18.Kapitel

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Tage vergingen und ich warte sehnlichst auf die Rückmeldung der Academy. Natürlich ist mir bewusst, dass so etwas länger dauern kann, aber das macht mich nicht unbedingt geduldiger, wenn ich ehrlich sein soll.

Mit Tom habe ich in letzter Zeit kaum geredet. Das liegt allerdings weniger an mir, als an ihm, da er mir ständig aus dem Weg geht und nicht umgekehrt.

Vielleicht war ich doch etwas zu hart zu ihm. Aber hätte er es sonst verstanden?

Ich meine, ich bezweifle immer noch, dass er mich verstanden hat, so sehr ich es mir auch wünsche.

Jungs waren eindeutig zu kompliziert.

"Ellie, Post für dich!" Emma kommt mit einem Brief in der Hand auf mich zugesprungen.

Ich lehne an der Koppel und betrachte die wilde Horde beim herumtollen. Sogar die älteren benehmen sich wie junge Hengste.

"Hier, der ist grade gekommen. Aus Seoul." Ihre Augen funkeln, ihr kindliches Lächeln wird breiter.

Überrascht greife ich nach dem Umschlag. Er ist leicht. Vielleicht zu leicht. Eine leichte Panik überfällt  mich. Was wenn ich nicht zu der Audition zugelassen worden bin? Das wäre das Ende.

Zitternd öffne ich den Brief. Emma sieht mich erwartungsvoll an.

Sehr geehrte Ms Hale,

hiermit freuen wir uns Ihnen mitteilen zu dürfen, dass sie zu der Audition in Colorado zugelassen worden sind.

Meine Augen weiten sich. Glücksgefühle strömen durch meinen Körper.

"Ellie?" Meine kleine Schwester nimmt mir den Brief aus der Hand.

"Ich habs geschafft. Ich bin zugelassen zu der Audition." Ich kann es immer noch nicht ganz glauben.

"Ich wusste du schaffst das, ich wusste es." Aufgeregt springt sie auf und ab und saust dann Richtung Haus zurück um Mom und Dad davon zu erzählen.

Ein glückliches Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Ich bin meinem Traum ein Stückchen näher gekommen. Ich werde es schaffen. Das weiß ich.

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"Du bist also zur Audition geladen worden." Kühl dringt seine Stimme zu mir durch. Ich sitze auf dem Heuboden und überlege was ich vortanzen könnte. Denn das ist eines der wichtigsten Entscheidungskriterien.

"Ja bin ich." Ich erwidere seine Worte genauso kühl.

"Glückwunsch." Er klingt nicht gerade so, als ob er es meint.

"Du musst es endlich akzeptieren." Ich will dieses Gespräch nicht noch einmal führen müssen.

"Kann ich nicht."

Ich drehe mich zu ihm und sehe ihn scharf an. "Hör endlich auf dich selbst zu bemitleiden. Verdammt, du bist nicht mehr der Tom, den ich kenne. Der alte Tom, der hätte mich und meinen Wunsch verstanden und darauf Rücksicht genommen. Was ist aus diesem geworden?"

Er sieht mich nur an. Ohne jegliche Emotionen.

"Ich ertrag das nicht mehr. Du bist nicht mehr der, der mal mein bester Freund war. Der, der mir immer gesagt hat, das alles gut wird. Was ist mit meinem großen Bruder passiert?"

Er schluckt. "Den gibt es nicht mehr."

Ich nicke langsam. "Ja, das glaube ich auch." Dann nehme ich meine Notizen, dränge mich an ihm vorbei und gehe weg.

"Ellie!" Selbst der Klang seiner Stimme, wenn er meinen Namen ruft, ist anders.

Für mich ist das nur noch mehr Ansporn. Ich muss hierweg. Weg von meiner Vergangenheit, meinem alten Ich, dem Ort, den ich als Gefängnis angesehen habe, von Tom. Ich brauche diesen Neustart.

I am EleanorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt