Kapitel 31

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Spätestens das ist der Moment in der die Sondereinheit der Polizei die Hausparty der Siebenzwerge in meinem Bauch stürmt weil sie es verdammt noch mal übertrieben haben und es selbst Schneewittchen zu viel geworden ist. Unkontrolliert klatsche ich wie der letzte Vollidiot in die Hände, was ihn im Inneren herzlich Kichern lässt. Sein hübsches Lachen macht die peinliche Situation wenigstens etwas wett, als ich endlich auf seine Frage Antworten kann die unter dem Namen verfasst ist. "Morgen wieder zum Frühstück?" Mit dem Finger schmiere ich eine "09:00?", und zwei Pfeile an die Scheibe welche soviel bedeuten sollen wie "Mit Tauschen?"

Meine Antwort scheint ihm zusagen denn er macht wieder einen Daumen nach Oben, aber das er zustimmt sehe ich eigentlich eher an seinem leuchtenden Gesicht, welches mein Inneres wie ein Tsunami mit Glück flutet. Ein Gefühl welches nicht einmal nachlässt, als er winkend und endgültig den Raum verlässt.

Alles in mir fühlt sich unnatürlich leicht an und selbst in einer schwarz-weißen Welt würde mein Regenbogen mich mit seinen Farben anstrahlen, jetzt wo ich weiß das es am Fuß des Regenbogens etwas besseres als Gold gibt. "Aaron...", flüstere ich leise für mich, ehe ich den Blick von dem braunen Schnipsel endlich lösen kann und mir bewusst wird, dass ich neulich tatsächlich durch Zufall seinen Namen erraten habe. Die Luft hat inzwischen mehr als aufgefrischt und der rot graue Himmel verspricht den trockenen Boden jeden Moment mit einem Sommerregen zu befeuchten. Da ich jetzt weiß dass Aaron heute ohnehin nicht mehr auftaucht packe ich mein Lager zusammen, wobei auch die blaue Plastikdose den Weg in meine Tasche findet. Heute habe ich nicht ein Blick in die Bibliothek geworfen, aber Till wird mir diesen Umstand wohl verzeihen, falls es gleich nicht ohnehin einen ungebremsten Redeschwall meines Freundes gibt. -Und...?- Tippe ich neugierig in seinen Chat, doch noch erhalte ich keine Antwort von ihm. Ich halte mich zurück ihn jetzt mit meinen eigenen Neuigkeiten voll zu spamen, denn ich weiß er würde sich selbst in dem Fall zurückhalten, mir meinen Abend mit für mich langweiligen Praktikumserfahrungen eines Tierarztes zu füllen, auch wenn ich es gar nicht so uninteressant finde wie er immer denkt. Aber so war er schon immer und auch wenn man es seinem manchmal rauen Umgangston nicht immer ansieht, für ihn sind die Anderen immer wichtiger als er selbst. So ist es bei seinen Geschwistern und so handhabt er es auch oft mit mir, wenn ich selbst nicht darauf achte.

Die Stimme meines besten Freundes hallt quatschend aus seinem wie immer offenstehenden Zimmer, als ich meinen Schlüssel in die Schale neben der Tür fallen lasse. Freudestrahlend sehen Tills hübsche Augen am Türrahmen vorbei, das Handy am Ohr kann ich seinem Gesicht bereits die positiven Nachrichten ansehen. "Du Ömchen, Joe ist gerade heim gekommen. Ich ruf dich morgen wieder an" Tills Granny ist eine von den Omis die einem noch die Keksdose aus dem höheren Regalen herunter stellen, damit man mit seinem halben Meter Körpergröße auch wirklich dran kommt. Nicht so wie es bei uns in der Familie üblich ist noch ein Schloss vor die Küchentür zu hängen. Als Kinder waren wir oft bei seiner Großmutter und haben so viele der besten Pfannkuchen der Welt bekommen wie wir wollten. Ich weiß nicht wie sie es schafft den Teig so zu backen dass er an manchen Stellen noch beinahe Roh ist, aber nicht Roh schmeckt, sondern bei jedem Kind den Geschmacksorgasmus seines Lebens hinterlässt. Allein der Gedanke an ihre Pfannkuchen lässt meinen mehr als leeren Magen lautstark knurren.

"Ömchen? Wann gibt es mal wieder Pfannkuchen?", auch meine mehr als gute Laune ist unüberhörbar in meiner Stimme zu vernehmen, als ich die blaue Brotdose mit dem Gemüse aus meiner Tasche fische. Noch immer ist etwas des Inhaltes vorhanden und der quälende Hunger lässt verlauten, dass ich vor lauter Liebesgeflüster das Essen total vergessen habe. Till macht den Lautsprecher an, als ihre alte aber mehr als vertraute Stimme aus dem Hörer hallt. "Ach Joe schön dich auch mal wieder zu hören. Ihr Zwei könnt jeder Zeit vorbei schauen, aber meine alten Finger wollen nicht einmal mehr so recht ein Ei aufschlagen, dennoch bin ich sicher dass das ein oder andere schon in der Schüssel landet" "Neulich hab ich eine Gerti kennen gelernt, die würde sich bestens mit dir verstehen! Also müssen zwei Eier mehr in den Teig, wenn wir vorbei schauen!" erkläre ich grinsend und schiebe mir eine der Paprika Stangen in den Mund, was mir einen irritierten Blick meines Freundes beschert. So schlecht schmeckt das Zeug gar nicht, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat. "Sehr gerne, wenn ihr die Mama mal wieder besucht freue ich mich auf euch zwei Rabauken. Neulich habe ich deinen Vater in der Klinik getroffen. Er schaut immer so streng und redet kaum. Ich hoffe nicht dass du ihm in der hinsicht ähnlicher wirst Joeichen" "Keine Sorge, dafür Quatsche ich viel zu gerne", ich muss über die zarte Sorge in ihrer Stimme kichern. Ja, mein Vater ist ein super Arzt, aber charismatisch ist eine Definition die weder meine Mutter, aber ganz besonders mein Vater nicht kennen. "Ich will dich nicht abwürgen Omi, aber mein Akku geht schon fast leer und ich will Joes Ohren jetzt auch noch ein kleinwenig foltern", unterbricht uns Till selbst aufgeregt, als wir beide Lachen müssen. "Ist gut mein Großer. Mich von meiner Lieblingsserie abhalten nur um dann doch bei den jungen Leuten zu bleiben..." Das schlechte Gewissen auf Tills Zügen spricht Bände als das warme Lachen die Stille beendet, welche sich bilden wollte. "Du fällt jedes mal darauf rein! Ich wünsch euch einen schönen Abend meine zwei großen Jungs" es ist beinahe so als würde man die faltigen Finger auf seinem Haar spüren, wenn sie spricht. Eine Geste die so vertraut und doch viel zu lange her ist. "Grüß die anderen von uns", nickt Till, als könne sie es sehen und die Beiden beenden ihr langes das Telefonat.

"Es war so abgefahren!", platzt es aus Till heraus obwohl diese Tatsache wohl kaum zu,übersehen war. "Jawoll! Wusst ichs doch!", schlage ich meine Flache Hand dennoch lobend gegen die Schulter des angehenden Tierarztes. Vermutlich hat Till bereits einige Stunden mit seiner Oma telefoniert, was auch die fehlenden Antworten auf meine Whatsapps erklären würde und mich in etwa abschätzen lässt, wie lange der Abend für uns beide wird.

Die nächsten Stunden erklärt mir Till ausgiebig das er sein landwirtschaftliches Praktikum in dem zur Klinik gehörenden Betrieb verrichten darf. Natürlich erhofft sich Till dadurch seinen Einstieg direkt in die Klinik, denn wenn es nach ihm ginge würde er dort auch sofort sein großes Praktikum absolvieren. "Wie jetzt? Ich dachte das Praktikum ist in der Klinik, nicht auf irgendeiner Milchfarm?" Mit zusammengezogenen Brauen sehe ich Till verwirrt an. Mit den chaotischen Regelungen der Uni komme ich nicht mal in meinem Studiengang nach und so wird mir erst jetzt Bewusst das Till nicht nur an den Tieren herum Doktoren können muss, nein als Tierarzt steht auch ein Praktikum in einem Landwirtschaftlichen Betrieb aus. "Ja doch! Aber wenn die mich erst mal kennen, kann ich bestimmt mein giga Praktikum auch bei der Klinik machen und vielleicht übernehmen sie mich dann auch in ihr Team! In der Lerngruppe legen die anderen die Kohle auf den Tisch und sparen sich zwei Wochen in dem sie dieses Kompaktpraktikum der Uni nehmen, aber ich will unbedingt zu denen! Scheiß auf die Zwei Wochen mehr!" Ich Zweifle nicht einen Herzschlag daran das Till sich wegen des Geldes gegen das kürzere Praktikum entschieden hat, sonder an seinem strahlen erkennt man, dass er genau das bekommen hat was er wollte. "Also bist du noch gar nicht direkt in der Klinik?", hake ich nun völlig verwirrt nach. "Nein, aber auf dem besten Weg!", lacht er motiviert. Dieser Volldepp kann sich wirklich über den kleinsten Schnipsel Erfolg freuen. "Also gehst du jetzt vier Wochen Kühe und Ziegen melken? Aber nicht dass du danach auf lange hänge Euter stehst" "Arschloch! Das wird richtig geil da!"

Trällernd läuft irgendein Marvel Soundtrack aus meinem Handy, während ich trotz der knappen Nacht kurz nach Till aufstehe und mich zu ihm in das Bad schiebe. Rauschend plätschert das Wasser auf den Boden der Duschwanne als mein Freund ungeniert in das Summen der Theme Songs einstimmt. "Aarons Ruf erweckt also auch Tote aus dem Schlaf?", neckt mein Kumpel und ich muss gestehen, ich kam nicht darum unseren gesprächigen Abend auch mit meinem erlebten Tag noch etwas zu verlängern und ihm von dem ersten wirklichen "Date" mit meinem Traummann zu berichten. Anders als Steffen stört es Till überhaupt nicht sich Nackt vor mir zu zeigen, auch nicht als ich ihm gerade erst meine Neigung zum männlichen Geschlecht offenbart hatte. 'Ich steh ja auch nicht auf alle Schnecken nur weil ich Hete bin', waren seine jungen und doch so weisen Worte in der Turnhalle unserer Mittelschule gewesen. Eine Aussage die mir damals bis heute in meiner Person so viel Sicherheit gibt, sich nicht verstecken zu müssen.

Strafend ziehe ich die Klospülung, was Till sofort einen verärgerten Ausruf tätigen lässt, welcher an jeden Marvelbösewicht erinnern könnte der von seinem Heldenhaften Widersacher wieder einmal vorgeführt wurde. Das Wasser der Brause wechselt von Eisekalt zu viel zu Heiß, während mein Blondie sich rettend an die Wand presst, anstelle einfach das Wasser abzuschalten. "Du elender Bastard!", schimpft er meinem Grinsen entgegen, als mich der harte Wasserstrahl plötzlich unerwartet vor dem Waschbecken trifft. Schimmernd spritzen die Perlen reines Nass auseinander, benetzen den Spiegel in dem ich mich gerade noch gesehen habe um dort verwaschene Bilder zu hinterlassen. "Alter bist du verrückt?! Ich muss gleich los!" So schnell tauschen wir also die Rollen und obwohl unser kleines Bad nun einem kurzen Wasserrohrbruch ähnelt und Steffen uns wieder,mit Wochenlangen Schweigen "strafen" wird wenn er es entdeckt, welches wir ohnehin erst kurz vor Ablauf seiner eigen gesetzten Strafdauer bemerken werden, ist die Stimmung zwischen uns beiden wie immer Ausgelassen. Tropfnass klebt das weiße Shirt an meinem Oberkörper und gibt meine wenigstens vorhandene Muskulatur darunter frei, als Till sich ein anzügliches Kommentar nicht verkneifen kann. "Vielleicht solltest du die dreckige Scheibe in dem Outfit vor deinem Sonnenscheinchen schrubben um ihn von deinen Qualitäten zu überzeugen" "Pisser!", mit diesen Worten verschwinde ich eilig in meinem Zimmer um nicht wirklich wie eine vollbusige Carwash Schlampe bei Aaron aufzuschlagen, welche ihre harten Nippel gegen die Scheibe presst.

Es ist bereits kurz vor Neun, als ich nach meinem Buch und der blauen Brotdose greife um eilig und dank Till mit ungemachten nassen Haaren zu meiner Verabredung hetze. Es ist mir wohl einfach nicht gegönnt Mr. Green Day mal in Perfektion zu begegnen. Nein... das Schicksal sorgt lieber dafür, dass der Kulturschock für Aaron nicht all zu hart wird, wenn er mich zum ersten Mal in meinem Gammeloutfit zu sehen bekommt, wobei ich glaube das mein Malermeister ohnehin kein Wert auf solche Äußerlichkeiten legt.

Wortloses Rendezvous (Yaoi, BL, BoyxBoy, Boyslove, Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt