Nervige Polizisten & Entschuldigungen

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• Nevermind - Dennis Lloyd •
Kapitel 22

Heute war Donnerstag. Vor genau zwei Wochen war ich aus dem Krankenhaus entlassen worden. Und heute würde auch Liam aus der Haft freikommen. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken und ich rieb mir fröstelnd über die Arme.

In den vergangenen Tagen hatte ich einige Befragungen, Zeugenaussagen und Verhöre über mich ergehen lassen müssen, vorgestern hatte es abschließend noch einen Gerichtstermin gegeben. Liam war ebenfalls anwesend gewesen und es hatte mich alle Mühe gekostet, die sich bei seinem Anblick in meinem Körper ausbreitende, alles lähmende Panik zu unterdrücken und ein Lächeln aufzusetzen. Es war so falsch gewesen, wie Kim Kardashians Arsch, aber dennoch hatte mir jeder das Lächeln abgekauft.

Hinter diesem Lächeln allerdings hatte ich meine Mutter, welche strahlend und ganz und gar unschuldig neben mir gesessen hatte, in Gedanken gefoltert und qualvoll ermordet. Nach außen hin wirkte sie gar nicht wie das berechnende, gefühlskalte Monster, was sie war. Eher wie ein zarter Engel, unschuldig und gutherzig. Ein Wolf im Schafspelz, treffender konnte ich sie nicht beschreiben.

Matthew wusste von alldem nichts und das sollte auch so bleiben. Er würde mich fragend und fassungslos ansehen und dann den Kopf schütteln. Vermutlich würde er mich als verrückt betiteln und so lange nachforschen, bis er jedes noch so kleine Detail wusste. Folglich würde er herausfinden, dass meine Mutter Schuld an allem trug und sie würde bestraft werden, womöglich sogar inhaftiert.

Und auch wenn ich mir eigentlich beinahe nichts mehr wünschte, irgendwie war sie dennoch die Person, die ich kannte, seit ich denken konnte und gegen die Hemmschwelle kam ich einfach nicht an. Daher beschloss ich, zu schweigen und da Matthew nicht mehr weiter für den Fall zuständig war, hatte und würde er auch nichts erfahren.

Mein schlechtes Gewissen plagte mich Tag für Tag, in den Nächten war es noch schlimmer, aber es ging eben nicht anders. Mit etwas Glück würde Liam der Vorfall eine Warnung sein und ich hätte für den Rest meines Lebens Ruhe vor ihm. Mit diesem Gedanken trat ich aus der Dusche und hüllte mich in ein weiches Frotteehandtuch. Ich trocknete mich ab, dann tapste ich langsam zurück in mein Schlafzimmer.

Glücklicherweise war der Mann bereits aus meinem Bett verschwunden und wohl bereits auf dem Heimweg. Ich streckte mich und suchte mir dann Kleidung für den heutigen Tag heraus. Nach kurzem Zögern beschloss ich, dass eine Runde joggen meinem Körper nicht schaden konnte, war ich doch nach dem langen Krankenhausaufenthalt ziemlich außer Form und nächste Woche hatte ich endlich wieder einen Auftritt.

Ich schlüpfte in meine Jogginghose und zog einen Sport-BH an, bevor ich meine Haare im Nacken zu einem Zopf zusammenfasste und mich auf den Weg in die Küche machte.

Hi, Jasmine!
Ich wollte nachfragen, ob du vielleicht Lust hättest, mit mir eine Runde Joggen zu gehen?

Ich schickte die Nachricht an sie ab und lehnte mich gegen die Theke, während ich auf eine Antwort wartete. Jasmin und Grace waren mir gute Freundinnen geworden und ich war selbst erstaunt, dass unsere Freundschaft nun schon so viele Wochen hielt, hatte ich es doch sonst höchstens eine Woche mit einer weiblichen Freundin ausgehalten.

Im Vergleich zu meiner langjährigen, tief gehenden und bis in meine frühe Kindheit zurückreichende Freundschaft zu Collin und Nick beispielsweise waren diese paar Wochen natürlich nichts, doch ich war guter Dinge, dass es mit Jasmin und Grace länger halten würde.

Hey!
Klar hab ich Lust. War grad beim Bäcker, bin dann in fünf Minuten bei dir. Freue mich darauf!

Ich grinste, als ich die Nachricht las und musste feststellen, dass ich mich ebenfalls darauf freute, gemeinsam eine Runde zu joggen.

Fünf Minuten später klingelte es an der Tür und ich beeilte mich, ihr aufzumachen. Schnell beschlossen wir, dass sie sich ein sporttaugliches Outfit von mir leihen würde, denn in ihren kurzen Shorts und dem Top konnte sie schlecht joggen. Lachend machten wir uns kurze Zeit später auf den Weg und genossen die morgendliche Stille, die nur von Vogelgezwitscher unterbrochen wurde.

„Ich muss wieder täglich joggen gehen, sonst wird das nichts mit dem Auftritt nächsten Samstag." meinte ich nach einiger Zeit und Jasmin lachte.

„Für das, dass so lange im Krankenhaus warst, hast du dich aber echt gut gehalten. Die zwei Kilos zu viel merkt doch keiner."

„Darum geht es mir auch gar nicht." antwortete ich, „Aber ich möchte es für mich selbst. Ich fühle mich dann einfach wohler und das ist mir am Wichtigsten."

„Das kann ich verstehen. Naja, einige Joggingrunden haben noch keinem geschadet und morgens ist es hier wirklich schön. So leer und friedlich." Zustimmend nickte ich und wir liefen in stiller Eintracht noch etwa eine halbe Stunde, bevor wir eine Gehpause machten, denn mein Körper war einfach noch nicht auf dem alten Niveau angelangt. Das ständige Herumliegen hatte meiner Kondition stark zugesetzt, wie ich mir eingestehen musste.

Das wichtigste war jetzt allerdings, dass ich auf meine Gesundheit achtete und es mit Sport nicht übertrieb, denn schließlich war ich an dem Drogengemisch beinahe gestorben.

• • •

Über eine Woche war mittlerweile seit Liams Entlassung vergangen und ich hatte nichts von ihm gehört. Ich wertete dies als gutes Zeichen und beruhigte mich zunehmendes. Es war wohl endlich vorbei. Sogar meine Mutter hatte mich heute Vormittag angerufen und mich zu sich eingeladen, weil sie sich mit mir versöhnen wollte.

In Anbetracht dessen, dass Liam mich wirklich in Ruhe ließ, und sie ihn schon immer gemocht hatte, konnte ich sie sogar ein wenig verstehen. Sie liebte ihn offensichtlich wie ihr eigenes Kind und hatte ihn einfach nicht in Haft sehen können. Unbewusst hatte ich unter dem Zerwürfnis mit meiner Mutter gelitten, das war mir klar geworden.

Ich wertete ihr Versöhnungsangebot als Neuanfang und hoffte, dass unser Verhältnis zueinander sich in Zukunft verbessern würde. Ich erwartete nicht, dass sie plötzlich Muttergefühle für mich entwickelte, das war einfach nicht ihre Art. Ich konnte es mir bei mir selbst auch nicht vorstellen, dass ich sie so lieben könnte, wie ein Kind normalerweise seine Mutter liebte. Dazu hatte sie mir zu oft Steine in den Weg gelegt und mir das Leben unnötig schwergemacht.

Aber ein entspannteres Verhältnis zwischen uns, das wünschte ich mir wirklich. Ich war gespannt, wie das morgige Treffen ablaufen würde. Das Gefühl, dass es in meinem Leben jetzt endlich aufwärts gehen würde, verstärkte sich zunehmend und ich lächelte erleichtert.

• • •

Endlich ein neues Kapitel ;)
Ist ziemlich viel passiert, ich weiß. Aber ich möchte wirklich versuchen, dieses Buch mit dem 25. Kapitel zu beenden.
Was denkt ihr so über die Entwicklung?
Findet ihr, Chiara hätte Matthew doch davon erzählen sollen?
Und könnt ihr sie verstehen?

Soulstriptease| ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt