🔱Vierundfünfzig🔱

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Taehyung

Eine Weile lang hört man gar nichts, bis auf unsere Atemzüge, dem leisen Lärm der Stadt, der durch das offene Fenster in meine Wohnung dringt und das Kratzen eines Stiftes über ein Blatt Papier. Jungkook zeichnet noch immer und ich lasse ihn, halte still, so wie er es von mir verlangt hat und hänge meinen Gedanken nach. 

Ich bin mir sicher, das Endergebnis wird toll aussehen, wenn er sich solche Mühe gibt und so lange bereits an der Zeichnung sitzt. Als ich das letzte Mal auf die Uhr geschaut habe, sind Dreiviertelstunden vergangen, in denen er schweigend gearbeitet hat. "Bald fertig?", will ich leise von ihm wissen, denn ich traue mich beinahe nicht, meine Stimme wirklich zu erheben. Es ist so eine ruhige, angenehme Atmosphäre, das ich instinktiv fürchte, jedes zu laute Geräusch könnte sie zerstören, sodass die Stimmung einfach verschwindet, gemeinsam mit dem Rauch meiner Kippe aus dem Fenster hinaus, in die Nacht.

"Gleich", nuschelt Jungkook auf meine Frage hin und ich bemerke, wie für ein paar Sekunden das Kratzen des Stiftes verstummt, bevor es wieder anfängt. Wieder verfallen wir in Schweigen und ich verharre auch die letzten Minuten für den Studenten ruhig, bis er schliesslich zufrieden ein "Fertig", verkündet. Automatisch schlage ich meine Augen auf und beobachte, wie der Jüngere den Kohlestift auf dem Tisch ablegt und sich dann wohl geschafft durch die dunklen Haare fährt. Er sieht erst hinunter auf das Bild, dass er in der anderen Hand hält und auf, direkt in meine Augen. Langsam neige ich den Kopf. "Und?", frage ich, "Hast du mich getroffen?"

Erneut senkt er seine Augen kurz auf die Zeichnung und ich kann mit wohlwollen feststellen, wie sich ein kleines, glückliches Lächeln auf seinen Lippen ausbreitet, ehe er nickt. "Ich denke schon", meint er und legt das Blatt dann verkehrt herum auf den Tisch neben den Stift, sodass ich nur die weisse Rückseite erkennen kann. 

Der Dunkelhaarige kommt auf die Beine und auf mich zu und aufmerksam verfolge ich mit, wie Jungkook, als er vor dem Sessel in dem ich sitze Halt macht, sich vorlehnt und seine Hände an der Lehne hinter mir abstützt, bevor er sich rittlings auf meinen Schoss setzt und seine Hände von der Lehne hinunter zu meinen Schultern rutschen, wo er sie schlussendlich einen Moment lang liegen lässt, bevor er mir mit einem süssen Lächeln in die Augen sieht. Meine Hände finden im Gegenzug ihren Weg an seine Hüfte und ich hebe nur fragend die Augenbraue. "Darf ich es nicht sehen?", frage ich nach, woraufhin Jungkook bloss leise lachend die Augen verdreht. "Natürlich darfst du es sehen", meint er, "Immerhin hab ich dich gezeichnet."

Während er spricht wandern seine Fingerspitzen über meine nackte Schulter, hinab zu meinen Oberarmen und wie von selbst wird mein Griff fester, als ich spüre, wie zart seine Fingerkuppen über meine Haut tanzen. Irgendetwas hat er doch wieder vor, sonst würde er nicht so auffällig sein. Ich kenne den Studenten inzwischen lange genug, um zu wissen, wenn er wieder irgendetwas plant.  Jungkook, der in der Zwischenzeit der eigenen Bewegung seiner Finger mit dem Blick gefolgt ist, sieht mit einem Mal wieder auf und lehnt sich dann beinahe etwas zaghaft vor, um unsere Lippen zu einem innigen Kuss zu verbinden. Wie von selbst erwidere ich und bewege meine Lippen gegen seine kaum kann ich sie spüren, nehme dabei wahr, wie sich ein zufriedenes, angenehmes Gefühl in mir ausbreitet, von meiner Brust aus, bis in meine Finger- und Zehenspitzen. Ich ziehe ihn etwas näher zu mir heran und merke, wie Jungkook sich daraufhin an meinen Oberarmen festhält, als ob er fürchtet, dass er mir entrissen werden könnte. 

Ich neige den Kopf und wende ein wenig mehr Druck an, bevor ich Jungkook sanft in die Unterlippe beisse, woraufhin er seinen Mund mit einem überraschten, kleinen Keuchen öffnet und ich meine Zunge hinein gleiten lasse. Zärtlich umspiele ich die seine, bevor ich schliesslich von ihm ablasse, nur um gleich darauf eine Spur seinen Kiefer entlang, zu seinem Hals zu küssen. Dort verweile ich kurz an einer Stelle und fange dann an zu saugen, was mir ein erneutes Keuchen von Jungkooks Seite einbringt. "T-tae...", höre ich ihn atemlos stottern und kann nicht anders, als zufrieden gegen die weiche Haut zu grinsen, kaum lasse ich wieder von ihr ab. Nun prangt ein roter Fleck an der Stelle, wo meine Lippen seinen Hals berührt haben und der Knutschfleck bildet einen starken Kontrast mit der sonst so bleichen Haut des Jüngeren. 

Ich küsse die Stelle ein letztes Mal, bevor ich mich wieder aufrichte und ihm einen letzten, deutlich unschuldigeren Kuss als zuvor aufdrücke, ehe ich mich zurück gegen die Lehne des Fauteuils sinken lasse und ihn mit schwerem Atem ansehe. Jungkook folgt meiner Bewegung, hält mich immer noch an den Oberarmen fest und legt seinen Kopf dann so auf meiner linken Schulter ab, dass er sein Gesicht an meinem Hals vergraben kann. Einige Sekunden sitzen wir nur so da, kommen langsam wieder zu Atem, während ich gleichzeitig auch mein ausser Kontrolle geratenes Herz wieder zu beruhigen versuche. Ich halte ihn einfach fest und erschaudere leicht, als ich Jungkooks heissen Atem an meinem Hals wahrnehme, der langsam aber sicher tiefer und gleichmässiger wird. 

"Weisst du, was ich mich schon die ganze Zeit immer wieder frage?", bricht er auf einmal die Stille und ich grinse leicht. Ich wusste doch, dass da irgendetwas ist, was ihm durch den Kopf geht. "Was willst du wissen?", erwidere ich nonchalant auf seine Frage hin und Jungkook richtet sich wieder auf, um mir kurz in die Augen sehen zu können, bevor sein Blick wieder nach unten schweift und ich spüre, wie seine eine Hand wieder anfängt, über meinen linke Oberarm zu streichen. Ich sehe zu jenem und kann erkennen, dass seine Fingerspitzen die Linien eines meiner Tattoos nachfahren und bevor er seine Frage ausspricht, kann ich mir bereits denken, was er mich fragen will.

"Du hast so viele Tattoos", murmelt er beinahe mit einem erstaunten Unterton und ich nicke zustimmend. Der Dunkelhaarige sieht wieder auf in mein Gesicht und legt auf niedliche Art und Weise den Kopf schief. "Welches war dein erstes?"

Graffiti [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt