Kapitel 9

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Der Nachmittag mit Samu verging schleppend, doch er verging irgendwie und die Aussicht auf einen spaßigen Abend mit Till und den Jungs stellte sich zwar langsam ein, aber auch sie stellte sich irgendwie ein. “Schatz willst du wirklich so gehen?”, ungläubig beäugt mich Samu, als ich irritiert an mir herab sehe. Turnschuhe, an denen man nicht sehen kann, wo ich in den letzten Jahren meine Zeit vertrieben habe, eine lockere sandfarbene Jeans und ein ordentliches figurbetonendes dunkelblaues Hemd, am Kragen etwas offen. “Ja? Ist doch nur die Uniparty?” Samuels Gesicht spricht ganze Romanvorlagen, weshalb ich doch noch mal skeptisch in den Badezimmerspiegel sehe. Keine Wegzehrung mehr im Gesicht und die Haare sitzen? Wäre ich Narziss würde ich mir heute wohl selbst auf den Arsch schauen, allerdings denke ich das Selbe wie er wenn ich Samu in seinem Wollpulli mit dem Karomuster auf der Brust betrachte. In was habe ich mich damals noch gleich verliebt? Seine etwas speckigere Hüfte quillt aus der viel zu kurz geschnittenen Hose, als er sich bückt um seine Schuhe zu binden. Ich habe freie Sicht auf seine bauarbeiter Falte und ich frage mich einen Herzschlag, ob sich in meiner Höllengrube der Lust, bereits Spinnweben befinden, solange wie mein kleiner Steinmetz seinen Presslufthammer schon nicht mehr hinein geschoben hat… Ich kann es mir nicht verkneifen meine Hand auf die bis zum zerberstende gespannte Hose klatschen zu lassen und damit sein panniculus adiposus mal so richtig in Schwingungen zu bringen. “Joe!”, weiten sie seine dunklen Augen geschockt, als die Röte, wohl durch das Nachschwingen der Zellen aus eingelagerten, aber heute vollkommen überflüssigen Winterspeck direkt in sein Gesicht gepumpt wurde. Hach, es ist doch herrlich wenn der Partner nicht ganz so dürr ist wie viele anderen. Samu ist seine Leibesfülle jedoch oft unangenehm, weshalb er solche Späße gerne mit seiner Gefühlsatombome quittiert, doch was ist das? Er verzieht nur einen Moment wortlos das Gesicht und schiebt sich in seinen anderen Schuh. Na klasse…

Was ist für den Helden schlimmer als aus dem explodierenden Haus zu fliegen um seine super heiße Freundin aus den Flammen zu retten, während Stücke des Gebäudes nur einen Herzschlag davon entfernt sind sein Gehirn fileartig in Frontallappen, Temporallappen und Okzidingsdallappen aufzugliedern garniert mit einem pürierten Kleinhirn in Weinsoße?

Die Freundin selbst… In meinem Fall Samu, welcher den von mir mehr als gut gemeinten Klaps wieder mal in den falschen Hals bekommen hat, falls es in seiner Anatomie überhaupt einen richtigen gibt.

“Hey… jetzt schau doch nicht wieder so…”, schuldig wie ein geschlagener Hund halte ich Samuel auf, die Tür zu verlassen um ihm liebevoll mit dem Daumen über die Wange zu streichen. “Du weißt dass ich jedes Gramm an dir genieße?” Ich will ihn küssen, doch er dreht den Kopf zur Seite um mir auszuweichen. “Aber du musst mich trotzdem nicht immer daran erinnern”

Es ist so anstrengend, nein er ist so anstrengend… es ist ja wirklich nicht so das mein lockiger Lustschwengel eine rollende Tonne ist, die kaum mehr durch die Türen passt, wenn diese nicht mindestens Zweiflügelig sind, es sind eher ein paar Kilochen und zu wenig Muskeln die ihn weicher wirken lassen, als eben andere Männer. Allem in allem finde ich persönlich seine Fülligkeit, auch nicht mehr oder weniger erotisch als bei allen anderen Personen die ich bereits auf diese Art betrachtet habe. Es ist eher sein Charakter der mich manchmal echt an unserer Beziehung zweifeln lässt.

“Na los Till wartet schon”, schiebt er mich mit einem Lächeln von sich und ich weiß mal wieder nicht ob das Glas bei ihm halb voll oder leer ist.

Der Campus ist bereits mehr als überfüllt, obwohl die Party erst vor einer Stunde begonnen hat. Für eine normale Fete in der Disco oder einem Festival völlig untypisch, jedoch bei der Erstiparty, wo mit

Freibier gelockt wird, dauert es nicht lange bis die Zapfhähne ausgelutscht werden, wie die Euter einer Kuh von ihrem fetten Kälbchen. Mit den Händen in der leichten College Jacke, die ich mir übergeworfen habe, stehe ich etwas Abseits von Samu und wir machen wohl gerade nicht wirklich den Eindruck eines glücklichen Pärchens, als Till uns bereits mit zwei Bier entgegen balanciert. Irritiert verzieht er das Gesicht für alle zu einer undefinierbaren Grimasse, aber für mich steht in seinen Zügen die klaren Fragen nach dem Zustand von mir und Samuel. Ich ziehe kurz die Brauen nach oben, kaum merklich und schenke ihm in unseren unbeabsichtigten Geheimcode ein weiches Lächeln, was soviel bedeutet wie ‘Das übliche, mach dir keine Sorgen’. Sein Mundwinkel zuckt aufmunternd nach oben als er mir ein Bier an die Brust drückt und er Samuel freundschaftlich einen Arm um die Schultern legt.

“Ewig nicht mehr gesehen Samu? Ich hoffe Joey schüttelt dir noch ordentlich die Palmenwedel?”, Sofort wird Samu bei der Direktheit kreidebleich und ich weiß das mein Kumpel nicht unabsichtlich eine derartig Derbe Begrüßung gewählt hat. “Ja freut mich auch sehr dich zu sehen Till… ich dachte ja eher das es dir etwas anders geht…”, knurrt Samuel mit seinem zuckersüßen Lächeln, welches Gedanklich gerade in Tills Eingeweide badet. “Wie sollte es mir denn gehen? Ich hoffe doch noch besser?”, presst Till die runden Wangen meines Liebsten mit den Fingern zusammen sodass ich sofort an die Szene aus Findet Nemo denken muss. “Till hör auf”, kann ich mir ein Lachen jedoch nicht verkneifen, als ich mir Samuel als den kleinen panischen Clownfisch vorstellen muss, der sich jedoch niemals durch das große gefährliche Meer getraut hätte. Mit Samuel in der Hauptrolle wär die Geschichte wohl wesentlich anders verlaufen, doch vor dem großen gefährlichen Hai, müsste sich killer Clownfisch alias Lustschwengel Schwertkämpfer Samuel nicht fürchten, wenn der Hai nur einen Herzschlag an die Konsequenzen für seine Eier denkt, welche der kleine Kampfpiranhia names Samuel ihm sonst abbeißt. Mein Freund finde mein Gekicher auf seine Kosten jedoch alles andere als angebracht und lässt mich das durch seinen Geistigen Stick um meinen Hals sofort spüren, welcher mir die Luft abschneiden möchte und ich könnte Schwören ich hätte einen Augenblick mein eigenes Genick knacken gehört, welches unter meinem eigenen Gewicht bricht, als Samuel mir den Boden unter den Füßen wegtritt.

Till legt den Kopf schief und imaginiert mir mit hilfe des unsichtbaren Seils genau meine Gedanken mit verdrehten Augen, als er einige Schritte bestens gelaunt voraus läuft um zu den anderen unser Gruppe aufzuschließen. Ich genehmige mir erst einmal einen tiefen Schluck des goldenen Weizen in der Hoffnung die Wirkung würde nicht lange auf sich warten lassen, denn sonst würde es versprechen ein mehr als unangenehm langer Abend zu werden. Begrüßend bekomme ich einige Schläge auf immer dieselbe Stelle der Schulter, als Paddy, Mo, und die anderen mich Willkommen heißen, ehe sie mich an ihre Brust ziehen um den harten aber liebevoll gemeinten Schlag auch auf dem Rücken zu hinterlassen. Tierärzte… in allem etwas unsensibler… Samuel hält sich dezent zurück und sucht nun doch in meiner Hand nach Sicherheit, welche ich ihm auch gewähre.

Nach einigen Bieren und fortschreitender Stunde, wir auch Samuel etwas lockerer, während Till gerade von seinem letzten Praxistag erzählt und gegen die lautstarke Musik anschreit die gerade von Rock zu einem der Schunkeltanzlieder umspringt, lege ich Samuel die Hände auffordernd um die Hüfte.

Zärtlich sehe ich ihm in die vom Alkohol Leicht glasigen Augen, wobei ich meine Stirn an seiner abstütze und mich langsam zur Musik bewege. “Viel besser”, bestätigt mein Sensibelchen mit einem Lächeln, als meine Aufmerksamkeit einzig ihm gilt. Samuel verträgt nicht viel und bereits nach den paar Gläsern die er hinter sich hat bemerke ich nichts mehr von seiner kratzbürstigen Art die keiner, wirklich keiner Leiden kann. Vielmehr ist er gerade unglaublich süß. Wie sich die leichte Röte auf seinen Wangen abzeichnet, das verschämte Lächeln und die leichte freche Art, als er mit den Fingern unter mein Hemd wandert und kitzelnd eine Gänsehaut auf meinem Rücken entfacht. Wieder einmal, fühle ich mich wie in einem der amerikanischen Teeniefilmen, doch diesmal ist es keiner der übertriebenen Actionszenen sonder viel mehr die Tanzszene aus Twilight, welche viel zu kitschig dargestellt wurde, doch das Gefühl war genau so. Das war mein Samuel… der Samuel in den ich mich verliebt habe. Der süße Lockenkopf in meinen Armen drückte sich meinen Lippen entgegen,und seit Ewigkeiten hatte ich kurz die Hoffnung auf dieses Flattern im Bauch, das Gefühl als könnte jeder Windhauch einem die weichen Knie weghauen und man schaffte es keinen gerade Schritt mehr zu gehen, weil man sich einfach wie der letzte Depp fühlt, egal was man auch versucht, doch das Gefühl fehlte? Weich treffen die Lippen auf meine, verteilen den bitteren Geschmack meines Bieren mit dem süß säuerlichen Cocktail, den Samuel kurz vor dem Kuss getrunken hat, doch von dem Flattern fehlt jede Spur? Ich kann nicht sagen dass ich mich gerade nicht in den Armen von Samu wohl fühle, nein, ich genieße es sogar ziemlich, nach den letzten Wochen in denen wir uns kaum mehr Nah waren, doch der Kuss ist bedeutungslos? Ich könnte genauso auch Till oder Paddy küssen um das Gefühl der Nähe zu spüren, welches der eng verbundene Tanz mit sich bringt. Das Lied neigt sich dem Ende, genauso wie Tills Erzählung und die dazugehörige Beschreibung, welche er Bildlich ähnlich wie bei einem Tabuspiel untermalt. “...wenn ich's doch sage! Mein ganzer Arm war bis zur Schulter in der Kuh! Aber kaum war das Kälbchen richtig gedreht ist es geflutscht wie Joe mit ner menge Gleitgel in Samu!” Ohne mich von Samuel zu lösen verdrehe ich nur einen Herzschlag grinsend die Augen, als mir mehr als bewusst ist, dass Till von unserem Geturtel mehr als genervt ist und deshalb diese Anspielung verdeutlicht. Ich will mich gerade wieder enger an Samuel kuscheln, als mein Traum von glücklicher Zweisamkeit von Samu selbst unterbrochen wird, wobei seine Hand auf die eigenen Lippen schnellt. “Alles Klar bei ihm?”, bemerkt sogar Till das etwas mit dem sonst so überhöflichen Mann in meinen Armen nicht stimmt.

Wortloses Rendezvous (Yaoi, BL, BoyxBoy, Boyslove, Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt