Kapitel 59

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Zum ersten Mal seit Monaten fühlte sich die Luft um mich herum nicht schwer an. Das Atmen schien einfacher, das Leben etwas unkomplizierter. Ich schaute mich im Spiegel an und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ein langes knallgelbes Sweatshirtkleid reflektierte sich in meinem Spiegel. Mitten auf dem Sweatshirt  klebte ein, aus Alufolie zusammen geschnittener Rechteck und auch auf dem Kopf fehlte natürlich nicht meine aus Chenilledraht geformte Antenne. Passend zum Ton meines Sweatshirts waren auch meine gelben Leggins, die ich drunter trug. Ich sah total absurd aus und ich liebte es. 

Noch gestern hatten Penelope, Priya, Siarra und Ich in Priya's Zimmer gesessen und an unseren Teletubbieskostümen gearbeitet. Wir schwelgten in Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit auf der Schule, denn in wenigen Monaten würde auch dieser Lebensabschnitt bei uns ein Ende finden. Wir immitierten urkomische Momente von Lehrern und Schülern nach, lachten über all die Abenteuer auf Klassenfahrten und auf dem Schulhof und wurden emotional als wir merkten, das uns nur noch diese eine Woche an dieser Schule blieb, denn danach hieß es für uns Zuhause für die Abiprüfungen lernen. Das waren unsere letzten 5 Tage auf einer Schule, die einem zweiten Zuhause ähneln könnte. Eine Woche voller witziger Kostüme und Streiche auf die unteren Klassen. Die Mottowoche unserer Schule begann mit dem Motto "Kindheitshelden". Natürlich konnten wir uns diese Chance nicht ergehen lassen, um mit einem Gruppenkostüm auf dem Schulhof zu prahlen und was passte besser zu uns als vier komische Wesen von dem niemand wirklich wusste was sie eigentlich waren.

Ich weiß nicht ob es daran lag das ich mich mit jedem Tag ein Stück meinem alten Selbst näherte oder an der Tatsache das wir vier uns nach wenigen Monaten trennen und andere Wege gehen würden, aber genau an diesem Abend merkte ich was ich für ein Glück hatte mein Leben mit diesen drei Idioten verbringen zu dürfen. Ich liebte diese drei Mädchen, als wären sie meine Schwestern und keine Distanz würde das ändern. Komme was wolle. Und dennoch machte es mich traurig bald nicht mehr mit ihnen die Pausen zu verbringen und über so viel dummes Zeug zu lachen.

Ich blinzelte mich aus meinen Gedanken heraus und starrte wieder auf das alberne Mädchen im Spiegel und schüttelte grinsend den Kopf. Nur wir kamen darauf uns wie die Teletubbies zu verkleiden. Ich schulterte mir meine Tasche und schlenderte nach unten. Meine Mutter begrüßte mich am Fußende der Treppe mit einem Kopfschütteln.

"Ihr seid doch verrückt" sagte sie und ging lachend in die Küche.

"Wie sehe ich aus?"sagte ich grinsend während ich ihr in die Küche folgte. "Meinst du so kann ich auch später zur Uni gehen?"

"So kannst du höchstens in die Klapse gehen" scherzte sie und ich lachte. Ich nahm mir mein Brot von der Anrichte und verließ immer noch lachend die Küche, als es rechtzeitig klingelte.

"Laa-Laa!"  hörte ich sofort, als ich die Tür öffnete und sah in das selbe Kostüm das ich trug, nur das es mir in einem knalligen rot entgegen schimmerte.

"Po!" rief ich lachend und hob meine Hände in einer Hampelmanstellung.

"Wessen Po?" sagte Sia sarkastisch, während sie am Türrahmen stand und darauf wartete das ich mir die Schuhe anzog.

Ich lachte und schüttelte den Kopf. Auf sowas würde nur sie kommen.

"Na Po's Po"

"Was ist damit?" fragte Sia, während sie ein Lachen unterdrückte.

"Naja, bei Po's Po kommt die Po-lizei" sagte ich und wackelte mit meinen Augenbrauen.

"Ach, das ist kein Po- blem" zuckte Sia ganz gelassen die Schultern und schaute mich grinsend an. Dann war es für einige  Sekunden still, bevor wir in schallendes Gelächter ausbrachen. Ich lächelte. Ich hatte lange nicht mehr so viel gelacht und es fühlte sich gut an.

Das Leben ist kein BollywoodfilmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt