Kapitel 56

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Ein seltsamer Traum weckte mich aus dem Schlaf. Es war ein Traum den ich nicht wirklich deuten konnte. Ich hatte nicht wirklich etwas oder jemanden gesehen, aber ich hatte etwas gefühlt. Ein eigenartiges Gefühl von Kälte die über mich kam, die mich dennoch nicht erzittern ließ. Es hatte sich um mich gehüllt, schnürte mir schon fast die Luft zu. Und dennoch konnte ich atmen. Und selbst als dieses erdrückende Gefühl noch stärker wurde und mich eigentlich zu ersticken gedroht hätte- selbst dann atmete ich. Ich wachte auf als das Gefühl verschwand und ich nichts mehr außer einen Luftzug spürte.

Es war ruhig in meinem Zimmer gewesen, wie immer. Ich hörte gedämpfte Gespräche von meinen Eltern unten und blieb einen Moment einfach still liegen und ließ den gestrigen Tag noch einmal Revü passieren. Viele Dinge waren jetzt geklärt und einige musste ich noch klären. Zum einen gab es für mich keine Hochzeitspläne mehr mit Arjun und ich glaubte auch daran, dass in näherer Zeit nichts passieren würde. Zum anderen gab es dafür einiges zu klären mit Luc, denn er hatte bis vor kurzem gedacht das ich ihn heimlich verlassen hatte. Ich wusste nicht wann ich Luc wieder sehen würde um mit ihm persönlich zu reden, aber wenn es sein musste würde ich es ihm telefonisch erklären müssen. Er sollte gerade auf dem Weg zurück zur Uni sein.  Ich hatte Schuldgefühle, die mich in den Wahnsinn trieben als ich mich an sein Gesicht wieder vorrief. Und wieder spürte ich dieses Gefühl von Kälte, die ich auch zuvor in meinem Traum gespürt hatte. Nur jetzt zitterte ich.

Das vibieren meines Handys holte mich aus meiner kleinen Trance heraus. Es blinkten Nachrichten auf dem Display und ich sperrte mein Handy auf. Die erste Nachricht war von Siarra gewesen.

Von Brother from another mother:

Es tut mir Leid, dass ich es ihm gesagt hatte, aber du hast es nicht getan und ich musste es tun. Luc meinte aber es sei alles wie immer. Was ist gestern passiert? Hast du es deinen Eltern gesagt?

Ich hatte ja gewusst das sie es ihm sagen würde wenn ich es nicht tat. Also könnte ich nicht  wirklich sauer auf sie sein. Sie hatte es ja immer nur gut mit mir und Luc gemeint, auch wenn es mir etwas Leid erspart hätte wenn sie es ihm nicht gesagt hätte. Ich schrieb Sia zurück das ich später vorbei kommen und es ihr erzählen würde und das alles okay sei. Außerdem fragte ich sie wie es Luc gestern ging als er wieder nach Hause gekommen war. Ob er sich irgendwelche Sorgen gemacht hatte. Ob er sauer war. Ich musste unbedingt mit ihm reden und ich würde es im Laufe des Tages noch tun. Ich konnte nicht sagen ob er noch auf dem Weg oder schon angekommen war. Ich würde ihn anrufen wenn meine Eltern beschäftigt wären.

Die nächste Nachricht die ich bekommen hatte, machte mir klar das ein Anruf nicht nötig sei. Es war von Luc

Von: Lara <3

Treff mich um 14 Uhr am Baumhaus.

Er war noch hier! Er war noch nicht gegangen und ich konnte ihn noch sehen. Ein Gefühl von Freude bereitete sich in mir aus, was aber durch Zweifel übertrumpft wurde. Ich wurde das Gefühl nicht los, das uns heute nicht viel Zeit für Zärtlichkeiten blieb, sondern daß wir wie gesagt einiges zu klären hatten. Ich schrieb ihm zurück das ich da sein würde und stand vom Bett auf um mich für den Tag vorzubereiten.

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Der Sommerregen von gestern schien vorüber zu sein und die Sonne schien in einem breiten Strahl durch die Bäume hindurch. Es bildete sich ein Schattenspiel auf dem Boden, den ich mit jedem neuen Schritt nach vorne einer neuen Szene entgegenblickte. Schweißperlen bildeten sich langsam an meiner Stirn während ich weiterhin geradewegs den Pfad entlanglief der sich mir öffnete. Ich joggte schon seit einigen Minuten ziellos im Wald herum, und hörte erst dann auf als ich Luc in der Ferne erkannte. Ich blieb abrupt stehen und sah ihn an, wie er in meine Richtung schaute. Wie er mich anschaute. Wieso kam er mir immer so surreal vor, wenn ich ihn sah?  Ich ging weiter  und kam ihm mit jedem Schritt näher. Sah mit jedem Schritt seine Konturen und Gesichtszüge klarer und besser. Und als ich nur noch wenige Metern vor ihm stand wusste ich das jetzt wahrscheinlich nicht der beste Zeitpunkt gewesen war ihm in die Arme zu laufen und ihn trostlos zu küssen. Also blieb ich stehen und schaute sein viel zu ernst wirkendes Gesicht an und spürte sowas wie Säure das mein Herz wegzuätzen begann. Und bevor ich auf meine Vernunft hören konnte und vernünftig handeln konnte , Wiederstand ich dem Drang einfach stehen zu bleiben und lief geradewegs in seine Arme herein, die reglos an seinen Seiten waren. Ich spürte zwar seinen warmen Körper,aber keine Wärme seinerseits. Er blieb reglos für einen viel zu langen Moment, aber nach einem tiefen Seufzer seinerseits spürte ich auch seine Arme um mich. Ich vergrub mein Gesicht in seine Brust und nahm seinen Duft ein und schloss die Augen.

Das Leben ist kein BollywoodfilmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt