Kapitel 3

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Nachdem sich der Zug in Bewegung gesetzt hatte, zeigte Liah Bailey Siloh und mir unsere Zimmer, in denen wir die Nacht, die wir brauchen würden, um von Distrikt 8 ins Kapitol zu kommen, schlafen würden. Während der Zug an Baumwollfeldern und kleinen Wäldern vorbei rauschte, sah ich mich in meinem Zimmer um. Vor dem riesigen Doppelbett, in dem ich alleine schlafen würde, stand eine hölzerne Kommode mit drei Schubladen. In der untersten lag Ersatzbettwäsche und mehrere Kopfkissen. Ich holte alle heraus und baute mir ein Lager aus mindestens 10 Kissen in allen Größen. In der mittleren Schublade fand ich Klamotten aus Baumwolle und Leinen. Weil ich fand, dass ich eigentlich noch ganz akzeptabel aussah, mal abgesehen davon, dass man meinen Rücken sah, zog ich nur eine dünne dunkelgrüne Jacke aus Baumwolle ganz unten aus der Schublade und zog sie an. Ich hatte mich in der Größe etwas verschätzt und die Jacke hing mir über den Po. Aber weil es mich nicht störte behielt ich die Jacke an. Die oberste Schublade war leer. Dort sollte ich wohl meine Sachen hineinlegen. Aber was hat ein Tribut, der nach der Ernte nicht mal mehr nach Hause kam, schon dabei? Höchstens ein paar Klamotten und Schuhe - nichts, was die riesigen Schubladen auch nur ansatzweise füllen könnte. Ich schloss die Augen und ließ mich rückwärts auf das riesige Bett fallen. Also bequem war es, da konnte man nichts sagen. Es klopfte:,,Mable? Darf ich reinkommen?" Es war Trisha. ,,Klar, komm rein!" Ich duzte sie gleich, denn wie es aussah, würden wir in der nächsten Woche viel Zeit miteinander verbringen, und ich hatte keine Lust die Leute, die ich zuletzt vor meinem Tod sehen würde auch noch zu siezen. Trisha kam herein:,,Im Fernsehen kommt jetzt die Übertragung der Ziehung der anderen Tribute. Die sollten wir uns ansehen. Je früher wir mit dem Training anfangen, desto besser. Ihr solltet so viel über eure Mittribute wissen, wie nur irgend möglich." Seufzend rollte ich mich von dem Bett und landete auf dem Fußboden. Ich rappelte mich auf und lief Trisha nach, die schon vorgegangen war. ,,Und wenn ich aber keinen Bock hab?", drang eine Stimme aus Silohs Zimmer. ,,Keinen Bock zu überleben? Siloh. Komm, das ist doch Blödsinn. Beweg dich da runter und schau dir die Übertragung an!", schallte eine Männerstimme durch das Abteil. Ich vermutete es war Stevs. ,,Mpf..." Man hörte einen kleinen Körper auf dem Parkettboden aufkommen, dann kamen Stev und Siloh zu Trisha und mir in den Essbereich, wo bereits die Übertragung der Ziehung in Distrikt 1 lief. Es wurde erst ein Junge mit mittellangen braunen Haaren und ein Junge, der sehr viel jünger als 12 wirkte, gezogen, bevor sich zwei riesige starke Schränke meldeten und freiwillig in die 125. Hungerspiele zogen. Ihre Namen vergaß ich sofort wieder. Stev erklärte:,, Karriere-Tribute. Klar. Trainiert zu töten. Am besten haltet ihr euch von denen fern. Von denen aus 2 und 4 genauso!" Ich nickte stumm. Siloh zeigte keine Regung. Die beiden weiblichen Tribute aus 2 meldeten sich ebenfalls freiwillig. Eine war breitschultrig und groß. Die andere eher dürr aber umso sportlicher. Die Jungen aus 3 waren Brüder. Es muss schwer für die Mutter gewesen sein, zu wissen, dass sie mindestens einen Sohn, wenn nicht beide, verlieren würde. Beide hatten hellbraune strubbelige Haare und trugen Leinenhemden. Aber da hörten die Gemeinsamkeiten schon auf. Während der Ältere der beiden, kräftig und sportlich war, wirkte der jüngere ziemlich schmächtig und hielt sich an seinem älteren Bruder fest. Er war maximal gerade zwölf geworden, und das schätzte ich nur, weil ich wusste, dass Neunjährige nicht an den Hungerspielen teilnahmen.
,,Die beiden werden sich wahrscheinlich verbünden. Einer von beiden wird so oder so sterben.", sagte Trisha. Jeder von uns wusste, dass nicht der Ältere gemeint war. Die beiden weiblichen Karrieros aus Distrikt 4 waren 16 und 17 und die jüngere erinnerte mich an eine Taube. Wahrscheinlich lag es an ihrem ombré-grau gefärbten Haar und der lilafarbenen Strähne, die links von ihrem Kopf hing. Die Andere hatte verdammt spitze Zähne, mit denen sie bestimmt rohes Fleisch vom Knochen reißen konnte. Beide hatten sich freiwillig gemeldet. In Distrikt 5,6 und 7 waren ein paar in meinem Alter, aber abgesehen davon, dass ein 10 Jahre altes Mädchen aus 6 in Tränen ausgebrochen war, als seine Schwester gezogen wurde, geschah nichts besonderes. Dann kamen wir dran. Ich wunderte mich wie gelassen ich wirkte. Ich dachte, ich hätte ausgesehen, als würde ich gleich zusammen brechen, doch eigentlich ging es. Natürlich war ich nicht halb so cool, wie Siloh, der alles egal zu sein schien, aber immerhin. Aus Distrikt neun wurde ein 16 Jahre alter Junge mit asiatischen Zügen und ein rothaariger 14-jähriger mit Sommersprossen und Pickel gezogen. In 10 wurde eine Zwölfjährige gezogen. Es war zwar tragisch, dass ein 12 Jahre altes Mädchen in die Arena musste, doch auch keiner ihrer Angehörigen meldete sich freiwillig. Sie hatte rotblondes Haar und hieß Ginger, Ingwer. Das hatte ich mir gemerkt, weil ihr Name so ungewöhnlich war. Ihr Mittribut war ebenfalls noch sehr jung -14- und hatte pechschwarzes langes Haar. Sie ging mit der Situation ebenfalls sehr cool um, während Ginger einfach nur ausdruckslos vor sich hin starrte. ,,Eine Zwölfjährige. Tragisch. Wird wohl beim Anfangsgemetzel sterben.", bemerkte Stev. Als auch die Tribute aus 11 und 12 feststanden -ein Achtzehnjähriger mit Rastalocken und ein 15 Jahre alter Junge, der in etwa 1,90 groß war, aus 11 und zwei Mädchen, die genau dem Aussehen entsprachen, für den Distrikt 12 bekannt war, olivgrüne Haut und dunkelbraune Haare für 12- sagte Trisha:,,Dieses Jahr sind sehr viele junge Tribute dabei. Das ist gut für euch. Zwölf- oder Dreizehnjährige haben bisher eher selten eine Chance gehabt gegen die älteren Tribute. Meistens sterben sie auch gleich beim Gemetzel am Füllhorn. Das bedeutet, dass kaum eine Gefahr von ihnen ausgeht, was bedeutet, dass ihr euch komplett auf die Karrieros aus 1,2 und 4 konzentrieren könnt. Wenn euch ein Karriero vor die Nase kommt, dann lauft weg, so schnell ihr könnt und.." ,,Blah, blah, blah!", unterbreche ich sie jäh, ,, Das ist doch nichts, was ich noch nicht weiß. In den 15 Jahren, in denen ich schon lebe, habe ich ne Menge Hungerspiele gesehen, sodass ich locker sagen kann, dass ich das schon weiß. Erzähl mir was, was mir in der Arena wirklich hilft!" Trisha seufzte tief. ,,Die beste Waffe sind Messer, die könnt ihr nicht nur zum Töten, sondern auch zum Jagen oder so verwenden!", erklärt Stev mit ernster Miene. Siloh verdreht die Augen:,,Ist das nicht dasselbe?!" Stev ging nicht auf sie ein, sondern redete weiter. ,, Sobald ihr vom Füllhorn weg seid, rennt wirklich sobald das Signal ertönt weg so schnell wie ihr könnt, egal, was dort tolles liegt, versucht möglichst weit von den anderen Tributen und von den Karrieros weg zu kommen. Die anderen Tribute müssen sich erstmal sortieren, die Lage peilen und irgendwie die Nacht überstehen, aber die Karrieros wollen noch am selben Abend, so viele Tribute töten, wie nur möglich." Ich gab seufzend auf. Sie würden uns wohl eher nie etwas neues erzählen... ,,Versteckt euch also am besten irgendwo, wo es sicher ist. Dann ist es super wichtig, schnell Wasser zu finden. Wasser wird in der Arena zu euren besten Freund. Je länger ihr in der Arena seid, desto weniger Tribute gibt es noch. Vielleicht bekommt ihr mal die Chance auf einen Rucksack mit einem Seil, einem kleinen Taschenmesser und etwas einfacher Salbe und Verbandszeug. Und bildet Allianzen nur mit Leuten, bei denen ihr euch absolut sicher seid, dass sie euch nicht im Schlaf erdrosseln. Hast du was hinzuzufügen, Trisha?" Sie schüttelte den Kopf. ,,Und wann lernen wir, Feuer zu machen oder zu klettern?", fragte ich und fügte mit einem Seitenblick auf Siloh hinzu:,,Und Messerwerfen und töten?" ,,Beim Training mit den anderen Tributen im Kapitol.", antwortete Trisha knapp und stand auf, um hinüber in den Speisewagen zu gehen, wo das Abendessen wartete. ,,Geht das mit dem >Coaching< jetzt die ganze Zeit weiter bis wir in die Arena müssen?!", flüsterte mir Siloh zu. ,,Jiap, das wird ein rie-sen-Spaß...."

Survival of the fittest- A Hunger Games StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt