Lord Kommandant hin oder her

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Der Raum leerte sich.
Nach und nach begaben sich die Krähen auf ihre Posten um ihre Arbeit fortzuführen. Mayisa saß stumm an ihrem Tisch und löffelte ihren Teller leer.
Sie wollte keinem der Männer ins Gesicht schauen. Zu groß war die Befürchtung, einer der Männer könnte ihren Blick falsch verstehen. Da saß sie also, den Kopf gesenkt, während immer mehr an ihr vorbei liefen, bis schließlich alle Stimmen verstummt waren und man nur noch den Löffel im Teller hören konnte. Mayisa konnte im Blickwinkel sehen, dass Jon Schnee immer noch auf seinem Platz war. Ihre blauen Augen versuchten sich auf das Essen zu konzentrieren, da bemerkte die junge Frau wie der Lord Kommandant sich erhob. Mit langsamen sanften Schritten kam er zu ihrem Sitzplatz und setzte sich ihr gegenüber.
Schüchtern sah sie auf und schluckte herunter.

"Ich habe mich noch nicht für eure Mühen bedankt.
Ich werde euch wohl niemals die Zeit zurückgeben können, die ihr hier verbracht habt, nur um ein Dokument zu einem Bastard zu bringen."
Er warf ihr einen freundlichen Blick zu. Dann nickte er dankbar. "Ich habe es Robb versprochen.
Und ich halte meine Versprechen," gab die Frau zurück.
Wieder lächelte er freundlich. "Es interessiert mich brennend wie ihr all die Jahre in diesem Land überlebt habt."

Mayisa schaute weg. Hinaus durchs Fenster des Raumes.
"Ich bin gut darin mich zu verstecken, denke ich.
Die meiste Zeit hatte ich wohl Glück."
Sie sah betrübt aus als sie diese Worte aussprach. Jon merkte sofort, dass sie nicht gerne darüber redete. Wahrscheinlich waren es sehr schwere Jahre gewesen. Grausame Jahre.
Ihn ging nichts davon an, was ihr passiert war.

"Warum konntet ihr vor den Freys fliehen?"

Sie holte tief Luft und atmete kräftig aus.
Ihr war klar gewesen, dass es ihn interessieren würde und es irgendwann jemanden geben würde, der von diesem schlimmen Abend Geschichten hören wollte.
Doch musste es jetzt sein?

"Ich mochte solche Feste nie.
Talisa wusste das, weshalb sie mich in ein benachbartes Dorf schickte um dort neue Kräuter und Mittel für unsere Arbeit zu holen. Ich war nicht dabei, als es passierte.
Ich kam zurück als sie bereits Robb's toten Körper mit dem aufgenähten Wolfskopf durch die Leute führten und ihn schändeten." Verletzt sah sie auf ihre Hände.
Sie schloss die Augen und verzog das Gesicht.

"Zum Glück trug ich nie ein Wappen an meiner Kleidung, also konnte ich im Schutz der Nacht fliehen. Ich lief zu Robb's Zelt, nahm das Dokument an mich, und verschwand. Es gab viele Frauen im Lager, die nicht so viel Glück hatten wie ich." Jon beobachtete jede Bewegung ihre Gesichts. Sie leidete, wenn sie erzählte.
Sie hatte einen genauso großen Verlust erlitten, wie er.
Doch sie war an dem Ort gewesen. Sie hatte gesehen was passiert war.
Sie hatte das Schreckliche gesehen.

"Ich streifte durch den Norden.
Einige Bolton Fanatiker erzählten mir mit Begeisterung über den Tod von Lady Stark, Robb und Talisa. Sie sagten, Talisa wäre in den Bauch gestochen worden.
Robb hätte schon einen Pfeil in der Brust gehabt, als er ihren toten Körper in seinen Händen gehalten hatte. Lady Stark brüllte wie ein Dämon herum und schnitt aus tiefster Verzweiflung Walder Frey's Frau die Kehle durch, worauf sie ebenfall getötet wurde." Starr sahen ihre Augen nun an die Wand. Sie schien voll und ganz in dieser Nacht zu sein.

"Ich war die erste, der Talisa erzählt hatte, dass sie von Robb schwanger war.
Ich weiß gar nicht wer sich mehr gefreut hat." Tief holte sie Luft.
Ihre Augen hatten sich mit salzigen Tränen gefüllt. Verletzt und wütend sah sie Jon an.
Auch er schien zu trauern. Er hatte seine Stirn gekrümmt und seine Augenbrauen zusammengezogen. Erst zögerte Jon, doch dann umgriffen seine starken Hände ihre kleinen zarten Fäuste. Sanft hob die junge Frau den Kopf. Dann schaute sie direkt an.
Seine dunkelbraunen Augen sahen noch trauriger aus als sonst.

"Der Norden vergisst nicht, Mylady." Diesmal war er es, der Luft holte. "Niemals."

Sie lächelte leicht.

Drachenfeuer | jon snowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt