Unergründlich

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Kapitel 25/Unergründlich

Es kam unvorbereitet. Völlig unvorbereitet. Wie hätte sie jemals wissen können, dass sie ihrer Mutter einmal gegenüber stehen würde? »Hast du Asya gesagt?«, fragte Jamila leise und als die Frau nichts erwiderte, nahm Asya an, dass sie bloß nickte. »Ich hab ihren Namen wirklich lange nicht mehr ausgesprochen«, gab Yasmin zu und schniefte. Jamila zögerte und in diesem Moment wusste Asya, was in ihrem Kopf vorging. »Asya?«, hauchte eine raue Stimme ganz nah an ihrem Ohr. »Was machst du hier?« Sie drehte ihren zitternden, schmächtigen Körper zu Davut und mühte sich zu einem Lächeln. »Nichts«, meinte sie und versuchte bei seinem Anblick nicht schwach zu werden. »Davut, bist du das?« Jamila's Kopf erschien an der Türschwelle; sie spähte hinaus und konnte die schemenhaften Umrisse der Beiden erkennen. Sie warf Asya einen seltsamen Blick zu und lächelte gequält. »Kommt rein, Besuch ist da«, zwitscherte sie, wandte sich ab und schritt in geschmeidigem Gang in das Wohnzimmer. Davut lächelte Asya verschmitzt an und verschränkte ihre Hände aneinander, bevor sie Jamila etwas zurückhaltender folgten. »Davut, mein lieber Junge. Du bist aber richtig gewachsen«, bemerkte Yasmin und als Asya einen Blick auf ihr Gesicht warf, stockte ihr der Atem. Sie ist wunderschön, schoss es ihr durch den Kopf und sie schlug ihre Augen nieder, damit sie die schon etwas ältere Dame nicht länger anstarren konnte. Doch das wunderschöne Profil ihrer Mutter wollte nicht vor ihren Augen verblassen; Ihre dunklen, seidige Locken, die ihr elegant auf den Rücken fielen, ganz zu Schweigen von den wunderschönen, einzigartigen Augen, von denen man das Gefühl hatte, dass sie vor lauter Schönheit unecht waren und ihrer ebenmäßigen Haut, die der Farbe von hellem Elfenbein glich. »Dürfte ich wissen, wer dieses hübsche Mädchen ist, Davut?«, lachte sie und entblößte dabei eine Reihe perfekter Zähne, wie sie es nur von den Schauspielern kannte. »Das ist-«, setzte er einen vernünftigen Satz an, doch Jamila unterbrach in abrupt. »-meine Schwiegertochter. Ein bezauberndes Mädchen«, fügte sie hinzu und warf ihm einen wütenden Blick zu, mit dem sie eine Erklärung zu verlangen schien. »Sie ist - wunderschön«, murmelte Yasmin und Asya' s Wangen glühten. »D-danke«, flüsterte sie und gab sich Mühe, die aufsteigende Hitze der Kette, die auf ihrer Brust lag zu ignorieren. Sie wird dich für verrückt halten, murmelte eine Stimme in ihrem Kopf. »Ist nicht mein Problem«, flüsterte sie zurück und von dem Gesichtsausdruck von Davut zu schließen, hatte sie den Gedanken laut ausgesprochen. »Und ihr habt mir nichts davon erzählt? Ich habe die Heirat von deinem Sohn verpasst und nichts davon mitbekommen?«, fragte die Frau erbittert, während sie ihren Becher neigte, um sich einen Schluck von dem kühlen Wasser zu genehmigen. »Wir wissen beide, dass du davon wusstest, Yasmin. Spiel hier nicht den beleidigten Ziegenbock«, meinte Jamila lachend und Yasmin lächelte weise. »Beruhige dich, Jamila und pass auf, dass du dich nicht an deiner eigenen Spucke verschluckst. Nicht, dass wir wieder die Rettung anrufen müssen.« Davut horchte auf. »Was war mit der Rettung?«, fragte er begierig, doch Yasmin hob nur beschwichtigend ihre Hand und kicherte leise in sich hinein. »Das musst du wohl oder übel deine Mutter fragen, mein Lieber. Doch nun möchte ich Bekanntschaft mit deiner hübschen Frau machen. Wie heißt sie denn?« Stille trat ein. Davut schien zu merken, dass er den Mund halten sollte, denn er sagte kein einziges Wort. »Dummer Start. Wie heißt du, mein Liebes?«, fragte sie nun ihr gewidmet. »A-z-z-yaa«, säuselte sie und hoffte Yasmin würde es dabei belassen. »Wie?