• A Little Bit - Dusky Grey •
Kapitel 24„Uff." Ich seufzte und blickte auf das große Anwesen vor mir. Der Garten war gepflegt und die Hecken beinahe ekelhaft akkurat gestutzt. Ich wollte gar nicht wissen, wie viel Geld meine Mutter monatlich für Gärtner ausgab. Ich stieg aus meinem Auto aus und betrat das Grundstück. Jeder Kieselstein auf der langen Einfahrt schien seinen Platz zu haben und jeder einzelne Grashalm hatte die gleiche Länge. Es gab keine Stelle, an der das Gras nicht dicht und hellgrün wuchs.
Der Springbrunnen seitlich von mir in der Wiese auf einem separaten Kiesplatz bestand aus einem großen Becken, in welchem Fische schwammen - vermutlich Kois, wie ich meine Mutter kannte - und einer Statue eines nach altgriechischem Vorbild gefertigten Marmorstatue eines kleinen Jungen. Das Wasser plätscherte in einem dünnen Strahl aus dessen Glied. Ich hob eine Augenbraue.
Der Geschmack meiner Mutter war schon immer etwas seltsam gewesen, doch dieser Springbrunnen war neu. Langsam schritt ich über den gekiesten Weg zur großen Eingangstüre und drückte den Klingelknopf ganz durch, jedoch nicht, ohne vorher tief durchzuatmen. Ich würde das schaffen. Hey, immerhin hatte ich fast zwanzig Jahre mir ihr unter einem Dach ausgehalten.
Und mir noch Jahre danach wöchentlich ihr Gemecker, wie sehr es doch ihrem Image schaden würde, wenn rauskam, dass ihre Tochter Stripperin war, angetan. Alles hatte ich überlebt. Dann würde ich doch wohl diese maximal drei Stunden überleben. Länger würde meine Mutter nicht durchhalten.
Das kurze Telefonat mit Matthew bevor ich mich auf den Weg zu meiner Mutter gemacht hatte, hatte nur unwesentlich zu meiner Beruhigung beigetragen. Der Polizist konnte einfach nicht gut beruhigen. Eher hatten seine Worte mich noch mehr aufgewühlt. Mich wunderte, wie er überhaupt eine Stelle bei der Polizei bekommen hatte. Aber gut, vielleicht hatte er mich nur extra geärgert, sein Lachen zwischendurch wies jedenfalls darauf hin.
Ich schreckte aus meinen Gedanken, als die Tür vor mir geöffnet wurde. Natürlich völlig geräuschlos, nicht wie meine Türe, die quietschte, als würde sie damit Tote auferwecken wollen.
Zu meiner Überraschung war es nicht der Butler Charles, sondern meine Mutter, die die Tür persönlich öffnete.
„Chiara!" begrüßte sie mich, erstaunt, so als hätte sie nicht damit gerechnet, dass ich kommen würde. Was ich durchaus nachvollziehen konnte, immerhin wäre ich fast tatsächlich nicht gekommen, hätte ich mich nicht doch im letzten Moment dazu durchgerungen.
„Hi!" grüßte ich zurück und betrat die angenehme klimatisierte Eingangshalle. Als ich einen Schritt machen wollte, zerschnitt die scharfe Stimme meiner Mutter die Stille.
„Nicht mit den Schuhen! Du zerkratzt mir noch den teuren Boden! Oder latscht am Ende mit deinen dreckigen Stiefeln auf meinen kostbaren Perserteppichen herum!" Ohne Widerworte zog ich meine Schuhe aus und beobachtete argwöhnisch, wie beinahe im selben Moment ein Hausmädchen herbeigeeilt kam und meine Sneaker gerade nebeneinander auf das Schuh-Board stellte. Es würde mich nicht wundern, wenn sie sogar im rechten Winkel zur Wand standen.
Verstört wandte ich mich davon ab und folgte meiner Mutter in das durch Panoramafenster gut beleuchtete Wohnzimmer. Der Boden blitzte vor Sauberkeit, auf dem Glastisch vor der Couchlandschaft war nicht ein einziges Staubkorn zu sehen und der Luftbefeuchter auf einer Designerkommode an der Wand gab nicht einmal das kleinste Geräusch von sich. Sogar die Fische im großen Aquarium, welches als optische Raumtrennung zwischen Esszimmer und Wohnzimmer diente, schienen in Reih und Glied zu schwimmen.
