Gebrochene Regeln & Regenwurmkotze

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•Youth - Troye Sivan•
Kapitel 1

Vorsichtig streckte ich meine schmerzenden Beine von mir und massierte mir die Schläfen. Wieso hatte ich das getan? Ich war doch sonst auch nicht so.

„Was war den das gerade für ein scharfer Kuss? Beinahe Trockensex, du bist doch sonst nicht so drauf, Kleines." Miles ließ sich neben mich auf die kleine, zerschlissene Couch fallen und sah mich fragend an.

„Das ist nicht lustig, Miles. Das ist ein Regelverstoß, kein witziges Ereignis!"

„Pass auf, dass du kein Herpes kriegst, wenn du mit Zuschauern rummachst." mischte sich Collin ein und zog sich sein T-Shirt über den Kopf. Ich verdrehte die Augen.

„Eure Kommentare sind überhaupt nicht hilfreich! Wo sind überhaupt Jack und Jayden?"

„Krank." kam es prompt und ich blickte die beiden Männer misstrauisch an.

„Beide? Auf einmal?"

„Ja, genau. Ganz schlimme Krankheit. Männerschnupfen, du weißt schon." Ich kniff die Augen zu.

„Ich glaube euch nicht. Kein bisschen. Die beiden sind auf einem Footballspiel, hab ich Recht?"

„Du musst wissen, es war genau heute, genau jetzt und die beiden wollten es unbedingt sehen."

„Na ganz toll! Wer geht jetzt raus auf die Bühne?" seufzte ich geschlagen. Als keiner etwas sagte, bestimmte ich selbst: „Also schön. Collin und Nick, ihr geht raus."

Nick, der sich bis jetzt zurückgehalten hatte, nickte und zog sich schnell um. Schließlich verließen Collin und Nick den kleinen Umkleide- und Aufenthaltsraum, um auf die Bühne zu gehen. Ich hörte die überwiegend weiblichen Zuschauer kreischen, Nick lachte und sagte etwas.

„Jetzt erzähl. Was hat dich dazu bewogen, über den einen Typ herzufallen?" wollte Miles von mir wissen und nahm einen Schluck aus seiner Flasche Bier.

Seine Lippen zierte ein amüsiertes Grinsen, dass immer breiter wurde, bis er letztendlich auflachte und ich seine blendend weißen Zähne sah.

Ich zupfte unwohl an der Spitze meines BHs, da ich wusste, was jetzt gleich kommen würde.

„Hatte unser Kleines etwa etwas Schmutziges mit dem Typ vor?"

Ich verdrehte die Augen. „Dieser ganze Job hat damit zu tun, Dummkopf."

• • •

Meine Schlüssel fielen geräuschvoll auf die Kommode, ich schlüpfte aus meinen Schuhen und hing die Jacke an den Haken.

Als ich an meiner Musikanlage vorbeilief, drückte ich auf Play und kurz darauf tönten die ersten Klänge von meinem aktuellen Lieblingslied durch die Wohnung.

Ich sang ein paar Töne mit, während ich um die Ecke bog und das Badezimmer betrat. Ich schlüpfte aus meinen Klamotten und stieg in die Dusche.

Warmes Wasser prasselte auf mich herab. Ich schloss die Augen und wusch mir die meterdicke Schicht Regenwurmkotze, genauer gesagt das MakeUp vom Gesicht, ehe ich mich mit meinem Lieblingsduschgel, das herrlich nach Ingwer und Zitrone duftete, einseifte.

Rundum zufrieden und glücklich lag ich endlich in meinem Bett und schloss die Augen, nichtsahnend, was mich morgen erwarten würde.

,,Verdammte Scheiße!" fluchte ich und betrachtete mein Auto, dessen Lack einst einmal unbeschädigt gewesen war. Nun zierten zahlreiche, teilweise relativ tiefe Kratzer den mattschwarzen Lack meines Audis.

,,Wir haben bereits die Polizei gerufen. Sie müsste bald eintreffen." riss mich die Stimme meiner Nachbarin aus meiner Verzweiflung. Sie wohnte in der Wohnung ein Stockwerk über mir.

Ich blickte mich um und erkannte, dass auch die anderen Autos Kratzer hatten. Offenbar war mein Wagen nur einer von vielen, was mich ungemein beruhigte. Denn bei dem Gedanken, dass es jemand speziell auf mich abgesehen hatte, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.

Ich hörte meine Nachbarin erleichtert aufatmen, als ein Streifenwagen vor uns hielt und zwei Polizisten ausstiegen. Sie nahm den ersten sofort in Beschlag und plapperte ihn aufgeregt voll, während sie mit ihren Armen immer wieder auf ihr Auto zeigte.

Der zweite kam auf mich zu und blieb schließlich unmittelbar vor mir stehen.

,,Der Lack Ihres Autos wurde zerkratzt?" fragte er, obwohl dies offensichtlich war. Ich nickte nur und als der junge Polizist seinen Kopf hob, stolperte mein Herz vor Schreck und setzte ein paar Takte aus.

Goldbraune Augen. Fuck. Volle Lippen. Doppelfuck. Ein amüsiertes Grinsen. Verdammt nochmal, das war tatsächlich der Mann, den ich gestern geküsst- nein, über den ich hergefallen war, wie ein ausgehungerter Wolf über ein Lamm.

,,Ähm, hast du zufälligerweise einen Zwillingsbruder oder einen Klon?" kam es hoffnungsvoll aus meinem Mund.

„Nein, du hast für meine Herrlichkeit gestrippt und mich geküsst." Verdammte Scheiße.

„Alles in Ordnung? Kommen Sie zurecht?" rief der zweite Polizist zu uns herüber und unterbrach sofort die von mir ausgehende, peinliche Stille.

„Ja, alles okay." antwortete der Mann mir gegenüber. „Dann fangen wir mal an. Haben Sie etwas davon mitbekommen oder etwas gesehen?"

„Nein, ich habe den Schaden gerade vorhin erst entdeckt."

Der Polizist nickte und notierte mir etwas. Vermutlich war ich immer noch so rot, wie die Hauswand auf der anderen Straßenseite, doch dies ignorierte der Mann geflissentlich.

Soulstriptease| ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt