🔱Fünfzehn🔱

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Taehyung

Ich starre den Typen hinter dem Tresen an, als sei er verrückt geworden und kann so mitverfolgen, wie sich ein kleines, triumphierendes Lächeln auf seinen Lippen ausbreitet.

Er kostet es aus, dass er mich erwischt hat, er geniesst es.

Und ich dagegen, muss meine ganze Beherrschung aufopfern, um mich nicht über diesen Tresen, der uns trennt, zu lehnen, ihn beim Kragen seines dämlichen Shirts zu packen und seinen Kopf gegen diese dämliche Holztheke zu donnern. "Das soll ja wohl ein Witz sein!?", zische ich zwischen zusammengebissenen Zähnen und beobachte seine Reaktion.

Das Grinsen des Dunkelhaarigen wird nur noch etwas breiter und er trommelt gespielt lässig mit seinen Fingern auf der Arbeitsfläche herum. "Wenn du darüber lachen kannst", erwidert er locker.

"Eher verrecke ich, als einem kleinen, reichen Bastard wie dir etwas beizubringen, was du ohnehin niemals schätzen wirst!", knurre ich und bin kurz davor, meine Faust auf den Tresen zu schlagen, um meine Worte zu unterstreichen. Wenn ich hier raus bin, brauche ich dringend eine Zigarette oder ich werde noch etwas richtig dummes tun. "Dann kannst du ja auch die Strafe für deine Tat in Kauf nehmen, wenn ich nach der Arbeit zur Polizei gehe", kontert er schnippisch.

"Was denkst du, wer du bist?!", rege ich mich auf. Meint er, nur weil er etwas Geld von seinen Eltern in den Rachen gesteckt kriegt, kann er sich aufführen, wie der König der Welt und mich erpressen? Der hat sie ja nicht mehr alle. "Dasselbe könnte ich dich fragen; du hast keinerlei Manieren, besprühst meine Garage und hast nachdem ich dich erwischt habe immer noch genug Stolz und Dreistigkeit, um hier aufzukreuzen und mir zu drohen! Entweder du nimmst meinen Deal an oder du gehst jetzt, wenn du nichts bestellen willst!"

Ich weite die Augen und starre ihn fassungslos an. Ist das wirklich derselbe Idiot, den ich ständig gesehen habe? So kenne ich ihn gar nicht. Wie kann ihm die Tatsache, dass er mich erwischt hat, so viel Mut geben?

Der Dunkelhaarige erwidert diesen Blick und schliesslich wirble ich herum und verlasse das überfüllte Café. Sobald ich draussen bin, hole ich tief Luft und denke nicht daran, mich umzudrehen. Ich bin viel zu wütend, um einen klaren Gedanken zu fassen und ohne wirklich nachzudenken, hole ich meine Zigarettenpackung aus der Tasche, gemeinsam mit einem Feuerzeug.

Mir die Kippe zwischen die Lippen steckend, zünde ich sie an und nehme auf der Stelle einen tiefen Zug davon. Den Rauch langsam ausstossend ziehe ich wieder an ihr und wiederhole diesen Vorgang einige Male, während meine Schritte alsbald wieder etwas langsamer werden, bis ich ganz stehen bleibe. Ich greife in meine Jackentasche und nehme sofort das weiche Fell an meiner Hand wahr, als ich Tiramisu herausziehe und sie auf meiner Schulter platziere. "Der Typ hat sie doch nicht mehr alle", murmle ich ihr leise zu, "Ich soll ihn unterrichten - wozu sollte ich das tun?"

Die Ratte stellt sich auf ihre Hinderpfötchen und schnuppert kurz an meinen roten Haarsträhnen, bevor sie sich wieder auf alle Viere fallen lässt. Kopfschüttelnd starre ich auf den dreckigen Asphalt zu meinen Füssen und ziehe ein weiteres Mal an meiner Kippe. Ich sollte verschwinden, so wie immer. Meine Habseligkeiten nehmen und abhauen.

So haben wir es immer gemacht, wenn die Gefahr bestand, von der Polizei erwischt zu werden.

Und dennoch ist Aufgeben und verschwinden jetzt in diesem Moment eine Variante, die ich nicht einmal in Erwägung ziehe, wenn ich diesen reichen Schnösel aufs Revier laufen sehen würde. Einfach weil es mein Stolz nicht zulässt, dass ich mich von einem solchen Idioten vertreiben lasse. 

Aber wenn ich nicht gehe, kann ich damit rechnen, den Cops in die Hände zu laufen und das will ich genauso wenig. Mit einem tiefen Seufzer lasse ich die Kippe fallen und zertrete sie wütend, so als würde sie all das Übel in meinem Leben anziehen.

Dabei ist das einzige Übel in meinem Leben dieser verdammte, reiche Volltrottel, dessen Deal ich wohl oder übel annehmen muss, wenn ich weiterhin ein Leben ohne Polizei führen will.

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Bereits viel zu lange warte ich vor dem Gartentor, so lange, dass ich mich schon frage, ob dieser Idiot heute gar nicht zu sich nach Hause geht, bis ich seine Gestalt am auf dem Gehweg näherkommen sehe. Ich knirsche mit den Zähnen und schiebe meine Hände in die Hosentaschen. 

Nachdem ich die ganze Geschichte Namjoon erzählt habe - und der hat mich natürlich wieder lauthals ausgelacht für meine Miesere - hat er mir geraten, diesen beschissenen Deal einzugehen, denn das erspart mir eine Menge Ärger.

Und das muss ich dem Schnösel nur noch sagen.  Was mir dabei aber etwas im Weg steht, ist mein Stolz, denn ich habe wirklich keinerlei Lust, mich mit ihm zu befassen - zumindest weiter als nötig. Und ihm das sprayen beizubringen ist definitiv mehr als nötig.

Er scheint mich auf den letzten Metern seines Weges ebenfalls zu erkennen und bleibt automatisch stehen. "Was willst du?", fragt er, "Möchtest du mir wieder drohen?"

Ich schüttle lediglich den Kopf und gehe die paar Schritte zu ihm. "Du verlangst also von mir, dass ich dir das sprayen beibringe", meine ich halblaut und mustere sein Gesicht. Er hat eine blasse Haut und dunkle Augen. "Und dafür verrate ich niemandem, dass du Vante bist", nickt er bestätigend.

"Schön", zische ich leise, "Ich bin dabei."

Er weitet überrascht die Augen, offensichtlich hat er nicht damit gerechnet, dass ich noch zusagen würde. Ich ja eigentlich auch nicht, aber es ist die mildere Variante, als der Polizei in die Hände zu fallen. "Wirklich?!", hakt er nach und diesmal kann ich nichts von der Person sehen, die heute so harsch mit mir umgegangen ist. Seine Augen funkeln voller Freude und seine Lippen sind zu einem breiten, wenn auch fassungslosen Lächeln verzogen.

Genervt sehe ich ihn an. "Soll ich es dir etwa schriftlich geben?", knurre ich abweisend, "Morgen geht's los, ich werde dich um drei Uhr hier abholen."

"Drei Uhr Nachmittags?", hakt er nach, "Aber da habe ich eine Vorlesung!"

Ich lege den Kopf schief und meine gespielt mitleidig: "Nein, wirklich? Wie Schade, dass das nicht mein Problem ist." Mit grossen Augen schaut er mich an, während ich wieder ernst werde und fortfahre: "Morgen um drei, es ist mir egal, was du da vorhast. Du hast diesen beschissenen Deal vorgeschlagen und wenn du unterrichtet werden willst, wirst du dann Zeit haben müssen, wenn ich es sage. Und wehe, du kreuzt nicht auf, dann werde ich mich nicht mehr verpflichtet fühlen, dir irgendetwas beizubringen und solltest du dann zu den Bullen rennen, werde ich behaupten, du hast mitgemacht - wo dich Graffiti doch so interessieren..."



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