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Kapitel 22/ Fehler

Die Tür glitt auf und Asya betrat zum ersten Mal seit langem das vertraute Haus wieder. Davut trat hinter ihr in die Wohnung und schloss die Eingangstür sorgfältig zu. »Es ist so still hier«, meinte Asya nach einer Weile und sah Davut an. »Ich weiß«, sagte er leise und ihre Blicke trafen sich. »Denkst du hier drin sind Gespenster?«, wisperte Asya leise und Davut lachte auf. »Nicht das ich wüsste«, erwiderte er und schüttelte lächelnd seinen Kopf. »Hmm«, machte sie und fuhr mit ihrem Finger über die dünne Staubschicht der Kommode. »Scheint so als ob du zu faul wärst deinen Hintern zu bewegen und zu putzen«, sagte Asya und ihre Mundwinkel zuckten. Davut verdrehte genervt seine Augen und betrachtete ihr dunkles, langes Haar. »Bei dir ist es auch nicht ungewöhnlich«, stieß er genervt hervor und Asya' s eiskalter Blick ließ ihn wissen, dass er dies lieber nicht hätte sagen sollen. »So ist es also«, flüsterte sie nach einer Weile wütend und Davut, der jetzt ein Wutausbruch erwartet hat, wunderte sich über ihre leise Stimme. »Asya-« »Ich habe es verstanden, Davut. Mir ist klar, dass ich bei dir unerwünscht bin, aber wieso kommst du dann, um mich zu holen. Mir ging es dort besser als hier«, rief sie nun lief mit Zornesröte im Gesicht und lief zu der Haustür. »Du kannst mich nicht anlügen!«, sagte nun Davut und sein Kiefer war angespannt. »Du kannst dich nicht selber anlügen, Asya.« Als sie die Tür öffnen wollte um das Haus zu verlassen, zog Davut sie zurück und drückte sie sachte gegen die Wand. »Du warst dort nicht glücklich, dort wärst du es nie gewesen«, hauchte er doch Asya schüttelte nur ihren Kopf. »Woher willt du das wissen? Woher willst ausgerechnet du wissen, Davut, was das Gute und Schlechte für mich ist? Seit wann interessieren dich meine Gefühle? Ich bereue den Tag an dem ich dich kennengelernt habe, hörst du?«, flüsterte sie und ging sich mit ihren Ärmeln über ihre feuchten Augen. »Jetzt bin ich wieder der Schuldige«, knurrte er und drückte ihr Kinn nach oben, damit sie in seine Augen blicken musste. Diese Geste erinnerte Asya an ihre erste Begegnung und ihr lief unwillkürlich eine bittere Reue über den Rücken. »Ist dir überhaupt klar, wie es meinem Vater ging, als du verschwunden warst?«, fragte er zähneknirschend. »Ist dir überhaupt klar, wie es mir ging?« Seine rechte Hand ruhte immer noch auf ihrem Kinn und die andere hielte sie an den Hüften fest, damit sie ihm nicht entfloh. »Ich habe es satt mir ständig von dir anzuhören, dass ich angeblich an allem Schuld sei. Ich hasse es, wenn mir jemand das Gefühl gibt, dass allein ich für die Folgen verantwortlich bin. Ist dir klar, wie sehr ich gehofft hatte, dass du deine Meinung änderst? Wie sehr ich gehofft habe, dass du zurückkehrst?« Stille. Davut lachte leise. »Aber denkst du ernsthaft ich hätte mir Sorgen um dich gemacht?« »Lass mich los.« Ihre Stimme zitterte und sie gab sich große Mühe ihren Kloß herunterzuschlucken. Sie zwinkerte wie verrückt mit ihren Wimpern um die Tränen zu meiden und wagte es nicht in das Gesicht von Davut zu sehen. Ihre Großmutter hatte Recht. Sie hatte Niemanden auf der Welt, für den sie wichtig war. Niemand der ihr das Gefühl gab wichtig zu sein. Keine Eltern. Keine Familie. Keinen richtigen Ehemann. »Wenn du gegenüber mir so viel Hass verspürst, wieso lässt du mich dann nicht gehen?«, fragte sie ihn leise und Davut kam ihr näher. »Weil ich meine Mutter nicht enttäuschen will«, meinte er nach langem Zögern. »Du hättest dir lieber ein anderes Spielzeug aussuchen können. Du hättest warten können, bis du das Mädchen deiner Träume gefunden hättest und erst dann geheiratet. Damit hättest du deiner Mutter eine viel größere Freude gemacht, du hättest ihr Enkelkinder schenken können. Wieso ausgerechnet ich, Davut? Wieso musstest du ausgerechnet an dem Tag kommen, wo ich auf dem Heimweg war. Wieso musstest du ausgerechnet zu dieser Zeit kommen?« Ihre Augen brannten, doch sie wollte sich nicht schwach gegenüber ihm zeigen. Sie wollte ihm nicht zeigen, welche Macht er über sie besitzt. »Du verstehst das nicht«, erwiderte er nach einer Weile, seine Augen sahen müde aus, so als hätte er die letzten Wochen nicht richtig geschlafen. »Lass mich gehen«, bat Asya ihn wieder. »Heirate eine andere, Davut, und werd mit ihr glücklich. Ich sehe keinen Grund wieso du bei mir bleibst!« »Du willst also gehen?«, fragte er nach einer Weile und legte dabei sein zweiten Arm um ihre Taille. »Fass mich nicht an«, zischte sie, doch Davut schien es nichts auszumachen. »Du willst gehen, mich dabei für immer verlassen?«, wisperte er so nah an ihrem Ohr, sodass sie zusammenzuckte. »Ja«, entgegnete sie jähzornig und trat unsicher auf dem einen Bein zum anderen. Seine Mundwinkel krochen nach oben und seine vollen Lippen, kräuselten sich zu einem Lächeln. »Und wohin willst du gehen?« Diese Frage traf sie wie ein Schlag. »Sag schon«, trieb er sie an und obwohl er sie nur leicht festhielt, war es ihr nicht möglich sich aus seinem Griff zu befreien. »Geh doch zu deinem Verlobten«, sagte er mit einem spöttischen Unterton, dennoch nahm sein Gesicht einen Ausdruck von Erbitterung an. »Du weißt ganz genau, dass ich es selber nich- «, setzte sie einen vernünftigen Satz an, doch Davut ließ sie nicht ausreden. »Hast du nicht eben gesagt, dass es dir dort besser erging als hier? Hast du mir nicht gesagt, wie glücklich du dort warst?« »Ich verstehe eins nicht.« Asya hob ihren Kopf und blickte in die grauen Augen von Davut. »Wieso habe ich dir von meinem Leben erzählt, wenn du es sowieso nicht beachten wirst?« Als sie sah, dass er ihr nicht antworten würde, riss sie sich von ihm los und rannte in das Zimmer. Sie schloss die Tür hinter sich zu und saß sich auf das Bett - das Gesicht in die Handinnenflächen verborgen.

AsyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt