Lavenya P.O.V.
Als wir das Schiff betraten, blickte mich eine Frau bitterböse an. Wahrscheinlich die zukünftige Mrs. Haddington.
Robert führte mich über das Deck zu den 'Kajüten'. Genau wie der Rest des Kreuzfahrtschiffes waren die Räume, obschon nicht sehr gross, luxuriös eingerichtet und wahrscheinlich nur für die obere Verdienerschicht der Menschen zahlbar.
"Ich habe, während du dich umgezogen hast, ein paar Bikinis eingekauft." Robert hielt mir diese vor die Nase. "Danke, aber was soll ich damit?" "Du hast mir versprochen Tabea eifersüchtig zu machen." "Die Brünette von eben?" Er nickte. "Zieh dich um, wir treffen uns am Pool."
Ich spürte wie die Wut in mir zu kochen begann. Arroganter Esel. Mit den Bikinis verschwand ich im Bad und probierte sie an. Das türkise gefiel mir am Besten, ich zog es an und blickte in den Spiegel.
Vor mir stand eine knapp 20 jährige Frau, schlank, ungefähr 1.80 Meter gross, graue Augen und eine so helle Haut, dass man hätte meinen können, sie sei ein Albino. Die blonden Haare reichten mir bis zu den Hüften und wenn ich mich so ansah, hatte ich das Gefühl dass etwas fehlte. Nur was?
Ich schnappte mir einen der kuscheligen Bademäntel, zog ihn an und ging mit nackten Füssen auf Entdeckungstour. Schon wieder in einer fremden Umgebung. Wann zum Teufel hatte ich mich das letzte Mal geborgen und sicher gefühlt?
Während ich versuchte, meine eigene Frage zu beantworten, trampelte ich vom einen Deck zum nächsten mit dem Ziel, das Pool zu finden.
Ich fand es schliesslich zuoberst, direkt hinter der Brücke. Dort diskutierte der Kapitän mit zwei Matrosen, man konnte sie durch die verglaste Rückwand der Brücke gestikulieren sehen. Gleich an der Brücke angeschlossen zog sich über das ganze oberste Deck eine Glaswand. Es herrschte Urwaldklima unter dieser Haube und ich konnte nur wenige Löcher finden, wo die stickige Luft entweichen könnte. Ein Wunder, waren die Scheiben nicht angelaufen.
Unten am Pool wartete Robert Haddington mit reserviertem Liegestuhl auf mich. "Enya!", rief er mich zu sich, obwohl ich ihn schon lange gesehen hatte. Von überall schossen Blicke auf mich, verwunderte, interessierte, neidische und ein eifersüchtiger war auch dabei. Wenn Blicke töten könnten, bräuchte Tabea einen Waffenschein! Ich sah nicht mehr zu ihr hinüber sondern zu Robert, der es sich gerade auf seinem Liegestuhl bequem machte.
"Ist dir kalt?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf. "Dann zieh den Bademantel aus.", verlangte er. Dieser Idiot wusste nicht, wie gefährlich es sein konnte, mich auf die Palme zu bringen. Irgendwann würde ich mich nicht mehr beherrschen können. "Lass mich einfach, Robert.", sagte ich und setzte mich auf den freien Liegestuhl. "Du sollst Tabea..." "... eifersüchtig machen. Ja doch, mach ich schon. Siehst du denn nicht, wie sie gleich überkocht und mir den Hals umdreht?" Interessiert schaute er zu ihr rüber und ich nutzte den Moment und entledigte mich meines Bademantels.
Mit zwei langen Schritten war ich am Beckenrnd angelangt und stieg hinein. Als das lauwarme Nass meinen Körper umgab und ich untertauchte, fühlte ich mich für einen Augenblick befreit. Aber nach diesen gefühlten vier Millisekunden platschte das Wasser oben an mit und Roberts Körper landete auf meinem. Ich stiess ihn weg von mir, doch er lachte und verschluckte sich dabei. So schnell ich konnte stiess ich ihn an die Wasseroberfläche, damit er Luft holen konnte.
Hustend und gurgelnd holte er Atem. So graziös wie möglich tauchte ich auf und sah ihn tadelnd an. "Man wird doch von so einem kleinen Platscher nicht ertrinken.", meinte ich vorwurfsvoll zu ihm und lächelte ihn an. Und schon wieder kassierte ich einen giftigen Blick. Die Augen verdrehend tauchte ich wieder ab und schwamm weg von ihm.
Nachdem ich eine halbe Stunde lang vom einen Ecken zum Nächsten geschwommen war, ging ich zum Liegestuhl zurück. Robert sass nicht hier, ich konnte ihn auch nirgends entdecken. Dafür eine Brünette, namens Tabea, die direkt auf mich zu kam. Innerlich machte ich mich auf alles gefasst.
Sie setzte sich neben mich und musterte mein Gesicht. "Wie hat mein dreckiger Verlobter dich rumgekriegt?", fragte sie nach einer Weile. Mir klappte beinahe der Unterkiefer nach unten. "Mein Werk, ich brauchte eine Mitfahrgelegenheit.", entschuldigte ich mich. "Mein Bruder macht ihm gerade die Hölle heiss." Erstaunt sah ich sie an. "Bruder?", fragte ich leicht entsetzt. Sie lachte. "Natürlich. Familienausflug, das ganze hier. Verlobungsfeier." Ich klatschte mir die Hand auf die Stirne. "Himmel hilf." "Ist schon gut, die meinen alle, du seist von der anderen Familie. Ich habe rumerzählt, du seist meine Cousine vierten Grades. Hilf mir bitte mit deinem Namen." "Enya Lockwood." Erleichtert seufzte ich auf. Mitten in ein Familienfest war ich geraten. "Und warum tut er sowas?", fragte ich. "Robert ist es sich gewöhnt, dass alle vor ihm kriechen. Das tue ich nicht, deshalb liebt er mich. Und trotzdem braucht er Frauen, die er herumkommandieren kann. Ausser den Angestellten tut das hier keiner und er hatte gehofft, dass du das tust." Ungläubig schüttelte ich den Kopf. "Es tut mir schrecklich Leid, ich werde mich von ihm fernhalten.", sagte ich. Doch Tabea schüttelte den Kopf. "Auf keinen Fall. Wir spielen sein Spiel weiter. Heute Abend während der Theateraufführung werden wir beide neben ihm sitzen. Wir werden sehen, was seine Mutter dazu sagt."
Sie borgte mir ein grünes Abendkleid, sie selber würde ein rotes tragen.
Da hatte ich mir schön was eingebrockt. Er brauchte jemanden zum rumkommandieren, weil seine Zukünftige das nicht mit sich machen liess. Und nun stand ich zwischen den beiden.
Ich lag alleine in der Kajüte auf dem Bett, als ich 'einschlief' und Delvin in meinem Traum vor mir stand. "Na endlich.", seufzte er erleichtert auf, als er mich sah. Dann musterte er mich von oben bis unten. "Ein Abendkleid?", fragte er skeptisch. "Bin in eine Verlobungsfeier geraten." Er verdrehte lächelnd die Augen. "Wie schaffst du das bloss? Ich meine, immer der Hintergedanke, dass wir in einigen Jahren wieder..." "Stimmt alles nicht.", unterbrach ich ihn. Bevor er nachfragen konnte plapperte ich schon weiter. "Wir müssen die Menschen, die dasselbe getan haben wie wir, zu ihrer gerechten Strafe bringen. Nicht noch mehr umbringen. Und mit wir meine ich alle Sternenkinder. Aber wie zwei haben einen zusätzlichen Auftrag. Sobald ich wieder bei dir bin, sind wir zuständig für die Rekrutierung von neuen Sternenkinder. Deshalb haben wir die viel stärkeren Kräfte als die anderen."
Delvin strahlte, kam mit zwei langen Schritten auf mich zu und wirbelte mich durch die Luft. Lachend hielt ich mich an ihm fest und er zog mich in seine Arme. "Ich vermisse dich.", sagte er nach einer Weile. Ich spürte wie mich jemand wachrüttelte. "Ich dich auch.", flüsterte ich noch, dann verschwamm Delvin vor meinen Augen Robert tauchte auf. Seufzend gab ich mich meinem Schicksal geschlagen und liess mich von ihm auf die Beine ziehen.
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Gäa's Vermächtnis
FantasyWas würdest du machen, wenn du auf einem Turm erwachst und keine Ahnung hast, wo du bist? Was, wenn du plötzlich das Gefühl hast, verfolgt zu werden? Und was, wenn auf einmal um dich herum Menschen sterben und verletzt werden und nur du dem eigentli...