Eine unbedachte Handlung

2.2K 85 0
                                    

Kapitel 19/ Eine unbedachte Handlung

Ihre Wut war noch kaum zu zügeln und Asya stellte mit grimmiger Genugtuung fest, dass ihre Großmutter ihr Zimmer sorgfältig durchkämmt und dabei keinen Millimeter ausgelassen hatte.
Asya hüstelte leicht und sah zu wie ihre Großmutter sich zu ihr drehte, dabei eine überraschte Miene stellte, obwohl Asya sich dessen sicher war, dass sie ihre Anwesenheit schon lange bemerkt hatte, es sie aber nicht kümmerte.
"Hast du gefunden was du gesucht hast?", fragte Asya sauer und betrachtete ihre Großmutter mit tiefster Abneigung.
"Nein!", sagte diese mürrisch und Asya hätte schwören können, dass ihre Augenwinkel schuldbewusst gezuckt hatten.
"Wo ist das Wasser, dass du hättest mitbringen sollen?", fragte sie schroff und ihr Gesicht, dass mit feinen Falten benetzt war, verdüsterte sich wie üblich.
"Am Flur", antwortete Asya brüsk, woraufhin die Großmutter hinauseilte. Kaum war sie weg, schloss Asya die Tür hinter sich und begann ihre Sachen wieder in den Koffer hineinzustopfen. Es hatte sie jede Menge Überwindung gekostet, ihre Großmutter nicht anzuschreien oder zu beleidigen und sie kochte immer noch vor Wut.
Sie griff unter dem Bett und unter der Kommode, um sich zu vergewissern, dass sie nichts vergessen hatte, doch außer einer dicken Staubschicht war gar nichts mehr dort.
Asya durchwühlte ihre Sachen und sie hätte vor Wut aufschreien können; Die Kette von ihrer Mutter war nicht mehr dabei, ebenso wie die von Davut, die er ihr zu der Verlobung geschenkt hatte.
Sie fächelte sich mit ihren Händen Luft zu und hatte das eigenartige Gefühl, sie müsse in diesen Raum ersticken. Wieso verspürte sie so einen so abgrundtiefer Hass gegen ihr?
Asya klappte ihren Koffer zu und pfefferte ihn unter dem Bett. Immer noch kochend vor Wut legte sie sich auf das Bett und ließ ihre Augen durch das vertraute Zimmer schweifen.
Was wohl Davut in diesem Moment machte? Dachte er auch über sie, oder war sie ihm völlig egal?
Asya wusste nichts mit ihren Leben anzufangen; genau vor vier Monaten hatte sie diesen Ort verlassen, hatte sich verlobt und anschließend geheiratet.
Trotzallem kehrte sie zurück, obwohl sie dort besser behandelt wurde und auch neue Personen kennengelernt hat, die ihr ins Herz gewachsen waren. Was war der eigendliche Grund, für ihre Rückkehr?
Doch tief im Innern wusste sie den Grund dafür: Sie wollte nicht mehr in Davut's Nähe sein. Asya seufzte und warf die Decke an ihr Gesicht, weil ihr langweilig zumute war.
Doch plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf und sie riss sich die Decke vom Gesicht. Sie wusste schon wie sie ihre Kette wiedererlangen konnte und hatte schon einen richtig guten Plan geschmieden.
Asya rieb ungeduldig die Hände aneinander und konnte es kaum erwarten am nächsten Morgen den verdutzten Ausdruck im Gesicht ihrer Großmutter zu sehen.

Es war schon tief in der Nacht; Asya lag in ihrem Bett und tat so als ob sie schlafen würde, spitzte jedoch die Ohren und lauschte ob ihre Großeltern sich noch in den Gängen herumtrieben.
Hin und wieder knarzte das morsche Holz in der Nähe ihres Zimmers und Asya kniff die Augen zu, wenn sie das Gefühl hatte jemand würde gleich ihr Zimmer betreten.
Als endlich alle Lichter im Haus zugeknipst worden waren und Asya sich nun hundertprozentig sicher war, dass ihre Großeltern endlich schliefen, riss sie sich die Decke vom Körper und tat die Augen auf.
In vorsichtigen, kleinen Schritten, öffnete sie ihre Zimmertür und tapste im Dunkeln herum. Mit der Zeit gewöhnten sich an die Dunkelheit und sie schlich zu der Haustür.
Mit geschickten Händen öffnete sie die verriegelte Tür und ließ sie einen Spalt offen, so das es aussah jemand hätte das Haus verlassen. Dann eilte sie zum Schlafzimmer ihrer Großmutter und drückte ihr Ohr gegen die Tür.
Außer das regelmäßige Atmen ihrer Großeltern, war kein Mucks zu hören und Asya war sich nun ganz sicher, dass ihre Großeltern schliefen. Vorsichtig öffnete sie die Tür und bemühte sich kein Geräusch zu verursachen.
"Wo ist es nur?", flüsterte sie verzweifelt, nach langem Suchen. Bis jetzt hatte sie die Kette nicht gefunden und es war nur eine Frage der Zeit, bis der morgen anbrechen würde.
Asya wagte einen Blick zu ihrer Großmutter, die im Schlaf nicht einen minder bösen Eindruck hinterließ, als wenn sie wach war.
Ihr Blick haftete auf das kleine Kästchen, wo ihre Großmutter eigendlich ihre wertvollen Sachen aufbewahrte. Asya rüttelte daran, doch sie ging nicht auf.
"Na so was auch!", flüsterte sie wütend und hätte es am liebsten ins Gesicht ihrer Großmutter geschleudert, als etwas kleines an ihren Hals, ihre Aufmerksamkeit fesselte.
Eine wunderschöne Kette, deren runder Anhänger mit etlichen Wörtern versehen war. In der Mitte prangte ein Riss, was bedeutete, dass man die Kette aufklappen konnte.
Asya' s Herz schlug schneller und sie pirschte sich vorsichtig an ihre Großmutter heran. Sie hatte schon ihre Finger ausgestreckt, als Hamida ihre Nase rümpfte und sich zu der anderen Seite des Bettes drehte.
Mit den Fingerspitzen öffnete sie die Kette und zog sie vorsichtig von ihrem Hals. Doch ohne jegliche Vorwarnung, schoss eine knorrige Hand aus dem Bett und hielt das kalte Metall fest.
'Jetzt oder nie', dachte Asya und riss es ihr aus der Hand. Sie hastete zu dem Flur, warf eine Vase um und eilte zu ihren Zimmer. Mit zitternden Händen, öffnete sie ein loses Dielbrett am Boden und versteckte die goldene Kette dort drin.
Asya öffnete das Fenster, dann warf sie sich auf das Bett, zog sich die Decke bis zum Kinn und schrie sich die Lunge aus dem Leib.
"Was ist passieret?", rief eine ältere Stimme laut und im nächsten Moment wurde die Zimmertür geöffnet.
"I-ich weiß es nicht", stammelte Asya und versuchte dabei nicht loszulachen. "Es war ein Dieb hier, ich hab ihn gesehen!"
Asya deutete mit ihren Finger auf das Fenster. "Er ist herausgesprungen als er bemerkt hatte, dass ich ihn bemerkt habe."
"Oh, Allah!", rief ihre Großmutter wütend und sie starrte unentwegt auf das aufgerissene Fenster, dann auf die zitternde Asya, die vom ganzen Herzen betete, sie möge nicht in schallenden Gelächter ausbrechen.
Einen Moment funkelte sie Asya misstrauisch an, dann kehrte sie ihr den Rücken zu und schritt zum Flur wo Asya die Vase zerdeppert hatte.

AsyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt