Das Erwachen & Verzweiflung

3.7K 181 15
                                    

• Vagabond - MisterWives •
Kapitel 10

Mein Kopf dröhnte und pochte schmerzhaft, als ich aufwachte und ich blinzelte mehrmals, doch das Bild blieb verschwommen.

Erst nach einigen Minuten klärte sich meine Sicht und ich erkannte ein eigentlich ganz normales Zimmer. Ich lag auf einem Bett, beziehungsweise war daran gefesselt.

Und was machte ich, wenn ich aufs Klo musste? Dies war mein allererster Gedanke. Und wie war ich überhaupt hier her gekommen?

Nach und nach kamen meine Erinnerungen zurück. Liam! Stöhnend versuchte ich mich aufzusetzen, doch ich schaffte es nur in einer ungemütlichen Position, denn die Fesseln waren zu kurz.

Fluchend zerrte ich daran, doch der Knoten bewegte sich kein Stück, geschweige denn löste er sich. Jedoch schnitten die Seile schmerzhaft in die empfindliche Haut an meinem Handgelenk und hinterließen schmerzende, rote und aufgeschürfte Stellen.

Plötzlich schwang die Tür des vermeidlichen Schlafzimmers auf und Liam trat ein.

„Mach mich sofort los, du Arschloch! Das ist Freiheitsberaubung!"

Sein selbstgefälliges Grinsen ekelte mich an. Es war krank. Er war krank. Ich hoffte, Collin gebrauchte seine Gehirnzellen und kam mir zur Hilfe. Oder ging wenigstens zur Polizei. Matthew, schoss es mir durch den Kopf. Ich würde ihm den Kopf abreißen, sollte er mir nicht persönlich hier heraushelfen.

„Ach, Süße. Was interessiert es mich, ob das hier Freiheitsberaubung ist, wenn ich dafür dich bekomme. Seit du dich damals vor vier Jahren, achtundneunzig Tagen und siebzehn Minuten von mir getrennt hast, will ich dich wieder! Doch du bist nie darauf eingegangen und am Ende sogar abgehauen. Zum Glück habe ich dich jetzt wieder!"

„Das ist krankhaft! Du Psycho! Lass mich frei, oder ich töte dich eigenhändig!" schrie ich wütend und war mir sicher, dass meine Augen vor Zorn Blitze schossen. Niemals würde er auch nur einen Funken Angst von mir bekommen, niemals!

Liam schritt auf mich zu und ignorierte meine Worte vollkommen. Ich starrte ihn mit geweiteten Augen an und spürte mein Herz in meiner Brust rasen. Mein Atem ging schnell und rasselnd, mühsam versuchte ich den großen Kloß, welcher sich in meinem Hals gebildet hatte, hinunterzuschlucken.

Ich hatte panische Angst vor diesem Mann, doch ich ließ es mir nicht anmerken. Lediglich mein viel zu schneller Atem und meine geweiteten Augen verrieten mich.

Liam beugte sich über mich, ein irres Grinsen zierte sein Gesicht. Er strich mir zart über die Wange, doch obwohl es mehr ein Hauch, als eine Berührung war, zuckte ich zusammen.

„Fass mich nicht an!" rief ich und schaffte es, dass meine Stimme wütend, statt panisch klang.

„Ich werde dich so oft und wo ich will anfassen und du kannst nichts dagegen unternehmen, meine Hübsche."

Mit einer Mischung aus Zorn und Panik zerrte ich an den Fesseln, versuchte Liam zu treten oder anders zu verletzen.

„Ich mag dein Temperament. Am Liebsten würde ich hier und jetzt über dich herfallen, doch bedauerlicherweise habe ich noch etwas Wichtiges zu erledigen. Aber danach werden ich sehr viel Zeit für dich haben, gedulde dich ein wenig. Meinetwegen schrei so laut du kannst, hier wird dich niemand hören."

Ich atmete tief durch, als Liam den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Ich musste hier raus, ehe er zurückkam, doch zuerst musste ich die Fesseln loswerden.

Mein Blick schweifte durch den Raum, auf der Suche nach etwas, was in meiner Reichweite war und mit dem ich mich befreien konnte.

Auf dem Nachttisch stand ein Tablett mit einem Teller, auf dem sich etwas zu Essen befand. Und daneben lag ein Messer!

Wenn ich es schaffte, den Knoten so weit zu lockern, dass ich meine Hand bis zu dem Tablett ausstrecken konnte, konnte ich mit dem Messer die Fesseln durchschneiden. Scharf genug sah es zumindest aus.

Die nächsten Minuten zog, zerrte und rieb ich so lange an den Seilen, bis ich meine Hand nach dem Tablett ausstrecken konnte.

Die Frage, wie Liam sich vorgestellt hatte, dass ich so gefesselt, wir ich vorher war, an das Essen gelangen sollte, schlich sich in meine Gedanken.

Allerdings war meine Flucht in diesem Moment wichtiger, als über die nicht vorhandene Logik Liams nachzudenken, deshalb konzentrierte ich mich wieder auf das Messer.

Verbissen versuchte ich danach zu greifen, doch es fehlten wenige Millimeter. Die Fesseln hatten meine Handgelenke wund gerieben, sodass jede Bewegung schmerzte und die Seile noch tiefer in mein Fleisch trieb.

Ich biss die Zähne zusammen, ignorierte den stechenden Schmerz und griff nach dem Messer. Ich hatte es tatsächlich geschafft! Ich hielt den Gegenstand fest in meiner Hand!

So gut es möglich war, drehte ich mich und schnitt mit der Klinge über die Seile. Ich brauchte einige Versuche, doch dann lösten sich die Fesseln und fielen leise raschelnd zu Boden.

Ich wandte mich meiner anderen Hand zu und wiederholte den Vorgang, bevor ich das Gleiche mit meinen Füßen tat.

Ungläubig saß ich endlich auf dem Bett. Ich hatte es geschafft, mich zu befreien! Meine Handgelenke bluteten und der Schmerz, der von den Wunden ausging, war beinahe unerträglich, doch ich war frei.

Ich rappelte mich auf und kam schwankend auf die Beine. Kurz drehte sich alles, sodass ich mich an die Wand lehnen musste.

Ich schloss meine Augen und wartete, bis sich das Schwindelgefühl verringerte und ich wieder klar sehen konnte. Dann tapste ich unsicher auf die Terassentüre zu.

Sie war nicht abgeschlossen und ich trat freudig ins Freie. Dies war sehr unvorsichtig von Liam, doch mir kam es nun zu Gute. Vermutlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ich mich befreien würde.

Darauf hoffend, dass Liam mich nicht vom Haus aus sehen konnte, rannte ich durch die große Wiese, immer weiter. Seltsamerweise hinderte mich kein Zaun daran, meine Freiheit einzufordern.

Ich lief durch ein kleines Waldstück, bis zu einer mit Laub bedeckten Straße, an der ich schweratmend stehen blieb.

Durch mein Seiten zog sich starker Schmerz, der mir das Atmen schwermachte. Obwohl ich regelmäßig im Club tanzte und auch sonst relativ viel Sport trieb, war ich bis auf die Knochen erschöpft und ausgelaugt.

Das Beruhigunsmittel wirkte noch immer nach und forderte alle meine letzten, vorhandenen Kraftreserven.

Ich setzte mich auf den regennassen, von Blättern bedeckten Asphalt und wartete darauf, dass ein Auto vorbeikam.

Nach etwa einer Stunde, in der kein einziges Auto vorbeigekommen war, verlor ich jedoch zunehmend meine Hoffnung. Niedergeschlagen wollte ich die Straße entlanglaufen und nach irgendeiner bewohnten Stadt suchen, als ich plötzlich Motorengeräusch vernahm.

Ich drehte mich abrupt und erkannte in der Ferne tatsächlich ein näher kommendes Auto. Aufgeregt stellte ich mich wieder an den Straßenrand und winkte.

Das Auto hielt und als ich den Fahrer erkannte, schluchzte ich verzweifelt auf.

Soulstriptease| ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt