Kapitel 6
Ryan stand vor einem Fenster und blickte zu den Sternen. Irgendwo da draußen drehte sich die Erde und mit ihr Deliah.
Er versuchte sich an ihre Stimme zu erinnern und bemerkte zu seinem Schrecken, dass er nur mehr einzelne Laute von ihr im Ohr hatte.
In ihm rang ein Teil mit der Frage: »Solltest du nicht ein neues Leben mit Stella beginnen?«
Erschüttert und angewidert schob er den Gedanken von sich. Er hatte zu viel mit Deliah durchgemacht, um sie nun einfach aufzugeben.
Durch die Tür traten Kommandant Selinger und Dr. Swoon. Hinter ihnen folgte die Crew die mit Ryan angekommen war. Xavier, Yu Chen und Robert. Ihre Gesichter waren gezwungen freundlich, sie nickten Ryan unsicher zu, der ihnen winkte. Stella stand im Hintergrund an die Wand gelehnt und sah den Männern zu.
Der Kommandant öffnete einen Kasten und entnahm vier weiße Plastik-Papierkörbe. Auf jedem war mit schwarzem Filzstift ein Gesicht gezeichnet. Selinger verteilte die Eimer an die vier Männer.
Ryan nahm seinen nickend entgegen. Selinger sah ihn aus den Augenwinkeln an.
»Diese Übung nennt sich „Kopf im Eimer“ und wird dazu dienen Eure Koordinationsfähigkeit im Falle eines Sandsturms auf der Oberfläche zu testen. Ihr stellt Euch da drüben zu Ryan an die Wand, ihr bekommt ein Seil in die Hand und dann versucht ihr einfach durch den Raum zu mir zu kommen. Merkt Euch wo ich stehe. Ihr müsst nur gerade aus gehen. Xavier macht den Anführer.«
Selinger deutete auf seinen Kopf.
»Aufsetzen.«
Ryan stülpte sich den Eimer über. Der Gestank von frischem Plastik fuhr in seine Nase, dass er niesen musste. Er hörte seinen Atem und jede Bewegung hallte dumpf wieder. Im wurde heiß.
Jemand drückte ihm mit den Worten: »Festhalten«, ein Seil in die Hand. Ryan drückte zu.
Mit einem Ruck bewegte sich der kleine Trupp vorwärts und während alle einen Heidenspaß zu haben schienen, grübelte Ryan vor sich hin.
Sein Vater war ein unberechenbarer Spieler, der alles, was er zu Geld machen konnte auf Hunde, Pferde oder Fußball setzte. Seine Mutter eine fanatische Katholikin, die sich das Antlitz des Heilands am Kreuz auf die linke Brust tätowieren hatte lassen. Ryan nahm an, dass er daher Probleme hatte aus Tassen zu trinken, auf denen menschliche Gesichter gedruckt waren.
Jedes Wochenende musste er vor dem Kirchgang seinen Vater auf die Rennbahn fahren und danach abholen. Dazwischen kniete er neben seiner Mutter vor dem Altar und wünschte sich zwischen die Beine Deliahs.
Deliah hatte ihn dann aus diesem Wahnsinn befreit. Eines Tages war sie mit zwei Tickets und einer Reisetasche vor der Tür gestanden.
Ryan stand wieder einmal vor der Entscheidung zwischen Rosenkranz und Pfandhaus. Deliah zog ihm seine Jacke über, packte ihn an der Hand und zog ihn mit sich fort. Sein Vater versuchte ihn zurückzuhalten. Deliah sah ihn an und sagte: »Haben Sie Lust auf ein kleines Spielchen?«
Samuel Blankenship kratzte sich am unrasierten Kinn.
»Wieso nicht.«
Deliah kramte eine Münze aus der Tasche.
»Kopf – ich nehme Ryan mit und sie sehen uns nie wieder, sie werden uns auch nicht mehr verfolgen. Zahl – Ryan bleibt, sie bekommen mich für eine Nacht und dann verschwinde ich aus eurem Leben.«
Samuel Blankenships Augen glänzten gierig geil.
»Abgemacht«.
Deliah warf die Münze. Ryan glaubt dass eine Ewigkeit verging, bis sie in ihrer Handfläche aufkam. Es war Kopf. Mit einem entsetzen Blick zurück, zerrte ihn Deliah in das wartende Taxi und sie flohen.
Im Auto fragte er Deliah: »Und wenn es Zahl geworden wäre?«
Deliah schüttelte den Kopf.
„Niemals.“
»War die Münze manipuliert?«
»Nein. Es ist eine ganz normale Münze, die ich als Wechselgeld bekam. Aber ich glaube an das Schicksal. Es musste so kommen, nach alldem was du durchgemacht hast.«
Damit legte sie seinen Kopf an ihre Schulter und sah aus dem Fenster zu den Sternen auf. Er war nie mehr nach Hause zurück gegangen.
Selingers Stimme unterbrach seine Gedanken.
»Eine Katastrophe, was ihr hier anrichtet. Denkt daran, wenn ihr in einen Sandsturm kommt, dann ist das wie ein Blizzard auf der Erde. Ihr könnt Eure Hand nicht mehr vor Augen sehen, die Kommunikation ist eingeschränkt und Orientierung nicht vorhanden. Noch einmal.«
Ryan spürte Swoons weiche Hände auf seinem Oberkörper, die ihn zurück zur Ausgangsposition drückten.
»Los«, rief der Kommandant und die Truppe setzte sich wieder in Bewegung. Ryan verfiel wieder in Gedanken.
Nach einer langen Reise durch Südamerika beschlossen Deliah und er es schließlich das Abenteuer es zu wagen. Ein neues Leben auf dem Mars. Gemeinsam. Ohne Vergangenheit, nur mit einer Zukunft. Ihrer eigenen.
Ryan musste wieder mit den Tränen kämpfen, als er daran dachte, dass Deliah ihm das Leben rettete, nur damit sie das Schicksal wieder trennte.
Er trampelte jemandem auf die Zehen. Xavier brüllte.
»Kannst Du nicht aufpassen, Blankenship?«
Ryan wollte sich entschuldigen, biss sich dann aber auf die Lippen und grinste unter seinem Eimer in sich hinein.
»Die Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied«, sagte Selinger.
»Da draußen zieht ein kleiner Fehler eine Kaskade von weiteren nach sich, die tödlich sein können. Denkt immer daran, ihr seid nur so stark, wie der Pionier neben Euch.«
Stille kehrte ein. Xavier, Yu Chen und Robert nahmen die Eimer ab. Nur Ryan ließ ihn auf dem Kopf. Er fühlte sich überaus wohl in dieser neuen kleinen Welt, in der er uneingeschränkter Herr seiner Sinne war.
***
... wie geht es weiter?
Wenn es Euch gefallen hat, dann habt ihr jetzt mehrer Möglichkeiten. Ihr könnt ...
* Ein Sternchen zum leuchten bringen! Vote for it!
* Eure Ansichten in Form eines Kommentars posten (darüber freue ich mich besonders!)
* Mal auf Wattpad stöbern, was es von mir sonst noch so gratis zu lesen gibt
* Auf meiner Amazon-Seite vorbeischauen: http://amzn.to/SnipaX
Das alles könnt ihr machen ... nicht zwingend in der Reihenfolge, versteht sich. ;)
Euer Luc