« »Asya.« Nun war es raus, doch anders als erwartet lächelte die Frau nur träge, als hätte sie dies überhört und klopfte auf den Sitzplatz neben ihr. »Du scheinst wirklich jung zu sein, ihr müsstet euch wirklich lieben, um euch in diesem Alter aufeinander einzulassen«, bemerkte sie und lächelte Asya warmherzig an. »Aus wo kommst du?« Asya sah ihr in die Augen und wusste, dass sie nur diese eine Gelegenheit hatte. Sie griff zu dem Verschluss ihrer goldenen Kette, deren Anblick durch ihren Schlafanzug verborgen blieb und öffnete sie. Sie ballte die rundliche Form des Anhängers in ihren Händen zusammen und öffnete ihre Innenfläche, um ihr die Kette zu veranschaulichen. »Ich habe gehofft Sie könnten mir die Antwort darauf geben.« Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, und dennoch verschlug es jedem im Raum die Sprache. »Nein«, krächzte Yasmin und ihre schönen Gesichtszüge begannen zu flackern. »Das kann nicht sein.« Sie vergrub ihre Fingernägel in den Schlitz und klappte den Anhänger auf, woraufhin ein Foto mit einer jüngeren Version von ihr erschien. »Asya?«, fragte sie etwas unsicher und in ihren Augen glitzerten Tränen der Ungläubigkeit. »Asya Mahmoud«, flüsterte diese leise und beide sahen sich nun völlig beklommen an, völlig unfähig etwas zu sagen. »Es tut mir leid«, sagte Yasmin mit erstickter Stimme. »Ich weiß«, antwortete Asya und lächelt unsicher, während ihr Inneres bebte. »Du müsstest mich hassen«, warf sie ein. »Müsste ich, und doch, tu ich es nicht«, erwiderte Asya. Das Zögern hielt nur wenige Sekunden an, dann fielen die beiden sich in die Arme und klammerten sich aneinander fest, so als hätten sie all die Jahre nur auf diesen Moment gewartet. So als hätten sie einen Teil ihrer Seele wieder gefunden. »Ich liebe dich, Asya.« »Ich weiß«, wiederholte sie. »Aber ich verstehe nicht-« Yasmin blickte abwechselnd von Asya zu Davut. »Wie kommt es?...« »Hakan. Hakan hat mir gesagt, ich solle es zulassen. Bevor er starb, war das sein letzter Wunsch und ich konnte es ihm nicht einfach abschlagen«, presste sie zwischen ihren Zähnen hervor. Yasmin's Augen weiteten sich und ihre Lippen waren nur noch ein horizontaler, schmaler Strich. »Sie hat es nicht gewagt«, knurrte sie, doch zu ihrem Entsetzen, nickte Asya. »Semih!«, rief Jamila wütend, als dieser den Raum betrat. Sie stand auf, ihre hübschen Gesichtszüge zu einer wütenden Grimasse verzerrt. »Aber wie kommt es, dass du nun hier bist. Ich verstehe nicht-«, wiederholte Yasmin. »Ich bin an allem Schuld«, sagte Davut nach einer Weile und alle Blicke wandten sich ihm zu. »Davut? Aber-« »Nein, ich bin an allem Schuld. Ich und Semih waren im Dorf u-« »Ich fass es einfach nicht«, rief Jamila wütend und fuhr sich mit der Hand über ihre Haare. »Und du, Semih! Du bist sein Vater, der Erwachsene. Du solltest so etwas verhindern und nicht unterstützen.« »Es ist schon gut. Ehrlich gesagt, wenn ihr nicht gewesen wärt, dann hätte ich meine Mutter nie gefunden. Ich wäre noch in diesem alten Dorf verrotet«, warf Asya hastig ein und wagte einen flüchtigen Blick auf Davut. »Asya«, sagte Jamila sanft und sah sie mit mütterlicher Fürsorge an. »Du und Davut, ihr-« »Nein«, sagte Davut wütend. »Sei unbesorgt.« Eine peinliche Stille trat ein. »Ich bin enttäuscht. Von euch beiden.« Jamila erhob sich von dem pompösen Stuhl, Semih wollte sie entschuldigend umarmen, doch sie wich seinen Berührungen aus und warf ihm einen giftigen Blick zu. »Asya, du musst dich entscheiden«, sagte Yasmin ernst. Asya sah in ihre wunderschönen Augen und dann in die von Davut. Sein Blick war kalt, seine Mimik verriet nichts von seine Gefühlen. Entscheide dich, flüsterte die nervige Stimme in ihrem Kopf. Was aber, wenn ich nicht möchte?

