Lavenya P.O.V.
Alberto erwartete uns im Wintergarten und anscheinend war er stinksauer. "Wo seid ihr gewesen?", fragte er unwirsch. "Am Strand." "Und wer hat euch erlaubt, nach draussen zu gehen?" "Ich war heute schon einmal draussen, da hat niemand etwas gesagt.", protestierte ich. "Ihr habt euch abzumelden, wenn ihr nach draussen geht. Ihr seid beide gesuchte Mörder." "Binde mir das nicht dauernd auf die Nase, Alberto! Ich weiss es!", fauchte ich ihn an. Etwas erschrocken sah er mich an. Delvin warf Alberto einen warnenden Blick zu. Er wusste wohl, dass es besser war, wenn dieser jetzt besser seine Klappe hielt. Ich rauschte an Alberto vorbei und stapfte wütend die Treppe hoch. Gerade als ich durch das Wohnzimmer zu der zweiten Treppe wollte, hielt mich Delvin zurück. "Gute Nacht.", sagte er. Erstaunt sah ich ihn an. "Schlaf gut.", erwiederte ich und blickte ihm nach. Was ihn anging, wollte ich mich unbedingt erinnern.
In meinem Zimmer zog ich die Vorhänge zu und legte mich auf das Bett. Was war bloss mit Alberto los? Nach einer Weile klopfte es an die Türe. "Wer ist da?", fragte ich. "Ich bin's, Elionore." Ich verdrehte die Augen, stand aber auf und öffnete ihr die Türe. "Hat Alberto dich geschickt?", wollte ich wissen. Sie schüttelte den Kopf. "Aber ich habe den Streit eben gehört." "Das nennst du Streit?", fragte ich grinsend. Elionore kam hinein und setzte sich auf den Drehstuhl. Ich setzte mich wieder aufs Bett und schaltete das Licht an. "Was willst du?" "Ich möchte wissen, was Delvin dir angetan hat." Etwas verwirrt sah ich sie an. Meinte sie in meinem früheren Leben oder das kleine Missgeschick von vorhin? "Was meinst du damit?" "Denkst du, ich würde nicht merken, wenn jemand in unmittelbarer Nähe anhand von seinen Kräften einen aus der eigenen Reihe verletzt?" Ihr Blick war tadelnd.
Na super, schon wieder ein Zusammenschiss von jemandem, dem ich dazu kein Recht gab. "Willst du mich jetzt dafür bestrafen?" Sie schüttelte seufzend den Kopf. "Fühl dich doch nicht gleich angegriffen. Ich bin die Einzige hier, die so etwas merkt. Ich werde es niemandem sagen. Das einzige, was ich will, ist zu wissen, ob es dir gut geht." Automatisch fasste ich mir an den Kopf. Ein stechender Schmerz zuckte durch meinen Körper, als meine Hand die Stelle berührte, wo ich an den Baum geknallt bin. "Besser als vor einer halben Stunde." "Darf ich sehen?" Ich kniff die Lippen zusammen, drehte mich aber schliesslich um. Elionore kam zu mir und begutachtete meinen Kopf. "Du hast einen grossen Holzsplitter im Kopf. Der muss raus, dann heilt es von alleine." Ich atmete tief durch. "Dann nimm ihn raus.", verlangte ich. Ihre Hände stiessen an die Verletzung und ich musste mich zusammenreissen, um nicht gleich aufzuschreien. Sie packte etwas und zog daran. Glühender Schmerz durchfuhr mich, ich klammerte mich in die Bettdecke und biss die Zähne fest zusammen. Dann plötzlich löste sich etwas an meinem Kopf und Elionore hielt mir triumphierend den Splitter hin. Von wegen Splitter, das war ja beinahe der halbe Baum! "Danke.", murmelte ich. "Morgen geht es dir wieder gut. Am besten legst du dich jetzt schlafen, dann kann dein Körper sich erholen." Ich nickte und sie ging wieder.
Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn an das nächste, an das ich mich erinnerte war, dass mir die Sonne direkt ins Gesicht schien. Ich hatte doch die Vorhänge zugezogen? Blinzelnd öffnete ich die Augen und entdeckte Anouk am Fussende meines Bettes. "Morgen.", sagte sie fröhlich. "Warum werde ich überfallen?", krächzte ich und rieb mir die Müdigkeit aus den Augen.
"Ich habe gleich einen Einsatz in der Hauptstadt. Ich wollte dir nur deine Akten geben." Sie deutete auf einen Stapel Papier auf dem Streibtisch. Ich setzte mich auf und kratzte mich am Kopf, der erstaunlicherweise nicht mehr schmerzte. "Dankeschön.", brummelte ich. "Gern geschehen. Bis bald." "Wann kommst du denn wieder?" Sie zuckte die Schultern. "Vielleicht heute Abend, kann gut sein, dass ich Wochen oder Monate nicht zurück komme. Je nach dem was für ein Auftrag ansteht." "Dann viel Spass."
Sie verschwand und ich schlurfte zum Badezimmer. Ich brauchte dringend eine Dusche.
Als ich wieder in meinem Zimmer war, schaute ich aus dem Fenster. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, die Bäume blühten und ich vermutete, dass der Frühling angekommen war. Ich zog ein Maxikleid aus dem Schrank (Foto auf der rechten Seite :P). Es war wunderschön. Wer hatte bloss diesen Schrank bestückt?
Als ich mich fertig angezogen und meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, ging ich barfuss nach unten in den Wintergarten. Dort sass Aurora uns kritzelte in ihrem Notizbuch herum. Als sie mich bemerkte, hob sie den Kopf. "Guten Morgen.", begrüsste sie mich. "Was machst du da?", fragte ich und setzte mich auf einen der freien Liegestühle. "Ich schreibe an meinem neuen Buch.", sagte sie und strich etwas durch. "Was schreibst du denn?" "Alles mögliche. Epik, Lyrik, Dramen, wissenschaftliches, was mir eben gerade angeboten wird." Fragend sah ich sie an. "Ich schreibe im Auftrag von anderen Autoren. Die kaufen es mir ab und veröffentlichen es unter ihrem Namen. So habe ich keine Probleme mit dem Alter." Kopfschüttelnd beobachtete ich einen Vogel im Garten. "Warum habt ihr alle so hervorragende Berufe?" Aurora lächelte. "Mit der Zeit wirst du einfach immer besser. Du kannst dir dein Berufsbild ausarbeiten und irgedwann hast du ein solches Potenzial, dass du machen kannst, was du willst. Und da wir nicht unter dem Zeitdruck leiden wie die Menschen, können wir solange an dem Arbeiten, wie wir wollen." "Deshalb könnt ihr euch so ein riesiges Haus leisten?" "Wir alle bezahlen einen Teil an das, was wir gemeinsam haben, also Haus, Fahrzeuge, gemeinsame Ausflüge..."
Aurora kritzelte weiter. "Ich bin am Strand vorne, falls mich jemand sucht.", sagte ich. "Das wird Alberto nicht freuen.", antwortete sie mir ohne aufzuschauen. "Und? Ich bin hier nicht gefangen oder?" Sie schüttelte den Kopf.
Ich öffnete die Türe und rannte über den Rasen zu dem Gebüsch. Ich kletterte über den Zaun und kraxelte die Dünen hoch. Diesmal setzte ich mich nicht oben hin, ich ging direkt zum Wasser. Es war kalt, was mir aber im Moment nichts ausmachte. Das Wasser schlich mit jeder Welle um meine Füsse, spülte Sand über sie und ich sank leicht ein. Ich schaute mich um und konnte niemanden entdecken. "Nén.", flüsterte ich. Sofort wurde die Luft um meine Hände blau. Ich hielt sie über das Wasser und befahl ihm, sich vor mir zu drehen. Es funktionierte. Ich nahm eine Bewegung seitlich von mir wahr. Langsam drehte ich den Kopf und erblickte Delvin, der oben bei der Düne sass. "Soll ich dich wegschleudern?", rief ich ihm zu. Grinsend kam er zu mir. "Nein, schon in Ordnung." Er beobachtete mich eine Weile. "Kannst du das Wasser auch hochnehmen?" "Nein, aber zeigs mir!" Er 'aktivierte' seine Kräfte und griff mit der Hand in die Luft, zog sie hoch und öffnete sie mit dem Handrücken nach unten. Ein Wasserball schwebte darüber. Sofort versuchte ich es, scheiterte aber. "Versuchs nochmal.", munterte er mich auf.
Nach einigen Versuchen klappte es schliesslich. "Ha! Geschafft.", jubelte ich, wodurch ich allerdings meine Hand zu einer Faust machte und dann schnell wieder öffnete. Die Wasserkugel zerspickte in tausende von Tropfen und schwebten über mir. Delvin lachte mich aus und warf seinen Ball nach mir. Und traf mich. Diese kleine Kugel führte eine Menge Wasser mit sich, denn ich war von oben bis unten nass.
Er kriegte sich beinahe nicht mehr ein. Ich liess mein Wasser fallen und konzentrierte mich auf dasselbe Element auf mir. Per Gedankenbefehl löste sich das Wasser von mir und fiel in das Meer. Wie schaltete man die Kraft wieder ab? Ach ja. "Heco!" Sofort verschwand das blaue Leuchten um meine Hände. Delvin sass auf dem Boden und blickte zu mir auf. "Du hast ausgesehen wie einer dieser Kronleuchter in der Bibliothek. Mit so vielen Perlen rundherum." Kopfschüttelnd setzte ich mich neben ihn. "Du hast einen merkwürdigen Humor."
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Gäa's Vermächtnis
FantasyWas würdest du machen, wenn du auf einem Turm erwachst und keine Ahnung hast, wo du bist? Was, wenn du plötzlich das Gefühl hast, verfolgt zu werden? Und was, wenn auf einmal um dich herum Menschen sterben und verletzt werden und nur du dem eigentli...