Wir ließen uns auf der weißen Couchlandschaft nieder und ich vergrub meine Füße im weichen Teppich, der davor lag. Ein Angestellter brachte ein Tablett mit Kaffeekanne, Kuchen und Geschirr sowie feines Silberbesteck und stellte es auf den Glastisch, bevor er sich diskret zurückzog.
Ich hätte mich verdammt unwohl gefühlt, mit so vielen anderen Menschen in einem Haus, mochte es auch noch so groß sein. Ich wollte, dass meine Schuhe so stehenblieben, wie ich sie auf den Boden warf, und nicht wie mit einem Lineal ausgemessen im neunzig-Grad-Winkel zur Wand gestellt wurden. Meine Mutter und ich waren so verschieden, wie zwei Menschen nur sein konnten.
Als ich mir ein Stück Kuchen auf den Teller hob, erntete ich nur einen missbilligenden Blick, den ich geflissentlich ignorierte. Der in der nächsten halben Stunde folgende Smalltalk steigerte in mir das Gefühl, dass meine Mutter längst gar keine anderen Gefühle mehr als die rein geschäftlichen zuließ. Ich war sicher, die Konversation, die wir betrieben, hatte sie schon unzählige Male auf Galas geführt. Jede ihrer Fragen und Antworten wirkte wie einstudiert und abgespult.
Nach fast vierzig vergangenen Minuten, wie mir die große Uhr an der Wand zeigte, reichte es mir endgültig. Ich hatte eiserne Nerven, aber jedes Drahtseil riss irgendwann.
„Können wir diesen Smalltalk lassen und zum eigentlichen Thema kommen?!" fauchte ich und nahm mir aus Frust ein weiteres Stück Gebäck von der Platte. Diesmal beließ meine werte Mutter es nicht bei einem missbilligenden Gesichtsausdruck, sondern wies mich zurecht.
„Du solltest aufhören, soviel Süßkram in dich hineinzustopfen und mehr auf deine Figur achten." Dass sie selbst die Kuchenplatte nicht einmal angesehen hatte, brauchte ich wohl nicht zu erwähnen.
Und obwohl ich wusste, dass ich keineswegs Gewichtsprobleme hatte, traf mich ihr Kommentar. Wieso konnte sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich war schon lange nicht mehr ihr Aushängeschild. Eine brave, mustergültige Tochter - davon war ich weit entfernt.
„Spinnst du eigentlich vollkommen? Du lädst mich ein, um alles wieder gut zu machen, dabei machst du mich die ganze Zeit nur herunter. Spar dir deine versteckten Meckereien, von wegen, dass die Tochter eines Geschäftspartners schon verheiratet sei und sich vorbildlich benehme! Mir reicht es! Ehrlich! Lass mich einfach in Ruhe, wenn du nicht anders kannst, als mir dauernd Steine in den Weg zu legen!" Wutschnaubend beendete ich meinen kleinen Vortrag und lockerte meine zu Fäusten geballten Hände. Meine Mutter konnte froh sein, dass ich nicht auch noch auf die Tischplatte geschlagen hatte, dann wäre ihr teures Porzellan nämlich hinüber.
In tausend kleine Stücke zerfallen, so wie meine Hoffnung, dass sich das Verhältnis zwischen meiner Mutter und mir nach über zwanzig Jahren vielleicht noch besserte.
Ich zuckte zusammen, als ich jemanden klatschen hörte. Ein raues Lachen hallte durch das Zimmer, es zeugte von jahrelangem Zigarettenkonsum und viel Alkohol. Entsetzt blickte ich zuerst meiner diabolisch lächelnden Mutter in die Augen, dann wandte ich mich zu meinem persönlichen Albtraum um.
Liam.
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Damm, Damm, Damm. Ok, irgendwie hat jeder damit gerechnet xD Und sogar zwei Kapitel in zwei Tagen - ich bin stolz auf mich^^
Was sagt ihr so zur Entwicklung?
Es würde mich echt interessieren, was ihr so denkt, wie es weitergeht?
HappyEnd oder nicht? ;D
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Soulstriptease| ✓
Teen Fiction„Ein Kuss mit dem falschen Menschen kann mehr anrichten, als du denkst." • • • Chiara liebt das Tanzen. Es macht sie glücklich und sie genießt das Gefühl, sich zu kräftigen Bässen zu bewegen. Oft wird sie wegen dieser Leidenschaft jedoch mit missbi...