Another Try?

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Another Try?

Lucie blinzelt ein paar Mal und versucht sich wieder zu konzentrieren. Sie setzt ein leidendes Gesicht auf und versucht den Kloss, der sich in ihrem Hals gebildet hat, zu ignorieren. Dann holt sie tief Luft.

„Harry, es tut mir so leid, was ich dir angetan habe. Es war so falsch von mir, was ich alles gemacht habe. Ich war einfach nicht bereit.“ Ein Schluchzer entfährt Lucie und sie ist über sich selbst verwundert. Sie spielt diese Rolle einfach ausgezeichnet. „Ich war nicht bereit, für eine ernste Beziehung mit dir. Und das liegt nicht an dir, sondern an mir. Ich komme mit mir selbst manchmal nicht klar und habe einfach Angst. Angst, dass ich Fehler mache und deshalb mache ich viel zu schnell einen Rückzieher. Und dass ich dich damit so verletzt habe, wurde mir erst vor wenigen Tagen bewusst.“

Jetzt bilden sich sogar schon Tränen in Lucies Augen, die langsam an ihren Wangen herunterlaufen. Harry lässt sich erweichen und geht langsam auf Lucie zu. Er setzt sich gleich neben sie, auf sein Bett und seufzt.

„Aber warum sagst du mir das jetzt? Es ändert ja trotzdem nichts.“ Harry ist immer noch misstrauisch. Da muss Lucie wohl noch einen Zahn zulegen.

„Harry, ich muss das einfach loswerden! Sonst bringt mich das noch irgendwann um. Ich kann langsam einfach nicht mehr. Irgendwie ist alles, was ich mache, falsch! Ich bin am Ende! Du kennst mich nicht und hast auch nie wirklich mich kennengelernt. Damit will ich nicht sagen, dass ich dir damals etwas vorgespielt habe, aber ich habe mit dir nie über meine Probleme geredet. Und eines davon ist mein mangelndes Selbstbewusstsein. Harry, du weisst gar nicht, wie viel Überwindung mich dieses Gespräch hier gerade kostet.“

Lucie vergräbt ihr Gesicht schluchzend in ihren Händen. Langsam kriegt sie es ein bisschen mit der Angst zu tun, denn dieses Gespräch geht ihr näher, als sie es eigentlich geplant hat.

Vorsichtig hebt nun Harry seine rechte Hand und streicht Lucie sanft über den Rücken. Er ist mit dieser ganzen Situation ziemlich überfordert, denn damit hätte er vor noch einer Stunde nicht im Traum gerechnet. Auch wenn er es sich nicht zugestehen will, tief im Herzen tut es ihm extrem weh, Lucie so zu sehen.

„Lucie, ich sehe ja, dass es dir ernst ist, aber um ehrlich zu sein, weiss ich im Moment einfach nicht, was ich tun soll, oder wie ich dir helfen soll. Ich bin gerade ziemlich überfordert mit dieser Situation.“ Harry beisst sich kurz auf die Unterlippe bevor er noch leise hinzufügt: „Und ausserdem hast du ja einen Freund, der dich bestimmt besser trösten könnte, als ich.“

Für einen ganz kurzen Moment hört Lucie auf zu schluchzen und Harry bereut den letzten Satz sofort. Aber er kann ja nicht wissen, dass er Lucie damit einen Gefallen getan hat. Denn auf diese Frage hat sie sich richtig gut vorbereitet. Wenigstens etwas, das heute voll und ganz nach ihrem Plan läuft.

Verzweifelt schaut Lucie auf, meidet aber Harry. Leise beginnt sie dann: „Ich hatte nie einen Freund.“

„Was? Aber was-was ist dann mit diesem blonden Jungen? Jeremy?“ Harry ist völlig aufgelöst und beginnt an sich selbst zu zweifeln. Ob er sich nur selbst eingebildet hat, dass Lucie einen Freund hat?

Lucie schnieft einmal ganz laut und verzweifelt. „Das war nur gespielt.“ Es ist ganz still im Zimmer, als Lucie fortfährt. „Er hat nur so getan, als wäre er mein Freund. Aber das war er nie. Seit ich von dir weggegangen bin, hab ich nie wieder einen anderen Jungen geküsst.“

Lucie muss sich ziemlich zusammenreissen, nicht aus ihrer Rolle zu fallen, als sie Harrys Gesichtsausdruck sieht. So wie es aussieht, weiss er nicht, ob er glücklich oder sauer sein sollte.

„A-aber warum das denn? Du hast es doch gar nicht nötig!“ Harry fährt sich unruhig durch die Haare und schluckt einmal leer. Diese Nachricht hat ihn wirklich geschockt.

SMCL - Smile More Cry Less (1D FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt