Kapitel 20 - Brüder

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H A R R Y

Ich gab keinen Mucks von mir. Keinen einzigen. Wusste nicht, ob mein Körper unfähig war, jegliche Regung zu zeigen, mein Gehirn schien ausgeschaltet zu haben und dennoch durchflutete mich eine Welle der Angst. Panischer Angst.

Bis Louis der Erste war, der eine Reaktion zeigte.

"Fuck, der Zettel war von dir?"

Der blanke Schock, den seine Stimme mir signalisierte, war für mich ausschlaggebend, meinen Blick in ihre Richtung zu wenden. Doch bevor ich zu Louis schauen konnte, tauchte er in meinem Blickfeld auf.

Und so starrte ich just in dieser Sekunde zum ersten Mal seit beinahe zwei Jahren in diese eisblauen Augen, die mich damals so in den Bann gezogen hatten, dass ich nicht fähig gewesen war, zu widerstehen.

Er zeigte seine schneeweißen Zähne, indem er mich schief wie schon früher auch angrinste. Damals noch hatte mich sein Lächeln wohl zur schwächsten Person der Welt gemacht, schwach und blind vor Liebe. Heute ließ es mich schwach werden, weil ich dachte, ich wäre längst stark genug für eine Situation wie diese. Mit der ich niemals im Leben gerechnet hätte. Nicht jetzt, nicht heute, nie.

"Harry Styles, so sieht man sich wieder." Ich musste schlucken, ehe ich ihm antworten konnte. Zu stark war der Kloß in meinem Hals - oder waren es Tränen, die ich runterzuschlucken hatte? Ich wollte nicht, dass er er mich noch einmal schwach sah.

"William Austin, wie angenehm", stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, meine Stimme so leise, dass sie kaum zu hören war.

"Ihr kennt euch?", erneut durchbrach Louis' schneidende, gar bellende Stimme das angespannte Aufeinandertreffen zwischen mir und meinem Gegenüber. "Louis, ich denke, das hier alles ist ganz ganz schlechtes Timing", versuchte sich nun auch noch Jughead miteinzuklinken und das war der Moment, in dem mir der Kragen platzte. Was bildeten sich all diese Leute hier bitte ein? Dass wir hier ein scheiß Format wie Versteckte Kamera nachstellten?

"Was zum Teufel geht hier vor sich?", zischte ich, nun brodelnd vor Wut. Die Angst hatte meinem Zorn Platz gemacht und ich wusste nicht, welche Verfassung gefährlicher war.

"Ich hab's  ja gesagt. Ich hab's gesagt. Das alles hier wird in einem Desaster enden." Jughead seufzte schwer und erhob sich, als sich unsere Blicke kreuzten. "Harry", sprach er mich nun mit ruhiger Stimme an. "Wir gehen jetzt."

Als ich zögerte, setzte er ein weiteres "Jetzt" hinterher, dieses Mal mit mehr Nachdruck, doch ich wollte nicht. Nicht jetzt. Nicht, wenn ich hierher gekommen war, um meine wohlverdienten Antworten zu erlangen. Also seufzte Jug erneut schwermütig und ließ sich wieder auf seinen Platz fallen, jetzt saß er jedoch um einiges aufrechter und ebenfalls voller Spannung auf seinem Platz, fast wie ein Tiger, der auf seine heutige Beute Jagd machen wollte.

"Wie lange haben wir uns jetzt schon nicht mehr gesehen?", setzte William sein aufgesetztes nettes Geschwätze mit mir fort und mit jedem Wort stieg mir mehr Galle den Rachen empor. Wenn ich ihm doch nur meine Faust ins Gesicht rammen und das Blut an ihm kleben sehen könnte, ganz genau so, wie er mein Herz zum Bluten gebracht hatte, dann wäre das schon alles an Genugtuung, was ich haben wollte.

"Harry, was soll der Scheiß, rede mit mir!", schrie Louis nun aufgebracht und zerrte William von mir weg, sodass nun beide direkt vor mir standen. Louis mit wutverzerrtem Gesicht und verschränkten Armen und William entspannt angelehnt an den Tisch gegenüber. Sein hässliches Grinsen würde ihm schon noch vergehen, so viel war sicher.

"Das fragst du mich?", knurrte ich. "Du fragst mich wirklich, was der Scheiß hier soll, nachdem du mit der einzigen Person hier ankommst, die mich jemals so richtig verletzt hat?" Ich erhob meine Stimme, wurde immer lauter, immer zorniger, je mehr ich daran dachte, was sich hier gerade vor meinen Augen abspielte.

"Scheiße, was redest du für einen Bullshit, Harry? Das ist William, mein älterer Bruder!"

Die Zeit schien zu gefrieren. Kein einziger Laut war im Pop's mehr zu vernehmen, nicht mal das Schlürfen eines Strohhalms. Gespräch hatten sich eingestellt, Leute verfolgten schockiert unseren Streit, der soeben seinen Höhepunkt erreicht zu haben schien.

"Scheiße", murmelte Jughead und machte Anstalten, aufzustehen und mich am Arm zu packen, als ich meinen Arm abhaltend ausstreckte und ihn so auf Abstand hielt. Mein Kopf schien von einer Seite zur anderen zu taumeln, meine Gedanken waren nicht mehr greifbar und das wohl schlimmste - alles war taub. Meine Atmung, mein Herzschlag, meine Gefühle. Alles war stumm und taub und eingefroren.

Bis mein Kopf regelrecht in die Höhe schoss, Louis' Augen auf meine trafen und ich mich langsam erhob.

"Herzlichen Glückwunsch", waren die ersten Worte, die kraftlos meinen Mund verließen, meine Kehle war staubtrocken und ich wollte nicht mehr, doch diese Dinge mussten gesagt werden.

Damit der Heilungsprozess danach überhaupt ermöglicht werden konnte.

"Du hast den Menschen als Bruder, der mir beinahe das Leben zerstört hat, bevor es überhaupt begonnen hatte."

"Ich versteh nicht. Man, Harry, was redest du da? Was soll das? Und was sollten diese scheiß Worte, die du Harry ins Ohr geflüstert hast, William?" Louis war außer sich. Ob es an Atemnot oder seiner Wut lag, war schwer zu sagen, doch sein Blick schnellte andauernd zwischen seinem Bruder und mir hin und her.

"Harry, hör auf so scheinheilig zu tun!", warf Louis nun mir direkt vor, was sich wie ein weiterer Schlag in den Magen anfühlte. "Ich weiß, dass diese scheiß Zettelchen von dir sind, nur jemand wie du kommt auf so eine romantische Kitsch-Scheiße!"

Meine Augen brannten gefährlich, als sie in Louis' blickten und Williams hämisches Grinsen machte es nicht leichter. Von seiner großen Liebe so niedergemacht zu werden, fühlte sich scheiße an. Von seiner großen Liebe im Beisein seines Bruders niedergemacht zu werden, nahm jegliches Selbstwertgefühl. Aber von seiner großen Liebe im Beisein des Bruder, der einen selbst schon genauso verletzt hatte, niedergemacht zu werden, war wie der Wurf ins kalte Wasser, in dem man ertrinken sollte.

Und mir blieb definitiv die Luft weg.

"Nein, Haz, schau nicht so, bitte", haspelte Louis sofort, als er merkte, was er da eigentlich gerade gesagt hatte, doch es war schon zu spät. "Das war nicht so gemeint, bitte sieh mich an", flehte und bettelte er, doch ich wollte jetzt nicht hinhören.

Also wandte ich mich von ihm ab und widmete mich noch ein einziges Mal William. Hoffentlich nun wirklich zum allerletzten Mal in meinem Leben. "Weißt du, als du damals dieses Bild von mir veröffentlicht und mich somit vor wirklich allen Leuten in meinem Leben bloßgestellt hast", flüsterte ich, doch sah ihm direkt in die Augen, "da dachte ich, schlimmer könnte es nicht kommen. Und ich dachte tatsächlich, dass alle Kerle auf dieser Welt Schweine sind." Ich sah kurz zu Louis, dem mittlerweile Tränen über die Wangen lief, dann schluckte ich und sprach weiter.

"Aber das stimmt nicht. Es sind nicht alle Kerle Schweine." Nun sah ich wieder direkt zu Louis. "Nur die, die mit dir verwandt sind." Auch aus meinem Augenwinkel löste sich nun eine Träne, die mir langsam über die Wange rollte. "Ich hoffe, ihr hattet wenigstens ordentlich Spaß dabei, als ihr meine Botschaften durchgelesen habt."

Mit diesen Worten drehte ich mich um und verließ das Pop's.

Niemand folgte mir.

Bis auf Jughead. Doch der war mein Bruder.

Und nicht meine große Liebe.

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good evening.🌹

i have no idea was ich jetzt hier schreiben soll.
aber leider wird diese story bald zu ende sein.
so viel steht fest.
dann hab ich aber auch schon ein neues projekt in planung.
allerdings höre ich vielleicht auf, hier auf wattpad zu schreiben, weil das langsam einfach sinnlos erscheint.

anygay, habt noch einen schönen abend.

all the love. l x

Caretaker of Love (larry au)✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt