Kapitel 10 - Von Veilchen und Briefchen

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L O U I S

Gestresst fuhr ich mir immer und immer wieder durch die Haare, rieb mir zuerst die Augen, dann die Schläfen und die Kopfhaut. Der pochende Schmerz und das ewige Kreisen meiner Gedanken blieb jedoch. Genau wie das unangenehm klaffende Loch in meiner Brust, dass sich einfach nicht mehr füllen wollte, seitdem Harry gegangen war.

Ein energisches Klopfen an meiner Zimmertüre ließ mich hochfahren. "Bärchen, das Essen ist fertig", drang die samtige Stimme meiner Mutter durch die schwere Türe und obwohl mir ihre Kosenamen wie eh und je den letzten Nerv raubten, konnte ich ihr nichts ausschlagen und erhob mich letztendlich doch noch, um auch mal wieder am gemeinsamen Abendessen teilzunehmen.

Vorher jedoch entschloss ich mich, meine Hose zu wechseln, da Sweatpants dann doch angenehmer waren als enge Jeans, also schlüpfte ich schnell aus dem dunklen Stoff und schmiss die Hose gerade unachtsam über meinen Sessel, als ein Zettel aus einer der Taschen heraussegelte.

Nicht, dass ich eine Zettelphobie hatte, aber seitdem ich in letzter Zeit bereits ein paar dieser Notizen gesehen hatte, bekam ich ein mulmiges Gefühl. War das wohl wieder einer dieser Briefe, dieser wirren Sätze? Und wie kamen sie in meinen Besitz?

Louis, geliebter Louis, wieso siehst du mich nicht? Deine Augen sind offen, so oft habe ich sie schon gesehen und mich in ihnen verloren, aber du willst es einfach nicht erkennen. Mich nicht erkennen. Wieso?

Das Lesen brachte mir wohl endgültige Gewissheit. Wer hinter diesen Botschaften steckte, blieb mir jedoch vollkommen schleierhaft. Allerdings konnte ich mir sowieso nur irgendeine verknallte Cheerleaderin oder einen meiner Kumpels dahinter vorstellen, obwohl die Worte, die gewählt wurden für die wenigen Zeilen viel behutsamer und graziler wirkten, als es je einer dieser Personen getan hätte.

Aber es gab doch eigentlich kaum Leute an der Schule, die ich wirklich noch nie gesehen hatte? Normalerweise grüßte ich sogar jeden, der mir entgegenkam, einfach aus reiner Höflichkeit und weil es mir meine Eltern so beigebracht hatten. "Kommst du bitte jetzt endlich, Schatz? Der Auflauf wird kalt!", schallte auch prompt die Stimme meiner Mutter aus dem Erdgeschoss nach oben zu mir und seufzend begab ich mich auf den Weg nach unten.

Dieses Rätsels Lösung würde wohl auf sich warten lassen müssen.

***

Als ich am nächsten Morgen im Unterricht saß, dröhnte mir der Schädel. Ich hatte nachts kaum geschlafen, mir das Hirn zermartert und mir dermaßen Sorgen um Harry gemacht, dass mir kotzübel wurde. Und Jughead hätte ich am liebsten als Guten-Morgen-Gruß mitten ins Gesicht geschlagen. Sein Verhalten war absolut daneben gewesen und er hatte sich nicht einmal entschuldigt, dieser Bastard. Doch das würde er noch nachholen, dafür würde ich sorgen. Spätestens beim heutigen Orga-Team-Meeting.

"Louis, est-ce que tu peut répondre à la question de Melanie, s'il vous plaît?", riss mich meine Französisch-Lehrerin unsanft aus meinen wirren Gedankengängen und erschöpft blickte ich sie mehr als nur ahnungslos an. "Je ne comprends pas", stammelte ich peinlich berührt, allerdings zischte mir Nick im nächsten Moment eine passende Antwort zu, wofür ich ihm wirklich dankbar war.

"Je suis allé au cinéma avec mes copains et ma famille." "Très bien", lobte mich meine Lehrerin schließlich mit zufriedenem Lächeln und ließ mich fortan für die Stunde in Ruhe Trübsal blasen. Sie musste wohl genauso froh darüber gewesen sein, dass ich überhaupt zu irgendeiner Antwort letztendlich im Stande gewesen war, wie ich. Kein Wunder aber bei dem schweren Kopf, den ich heute hatte.

Der Unterricht zog sich schleppend dahin und es gab wohl kaum ein Fach, dem ich wirklich meine Aufmerksamkeit schenkte, die meiste Zeit versuchte ich einfach, dennoch mitzuschreiben und nicht einzuschlafen. Ich würde es mir später noch danken, wenn ich meinen Abschluss schaffen wollte.

Das Football-Training am Mittag lief nicht viel besser, bei stechender Hitze trainierten wir in der Mittagssonne fast ganze drei Stunden und als ich noch mit feuchten Haaren von der Dusche schließlich in der Turnhalle ankam, waren alle außer mir schon da. Nun ja, alle außer mir und Harry.

Angespannt presste ich meinen Kiefer aufeinander und straffte die Schultern, ehe ich auf die Tribünen zu lief.

Einzelne Begrüßungsfetzen wurden mir entgegengebracht, doch dies interessierte mich herzlich wenig. "Wo ist Harry?", lautete meine erste Frage, sobald ich meine Tasche abgestellt hatte. Gerädert und noch immer zornig auf Jug scannte ich die Menge und ich war mir sicher, das ein oder andere schulbewusste Gesicht zu erkennen. Als mein Blick bei Jughead hängen blieb, sah er in dem Moment ebenfalls direkt zu mir und erschrocken sog ich die Luft ein.

"Was zur Hölle ist denn mit dir passiert? Ich hab dir doch noch gar nicht die Abreibung verpasst, die du so verdient hast", spottete ich und hob eine Augenbraue, während ich die kleine Platzwunde an seiner Stirn betrachtete, um die sich längst ein blasslilaner Fleck gebildet hatte. "Zu viel Zeit mit den aggressiven Kids im Kindergarten verbracht, was? Also da, wo du herkommst", zog ich ihn weiter auf und verschränkte missbilligend die Arme, während ich mir auf die Lippe biss, um mehr Schadenfreude zurückzuhalten.

"Louis", murmelte Archie und erwartungsvoll betrachtete ich nun den Rothaarigen. "Ja bitte? Hast du mir vielleicht auch etwas mitzuteilen, hm?" "Es war Harry." "Was war Harry?" Ich verstand nicht ganz. "Das", verdeutlichte Archie, indem er zielstrebig auf Jugs Kopf deutete. "Das soll Harry getan haben?", hakte ich ungläubig nach. Mehrfaches Nicken und zustimmendes Gemurmel waren Antwort genug.

"Fuck", entfloh es mir leise und abermals massierte ich mir am heutigen Tag die Schläfen. Ich nahm meinen Rucksack und sah noch mal kurz auf die Gruppe vor mir. "Die heutige Sitzung findet ohne mich statt. Tragt eure Ergebnisse zusammen und sammelt bitte weitere Ideen." Mit diesen Worten machte ich kehrt und war schon drauf und dran, die Halle zu verlassen, als ich mich noch ein weiteres Mal zu ihnen umdrehte.

"Ach und Jug?" Verunsichert hob er den Kopf. "Ich hoffe, es hat ordentlich wehgetan", lächelte ich noch nett und verschwand dann. Um mich direkt auf den Weg zu Harry zu machen. Wir mussten dringend reden.

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kapitel 10, da wären wir🌹

das nächste kapitel und vielleicht auch das danach werden noch relativ zeitlich nah bei diesem sein, danach werde ich jedoch einen kleinen zeitsprung einbauen, denke ich.

was denkt ihr, wie wird harry jetzt auf louis reagieren? und louis auf harry?
& wieso hat harry das getan?

ilysm, danke für die votes & kommentare♡

all the love. l x

Caretaker of Love (larry au)✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt