Kapitel 21

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Ich musste hier raus. Das war sicher. Ich ging zum Fenster. Viel zu hoch. Ich machte es auf, konnte es aber nur kippen. Dann ging ich aus dem Zimmer. Es war ruhig in der Wohnung. Vermutlich waren die beiden am schlafen. Vielleicht konnte ich ja aus der Tür raus. Plötzlich ging das Licht an. "Hallo Schnecke, wo willst du denn hin?" Tims Freund oder wer auch immer, stand hinter mir.

"Ich suche die Toilette. Als Gastgeber habt ihr mir ja nichts gezeigt, also muss ich selbst suchen. Oder soll ich ins Bett pinkeln?!" Er kam näher zu mir. "Du könntest auch mit zu mir ins Zimmer kommen. Ich hab gehört, dass der Sex geiler sein soll, wenn die Frau pinkeln muss." "Lieber würde ich sterben, als mit so einem ekelhaften Typ wie dir ins Bett zu gehen oder sonst was!" "Pass auf, wie du mit mir redest Schnecke, sonst..." "Was ist hier los?" stand Tim nun auch im Flur.

"Die Kleine ist durch den Flur geschlichen und wollte abhauen." Sofort sah man Tim an, dass er sauer wurde. "Du wolltest abhauen?!" er kochte. "Ach so läuft das hier? Du erzählst Tim die halbe Wahrheit und ich krieg dann einen auf den Deckel?! Ich wollte zur Toilette, was ich dem Typ da auch schon erklärt habe. Ihr habt mir ja nicht gezeigt wo sie ist, also muss ich sie wohl selbst suchen! Und dass du mir Andeutungen gemacht hast, dass ich mit dir ins Bett soll, hast du auch vergessen." Tim guckte den Typ an. "Du willst mit ihr ins Bett?! Wer hat dir das erlaubt?! Du weißt, dass Anne mir gehört!" brüllte er los. Der Typ funkelte mich böse an und ging in sein Zimmer.

Ich war verängstigt und bekam kein Wort raus. War er jetzt auch sauer auf mich? "Die Toilette ist vorne neben der Haustür links. Wenn du abhauen willst, keine Chance." "Ich will doch gar nicht abhauen. Ich muss pinkeln verdammte scheiße nochmal. Aber Tim, ich gehöre dir doch nicht." Er grinste und ich ging zur Toilette. "Noch nicht. Du wirst meine Liebe erwidern." hörte ich ihn murmeln. Ich ließ den Blick rechts und links schweifen, in der Hoffnung einen Schlüssel zu finden, aber nichts. Außer. Das war doch ein Handy! Aber erst ging ich zur Toilette, da Tim noch immer im Flur stand.

Als ich wieder aus der Tür kam, sah ich Tim nicht mehr, traute dem Braten allerdings nicht und ging zuerst noch in die Küche um etwas zu trinken. Und da stand er ebenfalls. Ich erschrak und er guckte mich ebenfalls entsetzt an. "Ich hätte schwören können, dass du dir sofort das Handy nimmst und dieses Arschloch anrufst." Eine Falle! Das wird schwer von hier zu fliehen.

"Bitte rede nicht so über ihn." Er lachte einmal auf und ging an mir vorbei zu seinem Zimmer. Ich trank ein Glas Wasser und ging dann ebenfalls ins Bett. Ich vermisste Leon. Meine Eltern, Bene, Lisa. Alle. Ich musste es schaffen und aus diesem Haus kommen. Einfach abhauen.  Ich hatte auf dem Weg einen größeren Bahnhof gesehen. Keine Ahnung wohin die Züge fuhren, aber wenn ich weg war, konnte ich mir alles weitere überlegen.

Ich weinte mich in den Schlaf, denn als ich das nächste Mal wach wurde, war es hell und die Sonne schien mir ins Gesicht. Ich erschrak, als ich Tim auf einem Stuhl sitzen sah. "Du bist noch da." "Wo sollte ich sonst sein?" "Abgehauen. Aber du bist hier." Er lallte ein wenig. "Bist du betrunken?" "Vielleicht." Er benahm sich anders. Früher war er anders, als er betrunken war. "Du solltest was frühstücken. Dann geht es dir gleich besser."

Ich ging mit ihm zur Küche und sah, dass die Haustür offen war. Weit und breit nichts von diesem Typen zu sehen. Wahrscheinlich wieder eine Falle. Tim setzte sich. "Respekt. Du haust wirklich nicht ab. Bro, komm rein." Langsam dämmerte mir, was hier passierte. Ich steckte fest. Solange ich nett zu Tim war, war er nett zu mir. Und dann kam mir ein Gedanke, den ich am liebsten direkt wieder vergessen würde. Aber anscheinend meine einzige Lösung, wie ich hier rauskommen könnte.

Tim machte Frühstück und gab mir frisch gepressten O-Saft. "Danke." ich versuchte es tatsächlich nett zu sagen und anscheinend kam es an, denn seine Augen funkelten. Wie ekelhaft! Er setzte sich mir gegenüber und schaute gar nicht mehr von mir weg. Das war es tatsächlich. Er wollte mich zurück und mir blieb wohl nichts anderes übrig, als ein Stück auf ihn einzugehen. Ich lächelte ihn an und sein Grinsen wurde breiter. Es klappte. Oder er war einfach ein ziemlich guter Schauspieler.

Nach dem Frühstück ging ich wieder in mein Zimmer und legte mich ins Bett. Ich war noch immer müde und versuchte zu schlafen, bis ich die Tür hörte. Ich öffnete die Augen und sah, wie Tim auf mich zu kam und sich auf mein Bett setzte. "Anne, ich will dich zurück." Ich wusste es. Nicht kotzen, nicht kotzen! "Und du hattest schon so viele Chancen abzuhauen und bist trotzdem geblieben. Du bist mit mir mitgekommen. Ich will es nochmal versuchen." Er kam näher. "Tim, da... dafür musst du mir a.. aber Zeit lassen." "Zeit?! Warum Zeit?! Ich liebe dich!" Hola! Aber er hatte angebissen. Augen zu und durch. Ich nahm sein Gesicht und küsste ihn. Den Würgreiz unterdrückte ich.

"Lass mir bitte Zeit. Ich hab alles verloren." Er war ziemlich perplex, dass sah man ihm an. "Also willst du es versuchen? Warum bist du dann nicht gleich mit mir mitgekommen? Ich war nochmal im Knast wegen dir!" "Ich.. ich wollte Geld." "Von ihm?" Ich nickte. "Wow, du bist ja ne ganz schöne Braut!" "Ich hatte Angst vor dir. Deswegen lass mir bitte Zeit." "Bleibst du hier?" Volle Konzentration. "Ja. Aber nur unter einer Bedingung." "Die wäre?" "Ich lass mich nicht einsperren." "Das lässt sich einrichten." grinste er und gab mir nochmal einen Kuss, den ich gekonnt erwiderte. "Hast du denn das Geld?" "Nein." "Schade, aber ist auch egal. Ich hab dich wieder!" Er umarmte mich und obwohl sich alles in mir sträubte, kuschelte ich mich an ihn. Mission Flucht gestartet.

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