»Nein!«, sagte Davut entrückt. »Du wirst nicht gehen, hast du mich verstanden?« »Davut, ich bitte dich. Mach die Sache nicht komplizierter, als sie schon ist«, flehte sie und wollte in das Zimmer, um ein paar Kleidungsstücke aufzuklauben und mit ihrer Mutter in das Elternhaus zu fahren. »Nein«, wiederholte er wieder, sein Inneres bebte vor Wut und seine Augen waren zu Schlitzen verengt, während das flüssige Silber um seine Pupille, die Farbe von einem gefährlichen Sturm glich. Seine großen, rauen Hande hielten sie fest und er hob ihr Kinn, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. »Ist das wirklich was du möchtest, Asya?«, fragte er sie ungewöhnlich leise. 'Nein', rief sie in ihren Gedanken. 'Ich möchte dich, Davut.' Doch sie nickte nur:»Ich habe meine Mutter gefunden. Jemand der mich geliebt hat, bevor ich überhaupt geboren wurde, und ich möchte diese Liebe auskosten, Davut.« Sie spürte seinen warmen, schweren Atem auf ihrer Haut kitzeln, der Druck auf ihren Hüften wurde schwerer. »Und deswegen verlässt du mich?«, seine Stimme bebte und seine Nasenflügel blähten sich verächtlich auf. »Wem machen wir überhaupt etwas vor?« Asya schluckte und sie versuchte ihre kommenden Tränen zu unterdrücken. »Dann geh«, zischte er wütend. »Geh zu deiner Mutter, die du erst seit einer Stunde kennengelernt hast, mir solls recht sein. Geh und komm nie wieder, Asya. Ich will dein bescheuertes Gesicht nie wieder in meinem Leben sehen, hast du mich gehört?« Mit diesen Worten kehrte er ihr den Rücken zu und verschwand aus dem Raum. Asya stand auf, biss sich auf die Zähne und packte schnell ein paar einzelne Kleidungsstücke in eine Tasche, zog den Reißvershluss zu und verließ das Zimmer so schnell sie konnte. Sie musste schnell weg von hier, bevor sie noch anfing zu weinen. »Steig ein, meine Süße. Adnan wird ausflippen vor lauter Freude«, rief Yasmin entzückt und schenkte ihr ein breites Lächeln. Asya's Mundwinkel schossen in die Höhe und sie zwang sich fröhlich auszusehen, während ihr ganzer Körper nach dem einen schrie; Davut.

***

Assalamu Aleykum, meine Lieben. Das Kapitel ist etwas kurz geworden, das ist mir bewusst, trotzdem hoffe ich, dass es euch gefallen hat. Bevor ihr euch aufregt, die Geschichte ist immer noch nicht zu Ende und schwöre euch bei Allem was mir lieb ist: Die beiden werden noch zusammen kommen. Seid nur etwas geduldiger und meckert nicht immer so rum haha :) <3

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