus. Und wenn ich sage keinen, dann meine ich keinen.
Ich atme vorsichtig und flach, damit meine Rippen nicht zu sehr schmerzen. Hoffentlich sind sie nur geprellt...
"Deine Rippen. Zeig her.", sagt Lucas ruhig, verschränkt die Arme wie ein bockiges Kind vor der Brust und in seinen Augen sehe ich, dass Widerspruch zwecklos ist.
Ich seufze, was mich zusammenzucken lässt und ziehe vorsichtig T-shirt und Pulli nach oben, bis zu der pochenden Stelle. Naja. Den pochenden Stellen. Ich schaue nach unten und sehe einen großen blaugrünen Bluterguss.
Ich schiele nach oben zu Lucas und sehe, dass er die Kiefer schon wieder zusammengepresst hat. Sein ganzer Körper ist komplett angespannt. Seine Hände sind zu Fäusten geballt und die Fingerknöchel treten weiß hervor.
"Lucas?", frage ich zögernd und beiße mir nervös auf die Unterlippe. Er antwortet nicht, aber plötzlich spüre ich eine federleichte Berührung auf meinen Rippen, so sanft, dass es nicht einmal wehtut. Er folgt der Linie meiner Rippen bis zu meinem Bauch, wo ebenfalls ein paar blaue Flecken zu sehen ist. Unbewusst halte ich die Luft an und vergesse, zu blinzeln.
Er zieht die Hand langsam zurück und ich spüre immer noch die heiße Spur, die seine Finger auf meiner Haut hinterlassen haben.
Langsam lasse ich meine Kleidung wieder nach unten rutschen, bis sie wieder dort ist, wo sie vorher war. Mein Blick klebt förmlich auf dem Jungen, der auf meinem Bett sitzt und verdammt wütend aussieht.
"War er das? Hat dein Vater dich so verletzt?", knurrt er mit zusammengebissenen Zähnen - ist das sein Hobby? - und ich kann beobachten, wie sein Kiefer arbeitet. "Nein, er...", beginne ich, doch dann bricht meine Stimme.
Ich will schon lügen und alles abstreiten, aber dann wird mir klar, dass es sinnlos ist. Er wird mir nicht glauben, er hat schon zu viel gesehen. Er kennt einen Teil der Wahrheit...
Was sie wohl von ihm halten würde? Was sie wohl davon halten würde, wie schwach ich bin?
Und dann erzähle ich ihm die Wahrheit: "Vor drei Jahren ist etwas schlimmes passiert. Daraufhin haben meine Eltern sich plötzlich verändert und alles wurde anders. Mein Vater begann, mich zu schlagen und meine Mutter interessierte sich nur noch für meine beschissenen Noten und überhaupt nicht mehr für mich. Ich war allein und ich war hilflos. Das bin ich immer noch. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Das ist alles."
Lucas reagiert erst gar nicht und ich glaube schon, dass ich ihn mit meinem Gejammer so sehr genervt habe, dass er jetzt nichts mehr von mir wissen will, doch dann nimmt er mich in den Arm und ich verliere mich in seinem Geruch und seiner Körperwärme. Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen fühle ich mich absolut sicher.
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Hey Leute ^^.Tut mir leid, dass in letzter Zeit nur so kurze Kapitel kommen, aber irgendwie hab ich keine Zeit zu schreiben und ich möchte nicht, dass dann alles, was ich schreibe komplett scheiße wird. :/
Was glaubt ihr, wer diese sie ist?
Glaubt ihr, dass für Amelie alles besser wird oder ist das alles nur ein kurzer Moment des Glücks?
Bye bye meine Lieben... (/&_&/)
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Rette mich, wenn du kannst
Teen FictionAmelie ist schon seit 3 Jahren nicht mehr richtig glücklich gewesen. Ihr eigener Vater schlägt sie und sie ritzt sich. Jeden Tag versucht sie zu lächeln und zu leben, doch es will ihr einfach nicht gelingen. Sie versteckt ihren Schmerz - niemand be...