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Kapitel 12/ Empty

Sie sah in den Spiegel und erblickte ein ihr fremdes Gesicht.
Das Hochzeitskleid passte ihr wie angegossen und das fahle Licht das durch das Fenster reinfiel, ließ den Stoff heller schimmern und das Kleid traumhaft wirken.
Oben am Brustbereich was es über und über mit weißen Perlen bestickt, und die Ärmel reichten ihr bis zum Ellbogen.
Es hatte mehrere Unterröcke, sodass es schwer zu tragen war, aber trotzdessen war es ihr Traumkleid.
Ihre grün-blauen Augen wurden mit einem zärtlichem, hellen Ton geschminkt und der Liedstrich ließ ihre Augen heller wirken.
Der schwarze Kayal rief eine bessere Optik hervor, und auch obwohl Asya es hasste geschminkt zu werden, musste sie sich eingestehen, dass die Kosmetikerin gute Arbeit geleistet hatte.
Ihre schon von Natur aus rosanen, vollen Lippen, hatten ein helles rot abbekommen und passten perfekt zu dem Gesamtkunstwerk, das man gekreiert hatte.
Asya hatte ihre Augenbrauen nicht zupfen lassen, weil sie schon von Natur aus eine schöne, geschwungene Form hatten und sie sie nicht zerstören wollte.
Die lockigen braunen Haare wurden in dünnen Strähnen nach hinten geflochten und anschließend hochgesteckt, sodass nur ein paar lockigen Strähnen herunterhingen.
Ihr langer Schleier, dass bis zu ihrer Taille reichte, war sorgfältig in ihr Haar eingearbeitet worden und fiel ihr über den Rücken runter.
Asya betrachtete ihr kleines, zierliches Gesicht und begann vor Unsicherheit zu zittern.

"Alles in Ordnung?", fragte Pinar und sah sie besorgt an.
Sie selbst hatte ein rosanes Kleid an und ihre Haare wurden, wie bei Asya hochgesteckt, auch wenn es beim Weiten nicht so gut aussah, wie bei ihr.
Etwas unsicher zupfte sie an ihrem Kleid herum, immer noch unzufrieden mit ihrem Aussehen, bei dem sie immer etwas zum Nörgeln fand.
Auch sie hatte man geschminkt und Asya konnte bei näherem Hinsehen, das dezente Make-Up ausmachen, dass man ihr aufgetragen hatte.
Asya wies sie mit einem Nicken daraufhin, dass alles in Ordnung sei und starrte auf den Boden.

Es klopfte an der Tür und Davut's Kopf kam zum Vorschein.
"Darf ich reinkommen?", fragte er etwas unsicher und die beiden Mädchen bejahten seine Frage.
Beim Anblick von Asya, weiteten sich seine Augen und er konnte sie kaum von ihr abwenden.
"Ich lass euch dann mal alleine!", sagte Pinar und zwinkerte ihr noch zu, bevor sie das Zimmer verließ.
"Alles in Ordnung?", fragte Davut und sah sie besorgt an.
Asya's Augen wurden glasig und diesmal machte sie sich keine Mühe, ihre Tränen vor ihm zu verstecken.
Schwere Tränen liefen ihr über die Wange und etliche Schluchzer drangen aus ihrer Kehle.
Ihr Wehklagen war so herzzereißend, sodass Davut sie sanft zu sich zog und sie fest umarmte.
"Hör auf zu weinen!", befahl er ihr sanft und versuchte mit der linken Hand ihre Tränen wegzuwischen.
"Ich will das alles nicht!", brachte sie brüchig über ihre Lippen hervor.

Davut betrachtete das kleine Mädchen, dass in seinen Armen lag und bitterlich in seine Brust weinte.
Das Mädchen, dass sein Leben auf Handumdrehen geändert hatte, und das nicht gerade zum negativen.
Es stimmte, dass er all das aus Liebe zu seiner Mutter machte, doch das Mädchen vor ihm ist förmlich dazu gezwungen ihn zu heiraten.
Sie hatte keine Verwandten bei denen sie willkommen war und ein Anflug von Mitleid, dass er für Asya empfand, überkam ihn.
Davut's Blick schweifte über den Raum und blieb bei der roten Schleife stehen, die schlaff über den Sessel hing.
Entschlossen ging er darauf zu und griff danach.
Eigendlich ist das die Arbeit der Verwandten, doch da bei Asya niemand gekommen ist, nahm sich Davut vor die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Langsam ging er auf sie zu und band ihr die Schleife vorsichtig um die Hüfte, dicht gefolgt von einem Kuss auf die Stirn.
"Es wird alles gut", versicherte er ihr.
"Meinst du?", fragte Asya schniefend und sah ihn erwartungsvoll an.
Davut nickte und lächelte sie leicht an.
"Wir müssen jetzt gehen, das Auto wartet schon!"
(...)
Mit einem tosenden Lärm erreichten sie die Halle die bereits geschmückt worden war.
Fast alle Gäste hatten an den schmalen Tischen Platz genommen und beim Anblick von Davut und Asya standen sie auf und begannen zu applaudieren.
Die kleinen Mädchen, unter ihnen auch Leyla, die allesamt mit weiße, kurze Kleider angekleidet waren, warfen Rosen über ihre Köpfe und kicherten dabei ununterbrochen.
Davut und Asya nahmen an den zwei großen Sesseln Platz und hatten somit den ganzen Raum in Sicht.
Jamila und Semih kamen angerannt und umarmten die Beiden so stark, dass sie schon dachten sie hätten die Absicht, sie zu erwürgen.
"Ich bin so stolz auf euch!", schluchzte Jamila und in ihren Augen glitzerten die Tränen des Glücks.
Semih hingegen, runzelte die Stirn und sank seinen Blick schuldbewusst zu Boden.
Nach Semih und Jamila kamen noch dutzend andere Leute die sie beglückwünschten.
An dem Tag wurden etliche Fotos geschossen, auch wenn Asya sich nie an diesen Tag erinnern wollte.
Wozu sollte sie Fotos von einem Tag machen, der einer Beerdigung gleichte?

AsyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt